Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper

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Mcintyre, der mir beibrachte, dass man kostenlos Dinge bekommen konnte, indem man einfach die gebührenfreie Rufnummer auf den Verpackungen der Schokoriegel wählte und sich Beschwerden ausdachte. Plötzlich schlägt mir Steve Packer zur Begrüßung auf die Schulter. Er soll sich, so die Legende, allen Ernstes einmal das Handgelenk gebrochen haben, als er sich einen runterholte, und man konnte sich bei ihm immer sicher sein, dass er jedes akzeptable Synonym für Vagina kannte.
    »Joe Goffman«, verkündet er, wobei er stürmisch meine Hand quetscht und sich nach dem Wohlbefinden meiner Hoden erkundigt.
    »Wie hängen sie?«
    »Steve Packer«, antworte ich. »Schön, dich zu sehen.«
    Steve hat offenbar das Memo nicht bekommen, nach dem ich bei jeder Gelegenheit geschnitten werden soll, ein Versehen, das Wayne augenblicklich korrigiert. »Und was ist mit mir, Steve?«, sagt Wayne. »Willst du nicht wissen, wie meine hängen?«
    Steve will es nicht wissen. Er fixiert Wayne mit einem funkelnden Blick, der besagt, Eier sind ein Privileg, das Wayne dreist missbraucht hat, und schlendert davon, um sich hinten zu seinen Kumpeln zu gesellen.
    »Hilft das denn?«, frage ich, als wir uns an der Wand an einen Tisch setzen.
    »Was?« Er fängt meinen Blick auf. »Ja«, gibt er zu. »Ein bisschen.«
    »Okay. Dann ist es das wert.«
    Er wirft mir ein dankbares Lächeln zu, als er auf seinen Platz rutscht.
    »Ich war ziemlich naiv, als ich nach Falls zurückkehrte«, sagt er. »Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber ich war doch einer von diesen Burschen, weißt du?« Er zeigt auf die Brusttasche seiner alten Basketballjacke, auf die in dünnen Goldfäden sein Name gestickt ist. »Das bin ich, stimmt's? Der Bursche bin immer noch ich.«
    »Na klar«, sage ich.
    »Jedenfalls ... ich war allen Ernstes dämlich genug, ein-oder zweimal hierher zu kommen, kurz nach meiner Rückkehr, und zu glauben, ich könnte mit alten Kumpeln die Sau rauslassen ...« Waynes Stimme verliert sich, und er seufzt tief.
    »Schwul sein bedeutet, einen Crashkurs über die menschliche Natur zu machen«, sagt er. »Dein erster richtiger Blick auf die dreckige Unterseite der gewöhnlichen sozialen Interaktion. Ein etwas weniger selbstbewusster Mensch«, erklärt er mit einem ironischen Grinsen, »könnte leicht ein verbittertes armes Schwein werden.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    Er lehnt sich auf seinem Platz zurück. »Jedenfalls, um es kurz zu machen, sie haben nicht gerade eine Willkommensparty für mich geschmissen, und ich bin so ziemlich untergetaucht. Erst vor kurzem bin ich auf den Gedanken gekommen, dass ich ein Bursche bin, der nicht mehr sehr lange zu leben hat, und dass ich schön blöd sein müsste, auch nur eine Sekunde davon diesen Dreckskerlen zu überlassen. Das Virus kann mich vielleicht schlagen, aber dieses erbärmliche Häuflein Arschlöcher?« Er hebt seine Stimme und weist mit einer ausladenden Handbewegung auf den überfüllten Pub. »Das würde ich erst wirklich tragisch nennen.«
    Ich lächele und sage: »Bravo.«
    »Ich erzähle dir das nicht, um von dir mit Beifall bedacht zu werden«, sagt er von oben herab, »so wohlverdient er auch sein mag. Ich versuche dir nur zu erklären, dass wir mit Abstand die unbeliebtesten Leute hier sind, und wenn du warten willst, bis wir bedient werden, wird es eine verdammt lange Nacht werden.«
    »Hab verstanden.« Ich stehe grinsend auf. »Was trinkst du?«
    »Egal«, sagt Wayne. »Es wird mir sowieso zu schnell durch die Kehle laufen, als dass ich es schmecken könnte.«

    Eine Stunde später bin ich ganz gut benebelt. Wayne, der mit knauserigen, vogelartigen Schlückchen an seinem Wodkaglas schlürft, scheint ebenfalls in guter Stimmung zu sein, und ich nehme an, dass es bei seinem gegenwärtigen Körpergewicht nicht viel braucht, um ihn abzufüllen. Während sich der Abend hinzieht und ich Waynes reichlich ausgeschmückten Erzählungen von seiner mühevollen Arbeit in Hollywood lausche, legt sich allmählich mein prickelndes Gefühl, auf dem Präsentierteller zu sitzen, und ich beginne mich zu entspannen. Wayne trägt seinen Außenseiterstatus wie eine Waffe vor sich her, ein hübscher Trick, der ihn gleichzeitig stark macht und ausgrenzt, und ich schwöre mir in meinem betrunkenen Zustand, diese Strategie für die Dauer meines Aufenthalts in Falls zu verinnerlichen. Irgendwo in meinem Hinterkopf ist mir bewusst, dass Wayne aufgrund der Tatsache, dass er in absehbarer Zeit an die