Stadt, Land, Mord - Granger, A: Stadt, Land, Mord - Mud, Muck and Dead Things
erlebt, was unsere Geschäftsinteressen anging. Wir sind eine seriöse Firma. Wir machen keine krummen Sachen. Wir hätten Lucas nicht aufgenommen, wenn wir gedacht hätten, dass er zu einem Problem wird. Auf der anderen Seite war er äußerst nützlich für uns. Er war einer von der Sorte, die immer wissen, was gerade passiert, und die wie ein guter Reporter nie ihre Quellen preisgeben. Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Ja, ich verstehe sehr gut, dachte Jess säuerlich. Ein gerissenes Schlitzohr. Einer von der Sorte, die immer den richtigen Mann kennt. Ich frage mich, in welchen Geschäften Burton sonst noch seine Finger hatte. Armstrong ist eifrig darauf bedacht, einen seriösen Eindruck auf mich zu machen und so zu tun, als hätte er nichts zu verbergen. Allerdings frage ich mich, ob das für die anderen gleichermaßen gilt …
»Er war ein angenehmer Partner«, fuhr Armstrong fort. »Er konnte sogar richtig charmant sein. Er war nicht verheiratet, und seine Freundinnen sahen immer umwerfend aus. Er kam nie zweimal mit derselben an. Er wollte sich nicht binden, schätze ich. Insgeheim war er ein ziemlich harter Bursche. Wenn Sie mich fragen – und das ist nur mein persönlicher Eindruck –, dann hatte er eine harte Kindheit hinter sich. Er hatte so eine gewisse Schärfe, wenn Sie verstehen, was ich meine? Nach außen hin gab er sich lässig, aber es wirkte irgendwie nie echt. Ich mochte ihn trotzdem. Weder ich noch irgendjemand, den ich kenne, hatte je ein Problem mit ihm. Wäre es anders gewesen …«, an diesem Punkt wurde seine Stimme hart, »… wir hätten uns von ihm getrennt, glauben Sie mir.«
Wahrscheinlich hat sich jemand anders von ihm getrennt, dachte Jess, indem sie sich die reglose Gestalt neben dem glänzenden silbernen Mercedes in der Garage ins Gedächtnis rief. Diese Investorengruppe hatte nie ein Problem mit ihm, aber vielleicht eine andere?
Armstrong lehnte sich auf seinem weichen Sofa zurück. »Er hatte ein glückliches Händchen. Aber er war auch ein Mann voller Geheimnisse, wenn Sie so wollen.«
»Danke sehr«, sagte Jess und schaltete das Aufzeichnungsgerät aus. »Das war sehr hilfreich, Mr. Armstrong.«
Er entspannte sich sichtlich, jetzt, nachdem die kleine rote Lampe an dem Rekorder nicht mehr leuchtete. »Ich muss meine Kompagnons über Ihren Besuch informieren, das verstehen Sie doch? Lucas’ Tod hat eine Lücke hinterlassen, und es gibt finanzielle Implikationen. Sein Nachlass muss geregelt werden, was Einfluss auf unsere Geschäfte und uns hat. Wissen Sie, wer seine Erben sind?«
Jess runzelte die Stirn. »Keine Ahnung. Ich verstehe, dass Sie Ihre Kompagnons wegen des verstorbenen Mr. Burton kontaktieren müssen, doch ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie nicht allzu frei darüber plaudern würden. Geben Sie nicht mehr preis, als Ihre Partner wissen müssen.«
»Wie die Polizei es macht?«, fragte Armstrong lächelnd.
»Diskretion ist stets angeraten«, erwiderte Jess ein wenig gestelzt. »Können Sie mir eine Liste mit den Namen Ihrer Geschäftspartner geben? Sowie die zugehörigen Telefonnummern? Ich muss mit allen reden.«
»Ja, sicher, ich denke schon. Sicher. Schon klar, dass Sie nicht nur mit mir allein reden wollen. Das wird ein ziemlicher Schock für sie. In den Zeitungen habe ich noch kein Wort über seinen Tod gelesen, und sie sicher auch nicht, sonst hätten sie mich bestimmt längst informiert.«
»Wir geben es im Lauf dieser Woche an die Presse.«
»Der arme alte Lucas. Wer hätte das gedacht? Ich sehe ihn vor mir, als wäre es gestern, wie er dort auf dem Sofa sitzt, genau dort, wo Sie jetzt sitzen, ein Glas Whisky in der Hand. Wir … na ja, je länger ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir klar, dass uns das eine Menge Kopfzerbrechen bereiten wird. Sie glauben, er wurde ermordet, nicht wahr? Gütiger Himmel, wer sollte so etwas tun? Und warum?« Armstrong erblasste. »Wir sind doch wohl nicht verdächtig, oder doch?«
Cyril Sprang war genauso zurückhaltend wie Armstrong und mindestens ebenso sehr darauf bedacht, einen rechtschaffenen Eindruck zu hinterlassen.
»Mr. Burton war ein sehr anständiger Mann«, sagte er, während er Jess durch seine dicken Brillengläser von oben bis unten musterte.
Jess war nicht als »anständiger Mann« zu klassifizieren. Selbst heutzutage noch gab es Menschen, die weibliche Polizisten missbilligten, erst recht in höheren Rängen. Mr. Sprang gehörte eindeutig zu diesen Menschen. Er hielt Jess’ Dienstausweis
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