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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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eine Spritze in der Hand und klopfte mit dem Finger leicht dagegen. Eine klare Flüssigkeit spritzte heraus. Serena wich aus.
    Besorgt sah Conrad, wie Yeats Serenas Arm packte. »Was machst du da?«
    »Ich gebe ihr ein Stärkungsmittel.« Bevor Conrad ihn daran hindern konnte, stach Yeats ihr die Kanüle in den Arm. »Es ist ein pflanzliches Präparat aus der Ginseng-Familie. Tiefseetaucher, Bergungsmannschaften und Kosmonauten nehmen es, um der Belastung unter Extrembedingungen standzuhalten. So ziemlich das einzig Brauchbare, was die Russen zu unserem Raumfahrtprogramm beigesteuert haben.«
    Das Mittel schien zu wirken. Serena atmete jetzt gleichmäßiger. Aber ihre Augen waren voller Zorn. Sie gehörte eindeutig nicht zu den Frauen, die solche Fürsorge gewohnt waren.
    »Ihr wird's bald besser gehen«, sagte Yeats. »Wenn du erlaubst, werde ich jetzt mal nach der Bohrmannschaft sehen, die deinen sagenhaften Schacht sucht.«
    »Genauso sagenhaft wie die P4«, rief Conrad seinem Vater hinterher, während dieser die Luke öffnete und nach draußen ging. Frostige Polarluft schoss herein.
    »Dich hat das Ganze ja offenbar nicht mitgenommen, Conrad«, sagte Serena frei heraus. Sie hatte die Sauerstoffmaske abgesetzt. »Es ist wahrscheinlich nicht das erste Mal, dass du zwölftausend Jahre alte Leichen im Eis siehst, was?«
    Er blickte sie an und konnte seine Erregung kaum zurückhalten. Es kam schließlich nicht jeden Tag vor, dass sich seine Theorien bestätigten und der Beweis geliefert wurde, dass er nicht verrückt war.
    »Die Leichen erklären, wie die Pyramide hierher kam.«
    »Was heißt ›hierher kam‹?« Mühsam setzte sie sich auf. Etwas Farbe war in ihre Wangen zurückgekehrt. »Hat sie sich denn bewegt?«
    Conrad kramte in seinem Rucksack herum und zog schließlich eine gefrorene Orange heraus. »Die habe ich aus der Wand geschlagen. Sie beweist, dass die Antarktis einst in einem gemäßigten Klima lag.«
    Serena sah die Orange an. »Bis alles eines Tages gefror, sehe ich das richtig?«
    Conrad nickte. »Das entspricht Hapgoods Theorie von der Verschiebung der Erdkruste.«
    »Charles Hapgood?«
    »Genau. Lebt schon seit Jahren nicht mehr. Du hast also von ihm gehört?«
    »Ja, der war mal Universitätsprofessor. Aber seine Verschiebungstheorie kenne ich nicht.«
    Conrad nutzte mit Wonne jede Gelegenheit, Mutter Erde etwas, was sie nicht wusste, groß und breit zu erklären. Er hielt die Orange hoch und dozierte: »Nehmen wir einmal an, das hier ist die Erde.«
    »Okay.« Sie ließ sich auf sein Spielchen ein.
    Conrad ließ ein Taschenmesser aufschnappen und ritzte damit die sieben Kontinente in die inzwischen etwas aufgetaute Schale. »Hapgoods Theorie besagt, dass die Eiszeit kein meteorologisches Phänomen ist. Sie ist vielmehr das Ergebnis einer geologischen Katastrophe vor ungefähr zwölftausend Jahren.« Conrad drehte die Orange so, dass sich die Vereinigten Staaten innerhalb des Polarkreises befanden und die Antarktis näher am Äquator war. »So sah die Welt damals aus.«
    Serena zog die Augenbrauen hoch. »Und was soll dann geschehen sein?«
    »Die gesamte Erdoberfläche hat sich verlagert.« Conrad drehte die Orange, bis ihre Position der der heutigen Erde entsprach. »Die Antarktis wird von dem Polarkreis vereinnahmt, während Nordamerika sich daraus löst und eine gemäßigte Klimazone wird. In Nordamerika schmilzt das Eis, und in der Antarktis bildet es sich.«
    Serena runzelte die Stirn. »Und wodurch wurde diese Umwälzung verursacht?«
    »Das kann niemand so recht sagen. Aber Hapgoods Meinung nach rührte das von einem Ungleichgewicht des Eises an den beiden Polen her. Durch das anwachsende Eis wurden die Kappen so schwer, dass sie in Bewegung gerieten und schließlich die äußere Kruste der Kontinente in einem Stück in neue Positionen brachten.«
    Serena musterte ihn. »Du bist also bereit, alles, was von deinem Ruf noch übrig ist, auf diese Erdkrustenverschiebung zu setzen?«
    Conrad zuckte die Achseln. »Albert Einstein jedenfalls fand den Gedanken gut. Er glaubte, dass bedeutende Verlagerungen dieser Art wahrscheinlich schon häufiger und innerhalb kurzer Zeiträume stattgefunden haben. Das würde so merkwürdige Dinge wie im Polarkreis eingefrorene Mammute mit tropischer Vegetation im Magen erklären. Oder eben Dinge wie die Pyramide hier und die Leute, die im Eis der Antarktis begraben sind.«
    Serena berührte Conrad sanft an der Schulter. »Wenn dir das hilft, der Welt einen Sinn

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