Stadt, Land, Mord - Granger, A: Stadt, Land, Mord - Mud, Muck and Dead Things
egal wie. Sie durfte sich nicht gehen lassen. Nein, sie musste logisch denken, und die Logik verlangte, dass sie so schnell wie möglich aus diesem Haus verschwand.
Was sich als unerwartet schwierig erwies. Die Fenster unten waren sorgfältiger vernagelt als die im ersten Stock. Die Haustür vorn war gesichert. Sie ging nach hinten und zog und zerrte an der Küchentür, doch die war ebenfalls abgesperrt. Die Waschküche! Jess rannte hinein. Sie mied den Anblick des alten Kessels, aus Angst, auch hier Gespenster zu sehen in Form des blutigen Leichnams von Millie Smith. Der Schlag auf den Kopf war ziemlich heftig gewesen.
Sie riss wild am Türgriff zum Hinterhof, und das Schloss gab nach. Die Tür flog auf, und sie stolperte ein paar Schritte rückwärts. Der Weg nach draußen war immer noch verbarrikadiert von drei massiven Bohlen, die horizontal über die Öffnung genagelt waren. Sich durch die Lücken zu zwängen war unmöglich. Sie musste zumindest eine der Bohlen herauslösen.
Sie warf sich so heftig gegen das mittlere Brett, dass erneut Sterne vor ihren Augen tanzten. Der Rahmen erzitterte, doch die Bohle saß fest. Ferris hatte ganze Arbeit geleistet und dafür gesorgt, dass sie nicht ohne weiteres entkommen konnte. Jess nahm erneut Anlauf, und diesmal wurde sie von einem schnappenden Geräusch belohnt. Die Nägel hatten sich weit genug gelockert, um ein Ende der Bohle nach außen zu drücken.
Sie wollte erneut gegen die Bohle anrennen, als sie draußen eine Stimme vernahm.
»Hallo? Wer ist da drin?«
Es war eine Männerstimme. Ferris? Gottverdammt! Nein, er würde nicht fragen, wer im Haus war. Er wusste Bescheid. Und die Stimme klang verunsichert, verängstigt. Als hätte ihr Besitzer nicht damit gerechnet, jemanden in diesem alten Haus anzutreffen.
»Inspector Campbell!«, rief Jess.
»Inspector?«, erkundigte sich die Stimme verblüfft. »Was machen Sie da drin?«
»Das ist doch im Moment egal«, heulte Jess. »Holen Sie mich raus!«
»Warten Sie.«
Sie hörte sich entfernende und dann zurückkehrende Schritte.
»Ich habe eine Eisenstange gefunden. Ich werde die Bohlen abhebeln. Treten Sie zurück, für den Fall, dass sie splittern«, befahl die Stimme.
Jess wich zur Küchentür zurück. Sie hörte, wie sich der andere draußen abmühte und leise grunzend vor sich hin murmelte. Dann gab es ein lautes Krachen, und die mittlere Bohle fiel polternd zu Boden. Die obere folgte eine Sekunde später.
David Jones spähte in die Waschküche. Sein Gesicht war gerötet von der Anstrengung, doch seine Augen verrieten immer noch den Schreck, Jess im Haus vorzufinden. »Können Sie über die untere Bohle klettern?«
»Ja. Helfen Sie mir«, ächzte Jess.
Er streckte die Hand aus, und mit seiner Hilfe kletterte sie ins Freie.
»Haben Sie ein Handy?«, fragte sie.
»Ein Handy, ja, Moment bitte …« Er zog ein Mobiltelefon hervor.
»Ist es eingeschaltet? Ich muss Verstärkung herbeirufen.« Augenblicke später sprach sie mit drängender Stimme in den Hörer. »Phil? Ich bin es, Jess Campbell. Schnappen Sie Andrew Ferris, so schnell Sie können, klar? Er ist unser Mann. Und schicken Sie einen Einsatzwagen raus zur Cricket Farm, um mich abzuholen. Ich erkläre Ihnen alles Weitere später.«
Sie gab Jones das Mobiltelefon zurück. »Danke.«
»Wie sind Sie da reingekommen?« Er deutete auf das Haus hinter ihr. Dann runzelte er die Stirn. »Wie meinten Sie das eben, ›schnappen Sie Ferris, er ist unser Mann‹? Hat er Eva umgebracht?«
»Wenn ich es beweisen kann«, antwortete Jess. »Er hat mich von hinten niedergeschlagen und hier oben im Haus eingesperrt. Danke, dass Sie mir geholfen haben. Was machen Sie eigentlich hier oben?«
David Jones errötete. »Ich … ich war schon ein paar Mal hier oben, in meiner freien Zeit. Ich hab mich nur umgesehen. Ich fühle mich Eva hier näher.« Er zuckte die Schultern. »Vielleicht liegt es daran, dass es so ein gespenstischer Ort ist.«
»Ja«, pflichtete Jess ihm bei. »Es ist ein sehr gespenstischer Ort.«
Urplötzlich drehte der Wind, und noch während sie redete, erfüllte ein neuer Geruch ihre Nase. Zuerst tat sie ihn als Nachwirkung vom Gestank im Haus ab. Doch das war es nicht. Es war ein völlig anderer Geruch. Sie schnüffelte.
Jones hatte es ebenfalls bemerkt. »Irgendetwas brennt!«, rief er. Dann riss er die Hand hoch und zeigte auf eine Stelle hinter Jess. »Sehen Sie nur!«
Hinter dem Wäldchen am Hang, in der Richtung, wo Penny Gowers Reitstall
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