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Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Titel: Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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wird wohl so sein.«
    »Aber ich hatte ein bißchen was gespart, und jetzt hab ich mein eigenes Häuschen in West Portal. Ich mach da eine Kartenboutique. Du mußt mal kommen. Ich geb dir Presserabatt oder so.« Sie lächelte Mary Ann zaghaft an und ahnte wohl, daß es zu dem Besuch nie kommen würde. »Aber du bist sicher fürchterlich beschäftigt.«
    »Ich würde sehr gern mal kommen«, sagte Mary Ann.
    »Vielleicht ist sogar eine Story für dich drin. Es ist ein ganz niedlicher Laden.«
    »Mmm.«
    Connie griff über den Tisch und nahm ihre Hand. Es war eine schwesterliche Geste, die Mary Ann an die Zeit erinnerte, als sie bei Connie in Marina auf dem Sofa kampiert und sich nach frustrierenden Erlebnissen im Dance Your Ass Off die Augen rot geweint hatte. Connie war ihre einzige Zuflucht gewesen, ein wohltuendes Bindeglied zwischen Cleveland und der Hausgemeinschaft in der Barbary Lane.
    »Was ist, Schatz?«
    Mary Ann zögerte. »Wenn ich das nur wüßte«, sagte sie.
    »Worum geht’s denn?«
    »Na ja … Brian wünscht sich so sehr ein Kind.«
    Connie nickte. »Und du nicht, hm?«
    »Doch, schon. Vielleicht nicht so wie Brian … aber ich will auch eins.«
    »Und?«
    »Tja … ich hab vor acht Monaten aufgehört, die Pille zu nehmen.«
    Connie war einen Moment sprachlos.
    »Es hat sich nichts getan, Connie. Null.«
    Connie legte den Kopf schräg und sah sie mitfühlend an. »Und Brian geht an der glatten Wand hoch, wie?«
    »Nein. Er weiß nichts davon. Ich hab es ihm nicht gesagt.«
    Connie machte ein ratloses Gesicht. »Das versteh ich nicht. Du hast ihm nichts gesagt, als du die Pille abgesetzt hast?«
    »Es sollte eine Überraschung werden, Connie. Wie im Kino. Ich wollte sein Gesicht sehen, wenn ich ihm sage, daß ich schwanger bin.«
    »Wie in der guten alten Zeit«, sagte Connie. »Süß.«
    »Jetzt muß ich sein Gesicht sehn, wenn ich ihm sage, daß ich’s nicht bin.«
    »Schöne Bescherung«, sagte Connie.
    »Das Problem ist … es bedeutet ihm so viel. « Sie wählte ihre Worte sorgfältig. »Ich glaub schon, daß er stolz ist auf mich und meine Karriere – ich weiß, daß er es ist –, aber seine Selbstachtung hat schwer gelitten. Er sieht sich als der Kellner, der mit dem Fernsehstar verheiratet ist. Ich meine, er ist herzlich und nett und lieb … und unglaublich sexy … und das hat mir immer genügt …«
    »Ihm aber nicht«, ergänzte Connie.
    »Anscheinend nicht. Das mit dem Baby beschäftigt ihn Tag und Nacht. Ich nehme an, es ist für ihn … etwas, was er der Welt geben könnte, weißt du? Als Vermächtnis. Sein eigen Fleisch und Blut.«
    Ihre Vertraute nickte.
    »Bloß, daß es nicht geht, Connie. Es wird nie gehen.«
    »Du meinst …?«
    Mary Ann nickte. »Ich war beim Arzt. Es liegt nicht an mir.«
    »Und du bist sicher, daß er es ist, der …«
    »Ganz sicher.«
    Connie runzelte die Stirn. »Aber ohne daß sie sein Sperma untersuchen …«
    »Connie … sie haben einen Test gemacht.«
    »Was?«
    »Im St. Sebastian’s, vor einem Monat. Sie haben seine Spermien gezählt, und die paar, die sie gefunden haben, reichen nicht.«
    »Aber ich dachte, du hast ihm nichts gesagt …«
    Sie hätte wissen müssen, daß sie sich nicht davor drücken konnte. »Hab ich auch nicht, Connie. Aber man kann einen Spermatest machen lassen, auch ohne daß … ach komm, Connie … überleg doch mal.«
    Connie überlegte. »Mensch«, sagte sie, »das muß ja heikel gewesen sein.«
    Mary Ann betrachtete ihre Fingernägel und schwieg.
    »Wie hast du das bloß ange …«
    »Connie, bitte … frag mich nicht, ja?« Die grauenhafte Begebenheit jenes aufreibenden Tages noch mal aufzuwärmen – nein, das war das letzte, worauf sie jetzt konnte. Der gehetzte Sprint ins Badezimmer, wo sie das Glas versteckt hatte; ihre jämmerliche Ausrede, um vor dem Frühstück aus dem Haus zu kommen; der chinesische Trauerzug, der fast verhindert hätte, daß sie noch rechtzeitig …
    »Trägt er zufällig Jockey-Shorts?«
    »Was?«
    »Ich hab in ›Dear Abby‹ gelesen, daß die Dinger manchmal zur Sterilität führen.«
    »Nein … das ist es nicht.« Sie fragte sich, ob Brian etwa Jockey-Shorts getragen hatte, als Connie mit ihm geschlafen hatte.
    Beide schwiegen eine Weile. Mary Ann wußte, was Connie jetzt dachte, und so kam sie ihr lieber zuvor.
    »Wird Zeit, daß ich in den sauren Apfel beiße, wie?«
    Connie schaute mit einem kleinen aufmunternden Lächeln von ihrer Tasse hoch. »Sieht so aus, Schatz.«
    Mary Ann fand

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