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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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reden«, sage ich.
    »Ich habe versucht, dich zu warnen«, sagt er entschuldigend.
    »Ich weiß. Es ist schon okay.«
    »Ich habe das ganze Gespräch mit angehört«, sagt Jared. »Er war knallhart zu dir.«
    »Er hat in manchen Punkten Recht.«
    »Also was, wirst du etwa auf ihn hören?«
    Ich bleibe stehen und wende mich zu meinem Neffen um. »Hör zu, Jared. Ich bin heute Abend vorbeigekommen, weil ich mit eingebildet hatte, ich könnte anfangen, zu deinen Leuten eine Brücke zu schlagen, könnte etwas mehr Kontakt zu meiner Familie knüpfen. Aber weißt du, was ich gelernt habe? Dass es dazu nie kommen wird, weil ihr alle so wenig Kontakt zueinander habt, dass es im Grunde gar keine Familie gibt, zu der ich wieder Kontakt knüpfen könnte.«
    »Du gibst also einfach auf?«
    »Ich überdenke meine Strategie. Dein Vater hat gesagt, ich wüsste nichts über Selbstlosigkeit, und er hat Recht. Ich habe mit dir herumgehangen, habe mit dir über Mädchen und Musik geredet, einen Joint geraucht, und weißt du, wer von alledem profitiert? Ich. Weil es mir dann vorkommt, als hätte ich eine Familie. Aber für dich ist es nicht gut. Du brauchst jetzt Eltern, keinen Freund. Und wenn es eine Sache gibt, über die ich kompetent reden kann, dann die, wie ich es mir mit meinem Vater vermasselt habe, daher werde ich dir den einzigen Rat geben, den ich geben kann: Leg dein Getue ab und lass deinen Vater in dein Leben. Ich weiß, das wird nicht leicht sein, aber ich kann dir versprechen, wenn du es nicht tust, wirst du es irgendwann bitter bereuen.«
    Jared sieht mich eine Minute lang an und nickt dann. »Okay. Ich werde darüber nachdenken.«
    »Gut. Und was ist nun mit diesem Vogelkäfig?« Er trägt einen großen weißen Vogelkäfig, in dem eine aufgeregte Shnookums schonungslos hin und her geschüttelt wird, während wir gehen.
    »Ähnlich wie du muss sich Shnookums für eine Weile dünn machen, was die Familie betrifft. Ich hatte eine Besprechung mit meinen Schwestern, und wir haben dich zu ihrem vorläufigen Pfleger gewählt.« Er lächelt und reicht mir den Vogelkäfig.
    »Wann muss ich sie füttern?«
    »Ich komme vorbei und füttere sie.«
    »Du sollst doch nicht mit mir herumhängen.«
    »Pass auf, Mann. Ich tue nie, was ich tun soll.«
    »Willst du einen Vogel?«, frage ich Carly, als sie die Tür aufmacht.
    Sie steht auf der Türschwelle und betrachtet mich mit einem ironischen Lächeln. Sie trägt eine Bush-Falls-High-Trainingshose und ein Tanktop und kaut irgendwie komisch auf einer großen rohen Karotte. »Wer ist das denn?«, fragt sie.
    »Das ist Shnookums. Sie ist ein Kakadu.«
    »O mein Gott, Joe. Sie blutet!«
    »Das ist Marinarasauce.«
    »Oh. Na, dann ist es ja in Ordnung.«
    »Ich hatte einen interessanten Abend.«
    »Das bezweifle ich nicht«, sagt sie lächelnd, während sie auf ihrer Karotte kaut. »Und jetzt hast du meinen interessanter gemacht.«
    »Ich war auf dem Weg von Brad nach Hause, und als ich hier vorbeikam, dachte ich, ich schaue rasch auf einen Sprung bei dir rein.«
    »Mein Haus liegt nicht auf dem Weg von Brad zu dir nach Hause.«
    »Leg doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage.«
    »Okay«, sagt Carly. »Ich habe eben noch ein bisschen gearbeitet. Möchtest du reinkommen? Der Vogel kann natürlich mitkommen.«
    »Ich würde gern, aber ich werde es nicht tun«, sage ich. »Ich habe selbst etwas Arbeit, an die ich mich wieder setzen muss.«
    »Du schreibst?«
    »Ich schreibe. Endlich.«
    Sie nickt. »Und was kann ich für dich tun?«
    »Ich hatte gehofft, vielleicht könnte ich dich noch einmal küssen.«
    Ihr Lächeln ist die Sonne auf meinem Gesicht. »Ich hatte auch gehofft, das könntest du.« Sie kommt die Stufen hinunter auf mich zu, und wir stehen uns Auge in Auge gegenüber. »Ich rieche nach Karotten«, sagt sie.
    »Ich liebe Karotten.«
    Sie hält sich mit zwei kleinen Fäusten an meinem Hemd fest. »Was immer dir beliebt, Romeo.«

34
    Owen wird noch ein paar Tage brauchen, bis er alles beisammenhat, was wir für Wayne benötigen, und Wayne sagt zu mir, das ist perfekt, denn er würde gern noch ein, zwei Tage in seinem alten Kinderzimmer verbringen, seine Schubladen und Regale sichten und ein letztes Mal seine Jugend durchleben. Ich vermute, dass er in Wirklichkeit versucht, seiner Mutter noch
    ein bisschen Zeit zu geben, in der Hoffnung, sie würde lange genug aus ihrem religiösen Wahn zu sich kommen, um richtig Abschied zu nehmen. Und auch wenn ich dieses Bedürfnis

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