Stählerne Schatten
Pause. »Weißt du, ich habe erst heute erfahren, daß ich Vater werde. Wendy erwartet ein Baby.«
»Ohne Scheiß? Hey, das freut mich. Glückwunsch! Ich hab selber drei. Glaub mir, Kinder werden dein Leben ganz schön verändern.« Jamieson musterte McLanahan prüfend. »Du denkst also daran, das Unternehmen abzubrechen?«
»Ich wüßte keinen besseren Grund… « Er zögerte, dachte kurz nach und fügte dann hinzu: »Aber die Jungs, die von den Iranern angegriffen werden, verlassen sich auf uns. Wir müssen ihnen helfen, Tiger. Wir müssen hin.«
»Einverstanden«, sagte Jamieson. »Wir fliegen weiter.«
Der Flug über Afghanistan verlief ruhig und ohne besondere Vorkommnisse, aber das änderte sich sofort, als die B-2A Spirit in den südöstlichen Iran einflog. Ursprünglich hatten sie die spärlich besiedelten nördlichen Gebiete der Provinzen Kennan und Belutschistan überfliegen wollen, aber je näher sie dem iranischen Luftwaffenstützpunkt Sahidan kamen, desto deutlicher zeigte sich, daß sie ihre linke Tragfläche keinem Radargerät zukehren durften. Deshalb flogen sie östlich von Sahidan durchs westliche Pakistan.
Bevor sie die Stadt Sahidan erreichten, schalteten sie ihre »Tarnkappe« kurz aus, um die neueste GPS-Position für das Trägheitsnavigationssystem zu bekommen, mit SAR-Unterstützung die genaue Druckhöhe für den Bordcomputer zu bestimmen, die letzten Meldungen über weitere iranische Angriffe zu empfangen und ihre Zieldaten nochmals zu aktualisieren. »Im Augenblick läuft Phase zwei des iranischen Angriffs«, berichtete McLanahan, während er die Meldungen las. »Der Kriegshafen Kamsa Omani an der Straße von Ormus – zerstört. Der Flugplatz Sib in Oman – schwer beschädigt, fast alle Maschinen der omanischen Luftwaffe zerstört, Der Marinestützpunkt Mina Sultan in den VAE – schwer beschädigt. Das ist der Standort von Madcap Magician… hoffentlich ist den Jungs nichts passiert.«
»Deine Spionagekumpels sind bisher immer gut durchgekommen, stimmt’s?«
»Klar… und sie haben auch ganz gut ausgeteilt«, bestätigte McLanahan grinsend. »Hör dir das an: Durch ein Kommandounternehmen von Mina Sultan aus sind die wiederaufgebauten Luftabwehrstellungen auf der Insel Abu Musa erneut zerstört worden. Einige Verwundete, keine Gefallenen, aber die iranischen Anlagen sind zerstört – Zwei Hawk- und eine Rapierstellungen gesprengt, die Kommandozentrale in die Luft gejagt und die Start- und Landebahn unbenutzbar gemacht. Das klingt allerdings nach meinen Freunden!«
Als die B-2A an Sahidan vorbei nach Südwesten flog, machte das Luftraumüberwachungsradar in Chah Bahar sich erstmals bemerkbar. »Los, wir gehen runter«, entschied McLanahan. Er tippte einige Befehle in den Bordcomputer ein.
»COLA-Modus eingeschaltet.« Auf dem Bildschirm seines Supercockpits rief er eine Darstellung auf, die das Gelände um sie herum aus der Vogelschau zeigte.
»Fertig«, meldete Jamieson. »Taub, stumm und blind – aber bereit zum Konturenflug.« Er schaltete den Autopiloten ein, der den Bomber B-2A mit fünfundsiebzig Meter in der Sekunde sinken ließ. War sein BEADS – die sogenannte Tarnkappe –
aktiviert, konnte der Stealthbomber kein herkömmliches Terrainfolgeradar wie Bomber B-52, F-111, F-15E oder B-1B benützen; er konnte nicht einmal seinen Radarhöhenmesser zur Abstandsmessung verwenden, weil das BEADS alle abgestrahlte Energie absorbierte.
Statt dessen benützte ihr Bomber B-2A das im High Technology Aerospace Weapons Center entwickelte System COLA (COmputer-generated Lowest Altitude). Seine Bordcomputer teilten die gesamte Erdoberfläche in Quadrate mit einer Meile Seitenlänge auf und hatten die jeweils höchste Erhebung innerhalb dieser Quadrate einprogrammiert. Mit Unterstützung des Trägheitsnavigationssystems, dessen Abweichung von der wahren Position des Bombers höchstens hundert Meter pro Flugstunde betrug, wußte das COLA-System, welches Gelände in Flugrichtung lag und wählte automatisch die geringste mögliche Flughöhe – manchmal nur hundert Fuß über Grund. Da die INS-Genauigkeit nach einiger Zeit nachließ, weil bei aktiviertem BEADS keine GPS-Positionsbestimmung möglich war, wählte das COLA-System dann sicherheitshalber etwas größere Höhen, flog aber weiter so niedrig wie irgend möglich.
Das flache Gelände im südöstlichen Iran war von einzelnen Felsgraten durchzogen, die steil in weite Senken mit Sümpfen oder ausgetrockneten Seen abfielen.
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