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Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Titel: Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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sich nicht dein Herz manchmal danach?«
    Michael sah ihn mit tränenverschleierten Augen an und lächelte. »Doch.«
    »Na … und ein Freund wär da ’ne Hilfe, nicht?«
    Das Angebot war ein solches Himmelsgeschenk, daß ihm beinahe wieder die Tränen kamen. »Kleiner, ich hab noch nie nein gesagt zu so einem …«
    »Gibt’s hier ’n Problem?«
    Sie schauten hoch und sahen einen beleibten vierschrötigen Kerl, der die Arme über seinem Schmerbauch verschränkte und finster auf sie herabsah.
    »Entschuldigung«, sagte Michael. »Wenn wir zu laut sind …«
    Wilfred platzte der Kragen. »Wir sind nicht zu laut. Wir sind bloß lieb zueinander.« Er fixierte den Mann wie ein Fuchs, der einen Angreifer belauert. »Warum kümmerst du dich nicht um deinen eigenen Kram, eh?«
    »Paßt mal auf«, sagte der Mann. »Ihr Typen habt eure eigenen Lokale.«
    »Ganz recht, und das ist eins davon. Also schieb ab.«
    Der Mann funkelte ihn noch einen Augenblick an, dann drehte er sich um und ging wieder hinter den Tresen zurück.
    »Scheiß Griechen«, maulte Wilfred. Michael strahlte ihn an. »Wie alt bist du eigentlich?«
    »Sechzehn«, sagte der Junge. »Und ich laß mir nichts bieten.«

Ihre Kleine-Mädchen-Sachen
    Unter der Post, die Mary Ann auf ihrem Schreibtisch vorfand, waren ein paar Werbesendungen: eine Pressemitteilung von Tylenol, in der ein »kindersicherer« Schraubverschluß erläutert wurde; eine Kostprobe Kaugummi, das mit Aspartam gesüßt war; und ein merkwürdiger Plastiktrichter, der sich Sani-Fem nannte.
    Sie ließ alles auf die Tischplatte fallen, setzte sich und drehte den Sani-Fem hin und her. Ideal für Wandertouren, prahlte die Broschüre, oder wenn sich öffentliche Toiletten als unhygienisch erweisen. Der Trichter war so geformt, daß er genau über die Muschi paßte.
    Sie fand das so genial, daß sie einen Juchzer ausstieß.
    Sally Rinaldi, die Sekretärin des Nachrichtenchefs, blieb an der offenen Tür stehen und schaute herein. »Gehaltserhöhung gekriegt, oder was?«
    »Schau dir mal das Ding da an«, sagte Mary Ann grinsend.
    »Was ist das?«
    »Das ist … ein Sani-Fem. Damit kann man im Stehen pinkeln.«
    »Ach komm!«
    Mary Ann hielt ihr die Broschüre hin. »Lies mal.« Sie nahm wieder den Sani-Fem in die Hand. »Das muß ich sofort ausprobieren.«
    Sally wich zurück. »Tja, laß dich von mir nicht stören.«
    Mary Ann lachte. »Im Klo, Sally.«
    »Nur zu.«
    »Ja, und Bambi überrascht mich dabei.«
    Die Sekretärin lachte. »Dann geh halt ins Männerklo. Vielleicht sieht dir William Buckley zu.«
    »Was?«
    »Larry macht ’ne Besichtigungstour mit ihm. In diesem Augenblick.«
    »William F. Buckley Junior?«
    »Ebender.«
    Gott, was für eine Vorstellung! Buckley und Larry Kenan vor der gekachelten Wand, ein leeres Pißbecken als Sicherheitsabstand zwischen sich, wie sie gerade ihr Ding abschütteln, und herein schlenzt die Reporterin, erfolgsgeil und fesch ausstaffiert mit Gabardinehose, weißer Bluse und einer zur Fliege gebundenen schwarzen Samtschleife. Und voilà – da zückt sie auch schon ihren Sani-Fem. Morgen, die Herrn. Wie läuft’s denn so?
    »Na, mach schon«, sagte Sally feixend.
    »Du spinnst«, meinte Mary Ann und verstaute den Trichter im untersten Fach ihres Aktenschranks.
    »Keine Traute«, war Sallys augenzwinkernder Kommentar, ehe sie verschwand.
    Mary Ann verbummelte den Rest des Tages und nahm nach Feierabend den Sani-Fem mit nach Hause. Im Garten vor dem Haus traf sie Mrs. Madrigal, der sie die Vorrichtung zeigte und in knappen Worten erklärte.
    Mrs. Madrigal verzog keine Miene, doch ihre Augen blitzten amüsiert. »Komisch, und ich mußte zweiundvierzig Jahre auf das Privileg warten, es im Sitzen tun zu dürfen.«
    Mary Ann wurde rot. Man vergaß so leicht, daß Mrs. Madrigal erst zur Frau geworden war, als Mary Ann schon in die Pubertät kam.
    »Trotzdem«, fügte die Vermieterin hinzu, um erst gar keine Verlegenheit aufkommen zu lassen, »ich finde es eine fabelhafte Idee … du nicht auch?«
    »Mmm«, antwortete Mary Ann. Eine Eigenheit, die sie von Simon übernommen hatte. »Übrigens … Mouse hat mir geschrieben. Er läßt Sie herzlich grüßen.«
    »Wie lieb von ihm.«
    »Er sagt, Simons Wohnung ist reichlich versifft.«
    Die Vermieterin lächelte. »Englische Aristokraten sind stolz auf ihren Schmuddel.«
    »Ja. Sieht so aus.«
    »Wenigstens erstreckt es sich nicht auf sein Äußeres. Er ist sehr gepflegt, dieser Simon.«
    Mary Ann nickte. »Haben

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