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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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durstigen Zügen aus unseren Big Gulps hinunter. Als wir fertig sind, springe ich vom Wagen und stoße augenblicklich einen Schmerzensschrei aus, als mein rechter Fuß auf den Boden auftrifft. Ich krempele meine zerrissene Hose hoch und ziehe vorsichtig an den blutverschmierten Überresten meiner Socke. Mein Knöchel ist geschwollen und mit zu viel getrocknetem Blut verkrustet, als dass es mir einen gründlichen Blick auf die Wunde gewähren könnte. Jared stößt einen leisen, mitleidvollen Pfiff aus. »Meinst du, wir sollten in die Notaufnahme fahren?«
    »Nö, da würden wir doch bloß die ganze Nacht herumhängen«, sage ich. »Offenbar hat es ja aufgehört zu bluten. Ich fahre einfach nach Hause und. mache es ein bisschen sauber.«
    Unterwegs überlege ich es mir allerdings anders, und ich weise Jared an, mich zur Overlook Road zu fahren. »Wozu?«, sagt er.
    »Du hast mir deine gezeigt; jetzt werde ich dir meine zeigen.«
    Carlys Haus ist dunkel, was in meinem drogenbenebelten Zustand wie ein Vorwurf auf mich wirkt. »Ich sollte sie heute Abend anrufen.«
    »Es ist nach Mitternacht«, sagt Jared. »Ruf sie morgen an.«
    Irgendein Teil von mir weiß, dass das die klügere Strategie wäre, aber ein anderer Teil, zugegebenermaßen der bekiffte Teil, denkt, dass es entschieden romantischer ist, mitten in der Nacht aufzukreuzen. Und heute Abend bin ich wieder achtzehn. Wir sind es, Jared und ich, zwei junge, pochende Herzen; stoned, einsam und romantisch ohne Ende. Unsere Sehnsucht kennt keine Grenzen, unser Glaube ist unendlich, unser Testosteron kommt uns zu den Ohren heraus. Gebt uns eine Chance, und wir werden euch mit jeder Zelle unserer Körper leidenschaftlich lieben; gebt uns ein Zeichen, und wir werden euch die ganze Nacht vögeln. Brecht unsere Herzen, wir werden weinen und trauern und binnen eines Monats wieder verliebt sein.
    Ich steige aus dem Wagen und humpele langsam den Weg vor dem Haus hoch. »Keine gute Idee«, ruft mir Jared vom Wagen aus zu.
    »Ich weiß, was ich tue.«
    »Offensichtlich nicht.«
    Ich ignoriere ihn und drücke auf die Klingel. Nach ein paar Sekunden klingele ich noch einmal. Und in genau dem Augenblick, in dem es mir dämmert, was für eine entsetzlich dämliche Idee das ist, höre ich die leichten Schritte nackter Füße auf der mit Teppich ausgelegten Treppe, und dann ist Carly an der Tür. Sie trägt blaue Boxershorts und ein graues UConn-T-Shirt; ihr Haar ist locker zu einem Ponyschwanz zusammengebunden, und sie blinzelt benommen, während Schlaf und Bewusstsein um den besten Platz rangeln. Sie sieht, finde ich, wunderschön aus.
    »Joe«, sagt sie, weniger zur Begrüßung als zur Bestätigung, auf dieselbe Weise, auf die der Bösewicht in einem James-Bond-Streifen die plötzliche Explosion in seiner unterirdischen Atomanlage zur Kenntnis nimmt und augenblicklich, mit einem sorgfältig gezügelten europäischen Akzent, sagt: »Bond.« Denn wirklich, wer zum Teufel könnte es sonst sein?
    »Hi«, sage ich.
    »Was ist los?«, sagt sie und reibt sich die Augen.
    »Ich sollte dich anrufen. Ich wollte nicht, dass du denkst, ich hätte es nicht getan.«
    »Du hast es nicht getan«, sagt sie betont, womit sie mich für einen Augenblick verwirrt.
    »Stimmt.« Es folgt ein bleiernes Schweigen, bei dem der Hebel zur Steuerung dieses Gesprächs zum Greifen nah über mir schwebt, knapp außer Reichweite. »Das läuft wohl nicht sehr gut, was?«, sage ich.
    »Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, was >das< ist, aber ich nehme an, du hast Recht.«
    Auf einmal bin ich erschöpft. Ich wende mich von Carly ab und setze mich auf die Stufe vor ihrem Haus. Ich höre hinter mir, wie sie zögert und dann nach draußen kommt und die Moskitotür hinter sich mit einem hydraulischen Zischen zufallen lässt. Erster Punkt für die Heimmannschaft. Alles ist möglich. Sie setzt sich neben mich und zieht die Knie bis zur Brust hoch. »Was willst du, Joe?«, sagt sie leise. »Ich will nur - ich weiß nicht. Ich will einen Draht zu dir bekommen.«
    »Und du dachtest, wenn du nach Mitternacht hier auftauchst, könnte es klappen?«
    »Es erschien mir in dem Augenblick als das Richtige.« Ich bewundere unwillkürlich ihre Zehen, die kurz und dünn sind und dann zum Ende hin leicht rundlich werden, wie Trauben, mit glänzend dunkelrot lackierten Nägeln. »Du hast sehr hübsche Zehen.« »Bist du betrunken?«
    »Nein«, sage ich. »Aber vielleicht ein bisschen high.« Carly nickt. »Perfekt.«
    Über uns hängt

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