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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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Gesichtsausdruck erkennen könnte, aber es sieht nicht so aus, als ob er kurz vor dem Sprung ist.
    Die Schüler starren alle in unverhohlener morbider Faszination nach oben, reden und witzeln untereinander, begeistert von dem unerwarteten Drama und den dadurch gewonnenen ein oder zwei Freistunden. Carly und ich schubsen und drängeln uns durch die Menge der Schaulustigen und dann an den Barrikaden vorbei, wo Mouse in einem Haufen von Rettungskräften steht, ein Megafon in der Hand, die Miene angespannt und verunsichert. »Dave!«, ruft Carly ihm zu. »Hast du überhaupt schon mit ihm gesprochen?«
    Er sieht stirnrunzelnd zu ihr hinüber. »Keine Presse hinter den Barrikaden«, sagt er.
    »Das ist Wayne Hargrove da oben«, sagt sie. »Lass uns mit ihm reden.«
    Mouse beäugt uns mürrisch. »Ich weiß, wer das ist. Er will nicht reden. Und jetzt geht wieder zurück.«
    »Komm schon, Mouse, du weißt, dass er mit mir reden wird«, sage ich, was sich als Fehler erweist, nicht nur, weil ich ihn versehentlich bei seinem alten Spitznamen genannt habe, sondern weil er mich bis zu diesem Augenblick offenbar noch gar nicht bemerkt hat. »Du!«, bellt er, während sich seine Augen weiten. »Wenn du deinen Arsch nicht sofort hinter diese Barrikaden bewegst, schreibe ich dich wegen Behinderung der Polizei auf.«
    Ich will schon etwas erwidern, aber Carly zieht mich hinter die Barrikaden zurück. Ich versuche zu Wayne hochzurufen, um ihn wissen zu lassen, dass ich da bin, aber er scheint mich ebenso wenig zur Kenntnis zu nehmen wie vorhin in meinem Traum.
    »Und was jetzt?«, sagt Carly, die Augen mit einer Hand vor der Sonne schützend, während sie zum Dach hochsieht. Sie trägt Jeans und eine avokadofarbene Bluse, und ihr Haar wird über der Stirn locker von einer braunen Lederspange zusammengehalten. Es ist nicht der richtige Augenblick, um festzustellen, wie entzückend sie aussieht, aber so ungünstig der Zeitpunkt auch ist, ein Teil von mir ist doch hingerissen davon, so neben ihr zu stehen, hier mit ihr zusammen zu sein.
    »In die Richtung«, sage ich, nehme sie bei der Hand und lotse sie durch die Menge. Wir schlängeln uns zu einer Seite der Schule durch, müssen aber feststellen, dass ein anderer Sheriff den Weg zum rückwärtigen Teil des Gebäudes und zur Feuertreppe bewacht. »Wenn wir diesen Burschen dazu bringen können, sich zu verziehen, kann ich aufs Dach hochkommen«, sage ich. »Meinst du, du könntest für ein Ablenkungsmanöver sorgen?«
    »Kein Problem«, sagt Carly sardonisch und duckt sich ohne Zögern unter der Barrikade hindurch. Bevor ich weiß, was sie tut, sprintet sie schon über den seitlichen Rasen auf die vordere Ecke des Schulgebäudes zu. »Hey!«, ruft der Hilfssheriff ihr zu. »Stehen bleiben!« Carly rennt weiter, und binnen Sekunden hat der Wachmann die Verfolgung aufgenommen. Ich höre, wie sie stehen bleibt, um ihn zu informieren, dass sie ein Mitglied der Presse ist, aber zu dem Zeitpunkt habe ich den Rasen bereits überquert und es bis zur Treppe geschafft. Ich nehme zwei oder drei der Metallstufen auf einmal, wobei ich mir wie James Bond vorkomme, während ich in Richtung Dach hochstürme.
    Ich bin eben auf dem Dach aufgetaucht, als ich hinter mir Schritte die Treppe hochpoltern höre, und ich mache mich schon auf eine Auseinandersetzung mit dem Hilfssheriff gefasst, als Jared in Sicht kommt, der eben die letzten Stufen hochrennt, um sich auf dem Dach zu mir zu gesellen.
    »Hey, Onkel Joe«, sagt er und streicht sich das wirre Haar aus dem Gesicht, während wir zusammen dastehen und nach Luft schnappen.
    »Was machst du denn hier?«, sage ich.
    »Ich gehe hier zur Schule. Manchmal.«
    »Da hast du dir aber einen verdammt guten Tag ausgesucht, um mit dem Schwänzen aufzuhören.«
    Jared zuckt die Schultern. »Wer hätte das wissen können?« Er tritt an den Rand des Daches vor und sieht mit leichter Neugier auf die Menge hinunter. »Müsste ein toller Schwalbensprung sein.«
    »Warum gehst du nicht wieder nach unten?«
    »Von hier oben ist die Aussicht viel besser.«
    »Na schön.« Ich gebe auf und wende mich um, um zur Kuppel zu sehen. »Ich werde ein paar Minuten mit Wayne reden. Warte hier auf mich.«
    »Na klar«, sagt Jared. »Viel Glück.«
    Ich habe vergessen, dass sich der einzige Zugang zur Kuppel an der Vorderseite des Gebäudes befindet, was bedeutet, dass ich mich an der Betonleiste am Sockel der Kuppel festhalten und die Beine frei durch die Luft schwingen muss, bevor ich

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