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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Pulsschlag lang. »Sag mal, was sollte das denn?«
    »Was?«
    »Mein Gott! Du hast in einem fort gequatscht.«
    Er drückte ihre Hand noch einmal. »Entschuldige. Das war nur … Fachsimpelei. Ich hab mich wohl zu sehr hinreißen lassen.«
    »Was sollte das mit dem ›per pedes‹?«
    Luke sah sie verständnislos an. »Wie?«
    »Du hast irgendwas von ›per pedes‹ gesagt.«
    »Nein, hab ich nicht.« Seine Miene unterstrich die Entschiedenheit, mit der er es sagte.
    »Luke, ich hab dich gehört. Du hast was, was von … ›per pedes‹ gesagt. Und der Pilot hat es wiederholt. Grade eben.«
    Er musterte sie kurz, lächelte dann und schüttelte den Kopf. »Das hast du falsch verstanden, Schatz. Wir haben über was Geographisches geredet.« Er hob die Hand wie ein Pfadfinder. »Ehrenwort. Du hast nichts verpaßt.«
    Prue ließ das Thema fallen. Zum einen interessierten die anderen Passagiere sich inzwischen für ihren Verdruß. Zum anderen sollte dieser Moment etwas Außergewöhnliches bekommen, unbelastet bleiben von irdischen Ängsten. Luke empfand es anscheinend genauso. Er schenkte ihr für den Rest des Flugs seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Nur einmal drehte er sich kurz zur Seite, um auf der Innenseite eines Streichholzbriefchens eine kurze Notiz zu machen.
    »Was war das?« fragte sie lächelnd. »Eine Gedächtnisstütze?«
    Luke blickte zerstreut auf.
    »Ich mach das auch immer«, fügte sie hinzu, um nicht neugierig zu erscheinen. »Mein Hirn ist wie ein Sieb.«
    Er lächelte matt und steckte das Streichholzbriefchen in die Brusttasche zurück.
    »Laß uns heute abend tanzen gehen«, sagte er.

Wem sagen wir’s zuerst?
    AlsMichael wieder im God’s Green Earth war, überschüttete er den ewig nachsichtigen Ned mit seinen Rodeoerlebnissen. Doch das Heldenepos litt durch die Wiedergabe. Michaels kurzes Zwischenspiel mit dem engtanzenden Bauarbeiter kam wie eine abgedroschene Wichsphantasie heraus und war nicht mehr das einzigartige, wundervolle Ereignis, als das er es ursprünglich empfunden hatte.
    Weil er die Stimmung vom Wochenende wiederbeleben wollte, schaltete er am Abend auf KSAN eine Country-Sendung ein, doch Willie Nelson bekam inmitten von Rattanmöbeln und Dekokitsch einen sonderbar schalen Beigeschmack. Cowboys sammelten nun mal kein buntes Geschirr.
    Also spazierte er nach unten und rauchte auf der Bank im Vorgarten einen Joint. Das Dope, die Stille und die schmale Mondsichel, die in den Bäumen hing, wirkten zusammen und machten ihn nachdenklicher als sonst.
    Nachdenklich? Ach was! Er war schlicht deprimiert.
    Nichts Umwerfendes natürlich. Es war eine Allerweltsdepression, geboren aus Langeweile, Einsamkeit und einem unausweichlichen Gespür für die immense Belanglosigkeit des Lebens. Er wußte, daß sie vergehen würde. Er würde sie schon vertreiben.
    Doch was sollte er an ihre Stelle setzen?
     
    Die Uhr zeigte 3:47, als das Telefon ihn aufweckte. Er taumelte aus dem Bett und riß den Hörer hoch.
    »Wenn das jetzt nichts Tolles ist!« ließ er den Anrufer wissen.
    »Ist es aber«, kam als Antwort. Mary Anns Kichern war nicht zu verkennen. Michael machte es sich in einem Sessel bequem. »Was ist los, mein Schatz?«
    »Brian und ich heiraten!«
    »Jetzt«
    Erneutes Kichern. »Nächsten Monat. Du bist doch nicht sauer, oder?«
    »Sauer?«
    »Weil wir dich geweckt haben. Wir wollten es offiziell machen. Und unser erster Gedanke war, dich anzurufen.«
    Michael war so gerührt, daß er am liebsten geheult hätte. Doch was folgte, war nichts als Schweigen.
    »Mouse? Bist du noch dran? Du bist sauer, was? Hör zu, wir können morgen früh drüber …«
    »Hast du ’ne Klatsche? Es ist toll, mein Schatz!«
    »Ja, nicht?«
    »Es wurde auch Zeit«, sagte Michael. »Bist du schwanger?«
    Mary Ann brüllte vor Lachen. »Nein! Ist das nicht unglaublich?«
    »Brian etwa?«
    Er hörte, wie sie mit Brian redete. Sie lagen offenbar im Bett. »Er will wissen, ob du schwanger bist.«
    Brian übernahm den Hörer. »Das Miststück hat mir ’nen Braten in die Röhre geschoben.«
    Michael lachte. »Jemand mußte es ja tun.«
    »Bist du allein?« fragte Brian.
    »Wie kommst du denn darauf?« sagte Michael. »Sag Raoul hallo.«
    »He, schon gut …«
    »Keine Bange«, sagte Michael lachend. »Ich hab ihn nur erfunden.«
    »Du bist ein Arsch.«
    »Ich weiß. Tut mir leid.«
    »Ich hatte mir schon einen Frankokanadier mit Bartstoppeln vorgestellt.«
    »Komisch«, sagte Michael, »ich mir auch. Mensch, Brian … es

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