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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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hoch. »Willst du mitkommen?«
    Ich hätte fast Ja gesagt. Seit Waynes Verschwinden und Sammys anschließender Depression hatte ich eigentlich keine Freunde mehr, mit denen ich einfach nur herumhängen und albern sein konnte, und ich merkte, dass es mir fehlte. Aber Carly wartete nackt und bereit oben auf meinem Bett, und das war durch nichts zu schlagen. »Vielleicht morgen«, sagte ich. »Im Augenblick bin ich beschäftigt.«
    Sammy sah an mir vorbei ins Haus und grinste dann. »Das hätte ich mir denken können.« Er wandte sich um und trat auf die Straße und ging um den Chevy seiner Mutter auf die Fahrerseite.
    »Sammy«, rief ich ihm nach.
    »Ja?«
    »Wir sehen uns.«
    Er riss die Tür auf und sah über das Dach des Wagens zu mir herüber. »Mach's gut, Joe«, sagte er.
    Die Endgültigkeit seines Grußes kam mir etwas seltsam vor, als ich die Treppe wieder hochstieg, aber ich hatte nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, denn als ich in mein Zimmer trat, sah ich Carly, die mitten auf meinem Bett auf und ab sprang, noch immer herrlich unbekleidet, und alle Gedanken an Sammy flohen, genau wie mein Blut, augenblicklich aus meinem Gehirn. »Mir ist ein bisschen langweilig geworden«, sagte sie ein wenig verlegen.
    »Das sehe ich.«
    »Hängst du besonders an diesen Shorts?«
    »Eigentlich nicht. Wieso?«
    »Weil ich, wenn du sie in fünf Sekunden immer noch anhast, nach Hause gehen werde.«
    Ich lächelte und stürzte mich aufs Bett, und für die nächsten paar Stunden verfärbte sich die Welt schwarz, und nichts existierte außerhalb des Universums, das von den vier Wänden meines Zimmers umrahmt wurde.
    Etwas später an diesem Abend, nachdem Carly nach Hause gegangen war, holte ich meine Kassette mit Born in the U.S.A . hervor und spielte »Bobby Jean« auf der Stereoanlage. Sammy hatte Recht. Ich hatte nie wirklich auf den Text geachtet, und ich war verblüfft, wie gut er zum Ausdruck brachte, was ich die ganze Zeit über empfunden hatte, seit Wayne die Stadt verlassen hatte. Springsteen vermied es sorgfältig, Bobby Jean auf männlich oder weiblich festzulegen, und überließ es dem Zuhörer, nach seinen Bedürfnissen entsprechende Assoziationen zu entwickeln. Als er die letzte Strophe sang, darüber, wie Bobby Jean irgendwo draußen auf dieser Straße unterwegs ist, mit irgendeinem Bus oder Zug, und. wie sehr er wünschte, er hätte ihn oder sie nur noch ein letztes Mal sehen können, begann ich zu zittern. » I miss you «, kam die Stimme vom » Boss « traurig durch meine Lautsprecher. » Good luck, good-bye, Bobby Jean .« Er verharrte noch einen Takt länger bei dem Namen, und dann kam Clarence' Sax kräftig in den Vordergrund, wimmernd und krächzend mit einer ergreifenden Trostlosigkeit, und ich setzte mich in meinem Zimmer auf den Boden und wippte zu der Musik hin und her, und erst im Nachhinein wurde mir bewusst, dass ich zu weinen begonnen hatte.
    Ich wusste noch nicht, dass Sammy tot war, als ich am nächsten Morgen in die Schule kam und Carly in der Nähe ihres Schließfachs antraf, wo sie mit ein paar Freundinnen kichernd beisammenstand. Als sie mich sah, entschuldigte sie sich und kam herüber gerannt, um mir einen Kuss zu geben. »Na, du Hecht«, sagte sie und passte sich locker meinem Schritt an. »Ich hatte gestern Abend viel Spaß.«
    »Was soll denn dieses ganze Gekicher?«, sagte ich und wies auf ihre Freundinnen, die noch immer angeregt die Köpfe zusammensteckten.
    »Cheryl hat gestern ihre Jungfräulichkeit verloren«, sagte Carly. »Sie war mit Mike bei den Wasserfällen, und irgendjemand ist gesprungen.«
    »Cheryl Sands war noch Jungfrau?«, sagte ich skeptisch.
    »In einem strengen Sinn.«
    »Verstehe. Es ist also wirklich jemand über die Wasserfälle gesprungen?«
    »Das heißt es jedenfalls.«
    »Immer verpasse ich alles Gute.«
    »Wie bitte, Sir«, sagte Carly streng. »Wenn ich mich nicht irre, hast du gestern Abend etwa fünf Stunden lang nur Gutes bekommen, und du musstest nicht einmal warten, bis irgendein Idiot Kopf und Kragen 'riskiert, um es zu bekommen.«
    »Was mich zu einer interessanten Frage bringt«, sagte ich. »Wer ist denn gesprungen?«
    Carly zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Weiß ich nicht.«
    Niemand wusste es. Das Gerücht, das durch die Schule ging, lautete nur, dass in der Nacht zuvor irgendjemand über die Wasserfälle gesprungen war, und die Jungen, die dabei gewesen waren, erzählten stolz ausgeschmückte Berichte von den sexuellen Eroberungen,

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