Stadtfeind Nr.1
meinem verletzten Knöchel nimmt rasch höllisch zu, und ich muss an etwas denken, was Wayne an diesem Abend gesagt hat.
»Okay«, sage ich und nehme den angebotenen Joint entgegen. »Aber aus rein medizinischen Gründen.«
»Ganz wie du willst, Mann.« Jared lehnt sich zurück und schließt die Augen.
Ich nehme einen langen Zug, huste ein bisschen wegen der beißenden Trockenheit des Grases und nehme dann noch einen, bei dem ich das Kraut tief in meine Lungen einatme. Ich gebe den Joint an Jared zurück, während ich ausatme, und in der Dunkelheit des Wagens ist mein Rauch fast unsichtbar. Der Joint wandert noch ein paar Mal zwischen uns hin und her, und dann lehnen wir uns auf den automatisch verstellbaren Sitzen nach hinten und klappen das Dach zurück, sodass wir zu den Sternen hinauf starren können. »Hier habe ich meine Jungfräulichkeit verloren«, bemerke ich beiläufig.
»Im Ernst«, sagt Jared. »Ich auch.«
Wir genießen einen urtümlichen männlichen Augenblick und klatschen uns mit einer Hand zu, um diesen geteilten sexuellen Triumph zu zelebrieren. Für eine Sekunde tauchen Carlys milchig weiße Schenkel vor meinem geistigen Auge auf, als sie sich den Rock über die Beine herunterzog, mit einem liebevollen Lächeln über meine unbeholfene, ungeübte Erregung. »Bist du sicher?«, fragte ich sie, während sie leidenschaftlich am Hosenbund meiner Unterwäsche zog. »Ich will es«, sagte sie. »Und ich will es mit dir.«
»Ich habe sie sehr geliebt«, erkläre ich vor dem allumfassenden Rauschen über uns, das wie ein Studiohintergrund klingt, weit und intim, und meine plötzliche schmerzhafte Traurigkeit wirkt durch den Joint noch stärker.
»Das ist schön«, sagt Jared. »Ich wollte nur endlich flachgelegt werden.«
Als ich etwas später die Augen aufschlage, sehe ich, dass sich während meines kurzen Nickerchens unser Standort verändert hat. Wir parken jetzt vor einem großen Backsteinhaus im Kolonialstil, das etwas zurückgesetzt hinter einem eindrucksvollen Vorgarten steht. »Wo sind wir?«,
frage ich.
»Ich wollte nur etwas sehen«, sagt Jared, der angestrengt aus dem Fenster späht.
Ich beuge mich über den Sitz und blicke über seine Schulter. »Was sehen wir uns denn an?«
»Sie.« Jared deutet auf ein erhelltes Fenster im ersten Stock. Ein Mädchen taucht in Abständen immer wieder im Fensterrahmen auf, während sie durch ihr Zimmer geht und sich fürs Zu-Bett-Gehen fertig macht.
»Wer ist das denn?«
»Kate Portnoy.«
»Und sie ist... ?« ,
»Perfekt«, sagt Jared ehrfürchtig.
»Und was ist mit dem anderen Mädchen? Candi?«
»Sheri. Sie ist nur eine gute Freundin.«
»Eine schöne Freundin«, sage ich wehmütig. »Solche Freundinnen könnte ich auch gebrauchen.«
Jared grinst, ohne den Blick von dem Fenster im ersten Stock abzuwenden. »Wir verstehen uns.«
»Aha«, sage ich. »Und Kate weiß nichts von Sheri?«
Jared lehnt sich auf seinem Sitz zurück und sieht mich an, sichtlich fassungslos. »Kate weiß nichts von mir.«
Ich nicke mitfühlend und denke, ich würde alles geben, um das gebrochene Herz eines Achtzehnjährigen zu haben. »Ich habe Hunger«, sage ich.
Wir biegen auf den Parkplatz vom 7-Eleven-Supermarkt ein und gehen Big Gulps schlürfend durch die Gänge, um uns Knabbersachen auszusuchen. »Ich wusste gar nicht, wie viele verschiedene Arten Kartoffelchips es gibt«, stelle ich völlig verblüfft fest. »Wie soll man sich denn da bloß entscheiden?«
»Du«, sagt Jared grinsend, »bist stoned.«
»Könnte sein. Wie spät ist es?«
»Elf Uhr zweiundvierzig.«
»Wow.« Es kommt mir vor, als müsste es viel später sein. Ich nehme mir ein paar Sour Cream & Onion Pringles , und Jared entscheidet sich für Funyuns. Die Kassiererin, ein Mädchen im Gothic-Look mit blassem Make-up und zu viel schwarzem Lippenstift, kassiert uns gleichgültig ab. »Danke, Delia«, sage ich mit einem Blick auf ihr Namensschild. Sie muss uns von der Tür noch einmal zurückrufen, um uns unser Wechselgeld zu geben. »Entschuldige«, sage ich. »Wir sind ein bisschen stoned.«
»Wie ausgesprochen schlau von euch«, sagt sie, während sie auf einem KitKat kaut. In diesem Augenblick wirkt sie so weise und traurig auf mich, dass ich mich hinsetzen und ihr Fragen stellen, ihre ganze Lebensgeschichte erfahren möchte.
Auf dem Parkplatz setzen wir uns auf die Motorhaube des Mercedes, mit dem Rücken gegen die Windschutzscheibe gelehnt, und spülen unsere Chips mit langen,
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