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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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Mann?«
    »Eigentlich nicht.« Ich zeige auf mich selbst. »Nicht schwul, erinnerst du dich?«
    Wayne lacht. »Entschuldige. Hatte ich ganz vergessen.« Er wirft seine Kippe zwischen seine Füße und über die Leiste, und wir sehen zu, wie sie nach unten fällt. »Ich nehme an, wenn ich nicht im Sterben liegen würde, könnte man sagen, ich bin in der Midlifecrisis. Ich meine, was zum Teufel wird mein Tod denn tatsächlich bedeuten? Ich wurde geboren, ich wurde älter, und jetzt werde ich sterben, und was zum Teufel habe ich dafür vorzuweisen? Keine Kinder, keinen festen Partner, keine Leute, die ich reich gemacht habe, keine Leistungen. Was hinterlasse ich? Ich habe Angst vor dem Sterben, da will ich dir keinen Scheiß erzählen, aber vor allem werde ich stocksauer, wenn ich mir überlege, dass meine ganze Existenz im Grunde keinen echten Sinn hatte, außer vielleicht anderen als eine Art abschreckendes Beispiel zu dienen.«
    »Naja, es gibt zwei Möglichkeiten«, sage ich nachdenklich. »Entweder es gibt ein Leben nach dem Tod oder es gibt keines.«
    »Wie tiefgründig.«
    »Leck mich. Falls du einen Priester wolltest, hättest du auf die Kirche klettern sollen.«
    »Eins zu null für dich«, sagt Wayne grinsend. »Bitte fahr fort. Ich sterbe vor Neugier, das zu erfahren.«
    »Wie ich bereits sagte, falls es ein Leben nach dem Tod gibt und diese Welt nur ein Wartezimmer ist, dann ist die Tatsache, dass du dir vorkommst, als hättest du nichts getan, im Grunde irrelevant, da du ja noch mehr zu leben hast, wenn auch in einem Zustand, den wir nicht begreifen können.«
    »Und wenn es kein Leben nach dem Tod gibt?«
    »Dann sind wir sowieso alle auf dem Weg unter die Erde, nur nach unterschiedlichen Fahrplänen, was zählt denn dann noch irgendetwas?«
    Wayne schenkt mir einen irritierten Blick. »Du willst also sagen, wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, dann hat hier nichts gezählt, und wenn es kein Leben nach dem Tod gibt, dann hat hier auch nichts gezählt.«
    »Das ist eine grobe Vereinfachung einer komplexen und vielschichtigen theologischen Abhandlung.«
    »Aber das ist es, kurz und bündig.«
    »Ich nehm's an. Kurz und bündig.«
    »Was zählt denn dann überhaupt?«
    »Die kleinen Dinge«, sage ich. »Das ganze Zeug, das du neulich über mich und dich und Carly zu mir gesagt hast. Diese Augenblicke sind es, die zählen. Hörst du dir eigentlich nicht zu, wenn du redest?«
    »Ich war stoned«, sagt Wayne mit einem Schulterzucken.
    Er zündet sich noch eine Zigarette an und nickt nachdenklich. Wir sitzen ein paar Minuten schweigend da und sehen der Ebbe und Flut der wogenden Menge unter uns zu. Von unserem Aussichtspunkt aus können wir beobachten, wie Autofahrer anhalten, um zu gaffen, und Leute mit schnellen Schritten durch die Straßen in Richtung Schule laufen. In Falls ist nie viel los, und wenn doch einmal etwas los ist, will es niemand verpassen. Mehr Übertragungswagen treffen ein, dazu eine Hand voll Fotografen. Im Blitzlichtgewitter funkelt die Menge wie ein Diamant. Ich halte nach Carly Ausschau, aber wir sitzen zu weit oben, als dass ich sie erkennen könnte. Ich fühle mich tieftraurig, aber auch seltsam befreit, als hätte ich lange versucht, mich traurig zu fühlen, sei bis jetzt aber nicht dazu im Stande gewesen. »Also«, sage ich. »Wirst du jetzt springen, oder was?«
    »Nö.«
    »Warum nicht?«
    »Ich bin einfach nicht der Springertyp.«
    »Da stimme ich dir zu. Kann ich dir jetzt herunterhelfen?«
    Wayne lehnt sich zurück und sieht auf die Menge hinunter. »Ein paar Minuten noch, okay?«
    »Na klar.«
    »Ist Carly dort unten?«
    »Irgendwo.«
    »Joe?«
    »Ja.«
    »Ich will nicht in ein Hospiz gehen.«
    »Dann geh eben nicht.«
    »Ich dachte, vielleicht sollte ich bei dir einziehen. Du weißt schon, in das Haus deines Dads.«
    »Das ist eine tolle Idee.«
    Wayne nickt. »Ich will nicht, dass meine Freunde mir den Arsch abwischen und das alles. Ich muss nicht auf diese Weise in Erinnerung behalten werden.«
    »Ich hoffe, du bist nicht gekränkt, wenn ich dir sage, dass wir uns nicht gerade darum reißen, dir den Arsch abzuwischen. Ich werde dir eine Krankenschwester besorgen.«
    »Das wird dich eine Stange kosten.«
    »Ich kann immer noch meinen Wagen verkaufen.«
    Ein kratzendes Geräusch kommt von irgendwoher, und dann taucht ein Paar Hände auf der Leiste auf, gefolgt von Jareds Kopf. »Hey«, sagt er mit einem Grinsen. »Was gibt's für aufregende Neuigkeiten?«
    Von unten kommen

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