Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
Vom Netzwerk:
die sie vor dem Hintergrund dieses bedeutenden Ereignisses gemacht hatten.
    Details hinsichtlich der Identität des Draufgängers oder Informationen über das Ergebnis seines angeblichen Sprungs in den Bush River standen noch nicht zur Verfügung.
    Wenn sich Neuigkeiten in Kleinstädten schnell herumsprechen, dann breiten sie sich auf den Highschools von Kleinstädten mit Lichtgeschwindigkeit aus. Wir saßen alle in unseren Klassenzimmern, als Mouse zu spät zur Schule kam und mit der Nachricht von Sammys Selbstmord herausplatzte. Irgendwie schaffte es die Information, die Wände unserer Klassenzimmer zu durchdringen, und sie wurde wie Zecken durch ein Netzwerk von Aufsicht Führenden in den Korridoren, Zu-spät-Kommenden und Schülern, die von der Toilette zurückkehrten, weitergetragen. »Es ist nur ein Gerücht«, flüsterte Carly mir zu und legte mir eine Hand auf den Arm, während ich zitternd auf meinem Platz saß. Aber ich dachte daran, wie Sammy am Abend zuvor vorbeigekommen war, um mich zu sehen, und wie seltsam förmlich sein Abschied gewesen war, und ich wusste es besser.
    Lyncrofts Stimme kam über die Lautsprecheranlage, wie üblich zu laut und von Spucke triefend, und kündigte eine augenblickliche Versammlung in der Aula an. Alle schnappten sich ihre Bücher und Taschen und strömten in den sich rasch füllenden Korridor, in leisen Stimmen miteinander flüsternd, während sie in Richtung Aula gingen. Ich spürte, wie mir der kalte Schweiß ausbrach, und ich wusste, dass Sammy tot war. Ich wusste ebenfalls, dass es mir unmöglich sein würde, in einer überfüllten Aula zu sitzen und zuzuhören, wie dieser Säufer von einem Schulleiter es bestätigte. Carly ging ein paar Schritte vor mir den Korridor hinunter, und auf einmal erschien mir der Gedanke, ihr zu sagen, dass ich schwänzen würde, zu viel für mich, und so bog ich einfach rasch nach links ab und ging entschlossen auf den Ausgang zu. Ich hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass die Wahrscheinlichkeit weitaus geringer war, von Lehrern aufgehalten zu werden, wenn man sich selbstbewusst bewegte.
    Ich setzte mich auf dem Parkplatz in den Wagen meines Vaters, schüttelte mich auf dem Sitz, hämmerte mit den Fäusten gegen das Lenkrad und stieß eine geballte Ladung von Flüchen aus, bis meine Kehle heiser war. Nach einer Weile ließ ich den Wagen an und fuhr zu Sammys Haus. Es war ein warmer, wolkenloser Tag, und während ich durch die Innenstadt von Bush Falls fuhr, begann die völlige Normalität der Straßen den Irrsinn in meinem Kopf zu überlagern, als wollte sie mich überzeugen, dass ich mich täuschte, dass irgendjemand nur ein hässliches Gerücht verbreitet hatte. War es nicht möglich, dass die Versammlung wegen einer völlig anderen Angelegenheit einberufen worden war? Mit jedem Block, an dem ich vorbeifuhr, wurde ich zuversichtlicher, dass Sammy lediglich schwänzte und ich ihn antreffen würde, wie er in seinem Zimmer herumhing und vermutlich vor sich hin grübelte, aber mit Sicherheit am Leben war. Ich würde ihm von dem verrückten Gerücht erzählen, und er würde grinsen und sagen: »Das hätten sie wohl gern«, und ich würde ihm sagen, dass ich mir den Tag freigenommen hätte und ob wir nicht etwas unternehmen wollen.
    Auf diese Weise gelang es mir für den Rest meiner Fahrt, die Wirklichkeit in Schach zu halten. Dann kam ich zu Sammys Block und sah die Streifenwagen vor seinem Haus parken, und die Wahrheit verschaffte sich wieder Respekt wie ein gut gezielter Tritt zwischen die Beine. Ich fuhr an den Straßenrand und saß etwa eine Viertelstunde da, bis Sheriff Muser und ein Hilfssheriff aus dem Haus auftauchten und mit düsteren Mienen in ihre Wagen stiegen. Sobald sie verschwunden waren, verließ ich meinen Wagen und stieg leise die Stufen zur Veranda der Habers hoch. Die Haustür war hinter der Windschutztür versehentlich offen geblieben, sodass ich den langen Flur hinunter und in die Küche blicken konnte, wo Lucy am Tisch saß, den Kopf in die Hände gestützt, und laut und anhaltend weinte.
    Ich weiß nicht, wie lange ich nur so dastand und ihr zusah, erschüttert von der Trostlosigkeit ihrer Wehklage und gelähmt von meinen eigenen Gefühlen von Schmerz und Schuld. Ich hatte mich eben entschieden, zu gehen, als sie zufällig aufblickte und mich hinter der Windschutztür sah. Ich überlegte, ob ich weglaufen sollte, spürte sogar, wie meine Füße in meinen Turnschuhen kehrtmachen wollten, aber ihr Blick fesselte mich

Weitere Kostenlose Bücher