Stadt, Land, Mord - Granger, A: Stadt, Land, Mord - Mud, Muck and Dead Things
Geländer ungefähr einen Meter vor der Fassade. Vielleicht gibt es keinen Hinterausgang. Das müssen wir überprüfen. Ansonsten muss jeder, der ins Haus will, dies unter den Augen der Nachbarn und Passanten auf der Straße tun.«
Carter lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Wie gründlich ist diese Putzfrau Ihrer Einschätzung nach?«
Jess lächelte. »Offen gestanden, sie hat überhaupt nichts zu tun. Sie räumt die Küche auf und das Bad und vielleicht das Schlafzimmer. Das sind die Räume, die täglich benutzt werden. Die anderen Zimmer – na ja, sie muss nichts weiter tun, als hin und wieder einen Staubsauger über die Teppiche zu schieben.«
»Wir wissen, dass Burton allein im Haus gewohnt hat, und der Mörder wusste dies möglicherweise auch«, gab Carter zu bedenken. »Falls ja, dann wusste er auch, dass er ungestört sein würde, sobald die Putzfrau gegangen war. Falls er ordentlich zu Werke gegangen ist und sich auf beispielsweise das Arbeitszimmer konzentriert hat, dann hat die gute Mrs. – wie war noch gleich ihr Name, Pardy? Dann hat die gute Mrs. Pardy vielleicht gar nicht bemerkt, dass jemand Fremdes im Haus war.« Er erhob sich und kam um den Schreibtisch herum. »Wir werden zusammen zum Haus des Toten fahren und uns das ansehen.«
Sie stand erneut vor Lucas Burtons Haus, nur diesmal mit Carter, anstatt wie zuvor mit Phil Morton. Es schien ihr eine Ewigkeit her, dass sie hier gewesen war, und nicht nur acht Stunden. Im Gegensatz zu Phil gab Carter keinen Kommentar von sich, als er an der Fassade nach oben starrte. Was Jess anging, so war ihr der Anblick bereits vertraut. In ihren Ohren klangen die Worte des Superintendents in Bezug auf die neugierigen Nachbarn. Unwillkürlich starrte sie die Straße hinauf und hinunter.
Eine kühle abendliche Brise hatte sich erhoben, und es wurde rasch dunkler. Ein paar Blätter segelten raschelnd über das Pflaster, und eine Frau eilte vorbei. Sie hielt den Mantel mit einer Hand vor dem Hals zusammen und hob den Kopf nicht für einen Moment, doch sie musste die beiden bemerkt haben. Aus der entgegengesetzten Richtung näherte sich ein Mann mit einem dicken kleinen weißen Hund auf der abendlichen Runde. Der Mann war schon älter und offensichtlich ein Anwohner. Er hatte sie bemerkt und verbarg sein Interesse nicht. Die Fenster zur Straße hatten keine Warnschilder; es gab keine offizielle Nachbarschaftswache, doch Jess war sicher, dass die Anwohner ein eigenes Warn- und Überwachungssystem hatten. Oder vielleicht hatte Mrs. Pardy auch die Neuigkeit vom Besuch der Polizei verkündet, nachdem sie und Morton am Vormittag da gewesen waren. Die Anwohner wussten, dass die Polizei sich für Burton interessierte, und jetzt war sie zurück. Ein paar Häuser weiter sprang ein junger Mann in einer Lederjacke auf die Straße. Die Tür fiel krachend ins Schloss. Er marschierte mit raschen Schritten zu einem am Straßenrand parkenden Wagen, stieg ein und fuhr davon. Reiner Zufall wahrscheinlich, oder vielleicht hatte er sie auch vom Fenster aus gesehen und wollte nicht zu Hause sein, wenn die Polizei vorbeikam und an Türen klopfte und Fragen stellte.
Was auch immer es war, Jess und Carter waren unübersehbar, wie sie vor dem Haus standen und warteten. Die Dunkelheit ringsum nahm rapide zu. Nicht mehr lange, und die Straßenlaternen würden aufflammen.
»Sir?«, murmelte Jess.
Ihre Stimme schien Carter aus tiefen Gedanken zu reißen. »Was? Oh, ja. Haben Sie die Schlüssel der Putzfrau da?«
Sie sperrte die Tür auf, und beide traten ein.
Der zweite Besuch in Burtons elegantem Haus fühlte sich viel eigenartiger an als der erste. Beim ersten Mal hatte die Putzfrau sie und Morton eingelassen. Diesmal war sie mit Carter allein und uneingeladen hier. Das Haus fühlte sich kalt und abweisend an ohne Mrs. Pardys widerwillige Gegenwart und ihre Becher mit heißem Tee. Bei einem kleinen Tischchen in der Halle blieb Carter stehen. Er untersuchte das Möbel. Es war mit Intarsien verziert und sah kostbar und zweifelsohne sehr alt aus. Das moderne Telefon darauf wirkte eigenartig deplatziert – genau wie die beiden Besucher. Jess warf einen Blick zur Treppe, fast, als erwarte sie, dass jemand sie vom ersten Absatz aus beobachtete. Doch alles war unheimlich still, und mit einem Mal beneidete sie Mrs. Pardy überhaupt nicht mehr um ihre scheinbar so leichte Arbeit. Woche für Woche drei Tage mehrere Stunden in dieser von Menschen verlassenen Perfektion zu verbringen, wo die
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