Stadtmutanten (German Edition)
geleert. Damit hatten wir quasi ein Außenlager, zu dem wir zurückkehren konnten, wenn unsere Vorräte knapp würden.
Unser Fluchtplan war durch die Kellerlage der Garage etwas kompliziert. Die Einfahrt war ziemlich steil, so dass man sie nicht allzu schnell passieren konnte. Sollten sich also einige Totenmänner durch das Öffnen der Garage angelockt fühlen und die Einfahrt blockieren, hätten wir ein Problem. Wir könnten sie im Schritttempo auch nicht einfach umfahren, also entwickelten wir einen - wie wir fanden - todsicheren Plan:
Ich ging wieder zurück in den Verkaufsraum und drehte die Jalousie auf. Als die Lamellen sich öffneten, starrte mich der grinsende Totenmann mit dem Loch im Gesicht an. Er hatte sich nicht einen Millimeter von der Stelle bewegt. Als er mich sah, leuchteten seine Augen förmlich vor Freude - wenn eine Kreatur wie diese überhaupt noch Freude empfinden konnte. Trotz des stoßfesten Glases zwischen uns fühlte ich mich unbehaglich. In den Augen des Totenmannes hatte ich mich auf der Stelle in ein Stück Fleisch verwandelt. Ein Brathuhn, das auf den Verzehr wartet. Ich widerstand der Versuchung, den Blickkontakt abzubrechen und zur Garage hinüber zu schauen, um den Beißer nicht auf dumme Gedanken zu bringen. Die anderen Totenmänner hatten sich inzwischen zu ihm gesellt und starrten mich mit den gleichen gierigen Augen an. Dann begann der Grinser, mit der Faust gegen die Tür zu trommeln. Die anderen ließen sich nicht lange bitten und schlugen ebenfalls mit Hingabe auf das Glas ein. Ich betete, dass die Tür standhalten würde. Endlich das erlösende Geräusch! Das Garagentor hob sich quietschend und der Wagen heulte auf. Dann schlug die Beifahrertür zu und der Kombi fuhr auf die Straße. Erlöst zeigte ich den Beißern meine beiden Mittelfinger und rannte durch den Kiosk, durch das Hinterzimmer in den Keller und in die Garage. Dort angekommen musste ich einsehen, dass wir einen Fehler in unserer Planung gemacht hatten: Wir waren wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Totenmänner träge waren und einfach weiter die Tür bearbeiten würden. Taten sie aber nicht. Sie interessierten sich nun für die Einfahrt, aus der das Auto mit dem Frischfleisch gekommen war. Und siehe da: Als der Grinser oben auf dem Bürgersteig stand und auf die offene Garage hinabblickte, kam er gerade rechtzeitig, um mich von innen in die geöffnete Garage stolpern sehen zu können. Er setzte sich in Bewegung. Wenn er und seine beiden Freunde mich in der kleinen Garage stellen würden, wäre ich erledigt. Auf engem Raum drei Angreifer zu bearbeiten, wäre in der Situation zu viel für mich gewesen. Also griff ich mir den Schlüssel, rannte aus der Garage, knallte das Tor zu und wurde unsanft mit solcher Wucht gegen das Tor gepresst, dass mir die Luft wegblieb. Der Grinser hatte sich tatsächlich einfach die steile Einfahrt hinunter fallen lassen und sich unter Ausnutzung der Kräfte, die durch den Sturz freigeworden waren, auf mich gestürzt. Er nahm mich am Garagentor in den Schwitzkasten und biss sich ohne weiteres Zögern am Kragen meiner Lederjacke fest. Die Jacke hatte mir buchstäblich den Hals gerettet. Aber das half mir auch nicht weiter, da ich in seiner Hand war und er sich mit der Zeit ganz sicher am Kragen vorbei bis zum duftenden Frischfleisch vorarbeiten würde. Langsam geriet ich in Panik, das Atmen fiel mir schwer, die Knie wurden weich. Der Knüppel landete laut scheppernd auf dem Boden und mir wurde mal wieder schwarz vor Augen. Mit einer Kraft, von der ich nicht wusste, dass ich sie noch hatte, stieß ich mich verzweifelt mit einem Fuß ab und brachte uns rückwärts zu Fall. Ich holte keuchend Luft. Benommen rappelte ich mich auf und war dabei kostbare ein bis zwei Sekunden schneller als mein Peiniger. Wie im Traum hob ich meinen Knüppel und ließ ihn kraftvoll auf dem Hinterkopf des noch immer knienden Totenmannes niedersinken. Er bewegte sich noch. Kein Volltreffer also, aber effektiv genug, um ihn vorübergehend zu Boden zu schicken. Keine Zeit für einen zweiten Schlag! Die anderen beiden Beißer waren schon auf dem Weg. Einer stand schon kurz vor der Einfahrt. Ich versuchte, den Schüssel ins Schloss zu bekommen um den Job zu Ende zu bringen, aber meine Hände zitterten vor Angst und Anspannung. Der Totenmann oben an der Einfahrt brüllte triumphierend. Jetzt oder nie, der Schlüssel musste ins Schloss. Aber meine Hände versagten mir ihren Dienst. Der Schlüssel fiel
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