Stadt, Land, Kuss
bin gerührt. Alle sind so nett. Ich muss an Alex und daran denken, wie freundlich er zu mir war, nachdem ich Cadbury verloren hatte. Ich kann seine Stimme hören. Maz, ich habe es für Sie getan …
Ich schließe die Augen und versuche, meine Gefühle unter Kontrolle zu bekommen, dabei würde ich mich am liebsten irgendwo zusammenrollen und weinen. Ich höre Magics Krallen, die auf dem Boden Richtung Tür trappeln, den schweren Tritt von DJs Stiefeln, das Klappern von rostfreien Stahlnäpfen irgendwo in den hinteren Räumen, das Klingeln eines Telefons, das Bellen eines Hundes, vielleicht Petra. Ich rieche gekochtes Hühnchen, frischen Kaffee, Desinfektionsmittel und fettigen Hund. Es ist tröstlich.
Ich öffne die Augen. Alex hatte recht. Ich habe Cadbury nicht umgebracht. Es war einfach Pech, und trotz allem, was passiert ist, liebe ich meinen Beruf. Und sollte sich jemals herausstellen, dass ich alles andere verloren habe, dann bleibt mir noch immer das.
»Tierarztpraxis Otter House, was kann ich für Sie tun?« Frances sitzt am Empfang und hat den Telefondienst übernommen. Mir fällt auf, dass sie ihren Arbeitsplatz wieder persönlich gestaltet hat – die Schleife ist zurück, und auch ein Foto von Ruby. Ich muss unbedingt mit Nigel reden, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, das Geld für ihr Gehalt zusammenzukratzen und sie wieder einzustellen. Sie ist fantastisch und erkennt genau, welche Tiere tatsächlich behandelt werden müssen und welche Kunden einfach nur neugierig sind und Teil dessen sein wollen, was zunehmend als das Große Feuer von Talyton bezeichnet wird.
Ich gehe zurück auf die Station, um endlich ein paar Behandlungsberichte fertig zu schreiben. Am anderen Ende des Raums bürstet Izzy gerade Petra, die gleich in den Genuss von Emmas modernem Hundebad kommen wird, einer Duschkabine mit abgesenktem Boden. Plötzlich höre ich das Trappeln von Hundepfoten, und Miff kommt hereingerannt. Sie schnauft und keucht, als wollte sie mir etwas erzählen.
»Wer hat den Hund rausgelassen?«, rufe ich.
»Das war ich.« Ein duftender Schatten fällt auf meine Unterlagen.
»Oh Emma! Bist du das wirklich?« Mir wird ganz leicht ums Herz. »Du bist wieder zurück!« Ich stehe auf und hebe die Arme, um sie an mich zu ziehen, aber der Schmerz zwingt mich zurück auf den Stuhl. »Ich freue mich so, dich zu sehen. Hier geht es leider gerade etwas drunter und drüber.«
»Das sehe ich«, antwortet sie trocken. Die Auszeit hat ihr gutgetan. Ihr Haar ist geschmeidig und glänzend wie in einer Pantene-Werbung, und ihre gebräunte Haut wird durch ein rotes Kleid betont, in dem ihre Kurven fantastisch zur Geltung kommen.
»Das Chaos hier tut mir leid.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Maz.«
»Und ich wünschte, ihr hättet euren Urlaub nicht meinetwegen abbrechen müssen.«
»Ich habe deine Nachrichten bekommen«, sagt sie, »doch wir waren ohnehin auf dem Heimweg. Es war Bens Entscheidung. Ich habe seit ein paar Wochen Magenprobleme, und er sagte, es wäre ihm lieber, wenn wir früher nach Hause kämen.«
»Em«, setze ich an, aber draußen erhebt sich ein dröhnendes Hämmern wie ein Trommelwirbel und macht jedes weitere Wort unmöglich.
»Ich habe dir gesagt, dass es Ärger geben würde, wenn du dich mit den Fox-Giffords anlegst«, ruft Emma über den Lärm hinweg, und mir wird klar, dass sie von der Gülleattacke weiß. »Und jetzt muss ich auch noch hören, dass du mit dem Feind fraternisiert hast. Frances hat mich auf dem Weg herein abgefangen – sie hat gesagt, du wärst gerade mit Alex unterwegs gewesen, als Glorias Haus in Flammen aufging.« Sie zögert. »Wie geht es ihm denn?«
Ich schüttele nur den Kopf und wage nicht, etwas zu sagen, aus Angst, gleich in Tränen auszubrechen.
»Ich habe die Schlagzeilen auf den Tafeln vor dem Zeitschriftenladen gesehen.« Mehr sagt sie nicht dazu, entweder weil sie meine Gefühle schonen will oder um nichts Schlechtes über einen Sterbenden zu sagen, vielleicht auch beides. Stattdessen schaut sie auf meine Arme. »Was ist mit dir?«
»Ich habe nur ein paar oberflächliche Verbrennungen, das ist alles.«
»Oberflächlicher Quatsch«, entgegnet Emma. »Lass mich mal sehen.«
»Mir geht es gut.« Es wäre mir lieber, wenn sie meine Wunden nicht sähe, die nassen, rohen Striemen, wo die Haut bis auf das darunterliegende Fleisch verbrannt ist, aber Emma packt meine Hände und führt mich zum Waschbecken, wo sie eine Schere nimmt und die
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