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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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»Warum Gott sei Dank?«
    Mary Ann wurde rot. »Ich … na ja, ich freu mich bloß, daß es jemand weiß.«
    »Und wo liegen sie?« DeDes Frage war wieder an den Besitzer des Ladens gerichtet.
    »Weit nördlich von hier. In der Bering-Straße. Niedliche kleine Dinger. Little Diomede und Big Diomede. Die kleine ist etwa zehn Quadratkilometer groß. Die große etwa … äh, fünfzig oder so. Keine Bäume. Nur Felsen und Eskimos. Die beiden liegen nur ein paar Kilometer auseinander.«
    »Gibt’s dort … irgendwas Besonderes?« fragte Mary Ann.
    Der Mann grinste wie ein Halloween-Kürbis. »Ja, aber das hat nichts damit zu tun, was sie sind, sondern wo sie liegen. «
    »Was heißt daß?« fragte DeDe.
    »Na ja«, sagte der Mann. »Little Diomede liegt in den Vereinigten Staaten und Big Diomede in Rußland.«

Auf dem neuesten Stand
    »Dieses Dreckschwein«, murmelte DeDe, als sie wieder in ihrem Zimmer im Potlach House waren. »Dieses miese bolschewistische Dreckschwein. Herrgott noch mal … Rußland!«
    Mary Ann kam sich hilfloser vor als je zuvor. »Ich hatte ganz vergessen, wie nah wir dran sind«, sagte sie.
    »Wahrscheinlich lebt er dort«, ergänzte DeDe. »Er hat, was er wollte, und jetzt ist er auf dem Weg nach Hause.«
    »Aber die Kreuzfahrt war unsere Idee, DeDe. Woher hätte er wissen sollen, was wir vorhatten? Woher hätte er …?«
    »Vielleicht hat er einfach Glück gehabt. Woher soll ich das wissen? Aber was bringt die Spekuliererei denn? Vielleicht ist er jetzt schon in Moskau!«
    »Nicht unbedingt«, sagte Mary Ann, die DeDes Alaskakarte studierte. »Dazu hätte er phantastische Flugverbindungen gebraucht. Die nächste größere Stadt in der Nähe der Diomedes-Inseln ist Nome, und bis dort sind’s von hier aus fast zweitausend Kilometer. Von da aus müßte er mit einem kleineren Flugzeug auf die Inseln. Außerdem gibt’s zwischen Little Diomede und Big Diomede garantiert irgendwelche Reisebeschränkungen. Das ist ein ganz schön komplizierter Ablauf.«
    »Wenn jemand das schafft, dann er.«
    »Aber dazu braucht man Geld«, konterte Mary Ann.
    »Prue hat behauptet, daß er jede Menge davon hat. In Jonestown hatte er auch Unmengen … ganze Koffer voll … genug, um damit bis ans Lebensende durchzukommen. Wenn er wollte, könnte er sich mit Bestechung von hier bis Timbuktu durchschlagen.«
    Mary Ann suchte krampfhaft nach etwas Tröstlichem. »Wissen Sie, in gewisser Weise hilft uns das alles sogar. Ich meine … es engt unser Suchgebiet ein. Der Mann im Buchladen hat gesagt, daß Little Diomede nur zehn Quadratkilometer groß ist. Da bleibt kein Flugzeug, das dort zu landen versucht, unbemerkt … falls er’s wirklich drauf anlegt, nach Rußland zu kommen.«
    »Ja«, sagte DeDe mürrisch. »Wahrscheinlich.«
    »Wenn wir die Behörden in Nome anrufen, können die …«
    »Nein. Keine Polizei!«
    »Wir brauchen ja nicht zu erzählen …«
    »Nein. Ich hab Ihnen schon gesagt, wie ich dazu stehe.« DeDe schnappte sich ihre Tasche und ging zur Tür. »Zwei Straßen weiter ist ein Reisebüro. Ich klär das mal mit den Flügen nach Nome. In zwanzig Minuten bin ich wieder da.«
    »DeDe …«
    »Wir müssen nur früher dort sein als er. Wenn’s nicht anders geht, mieten wir halt ein Flugzeug. Sobald er auf der Insel landet, sitzt er in der Falle. Mein Gott, wir müssen uns beeilen!« DeDe hielt an der Tür inne. »Ach so … ich nehme doch an, daß sie mitkommen, oder?«
    Mary Ann zögerte, bevor sie so zuversichtlich wie möglich lächelte. »Das nehmen Sie zu Recht an«, sagte sie.
     
    Sobald DeDe gegangen war, rief Mary Ann Brian bei Perry’s an.
    »Ich bin’s«, sagte sie vielleicht ein bißchen zu fröhlich. »Ich lebe, und es geht mir gut.«
    »Und wo lebst du?« Er war begreiflicherweise eingeschnappt.
    »Entschuldige, Brian. Ich hab so was nicht erwartet.«
    Nach einer langen Pause: »Ich hab ja schon mal von Bräuten gehört, die kalte Füße gekriegt haben, aber das ist einfach lächerlich.«
    Sie lachte nervös. »Du weißt, daß es damit nichts zu tun hat.«
    »Geht’s um … die Jonestown-Story?«
    »Ja.«
    »Mensch! Du bist doch nicht in Jonestown, oder?«
    Ein weiteres Lachen. »O Gott, nein. Es geht mir gut. Ich bin mit DeDe unterwegs, und wir müßten in ein paar Tagen wieder zurück sein. Entschuldige, daß ich so ein Geheimnis mache um die ganze Sache, aber ich hab DeDe mein Wort gegeben, daß ich noch nichts verrate.«
    »Du fehlst mir unheimlich.«
    »Du mir auch.« Einen Moment

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