Staerker noch als Leidenschaft
nicht will, dass du mich nach Hause bringst?“
„Dann wirst du es über dich ergehen lassen müssen, denn ich werde dich nicht in ein Taxi steigen lassen wie eine Prostituierte nach getaner Arbeit“, entgegnete er bitter.
Nicole erwiderte nichts. Sie steckte nur die Haarbürste ein und ging zur Tür. Während Quin neben ihr den Korridor entlangging, wurde ihm klar, dass er sein Ziel nie erreichen würde, wenn er nicht das änderte, was ihrer Meinung nach das grundlegende Problem war: Er war immer derjenige gewesen, der die Richtung ihrer Beziehung vorgegeben hatte.
Irgendwie musste er dafür sorgen, dass das anders wurde. Doch nicht jetzt, nicht was das Nachhausebringen betraf.
„Wann soll ich morgen zu euch kommen?“, fragte er, als sie im Aufzug nach unten fuhren.
Sie hielt den Kopf leicht vorgebeugt, ihr Haar verdeckte ihr Gesicht wie ein seidiger Vorhang. „Zoe wird vor Aufregung und Ungeduld schier platzen, wenn du nicht schon früh am Morgen erscheinst“, antwortete sie spröde. „Neun Uhr wäre gut, zehn spätestens.“
„Sage ihr, ich bin um neun da.“
„Vergiss die Kette nicht.“
„Bestimmt nicht.“
Sie sah ihn nicht an, als sie nickte.
Quin biss sich auf die Zähne. Der Konflikt zwischen ihm und Nicole saß tiefer. Die Nächte, die sie bisher miteinander geteilt hatten, reichten nicht aus, um das Gefühl in ihr zu beseitigen, in der Vergangenheit von ihm immer hintangestellt worden zu sein. Es war gut möglich, dass Nicole auch jetzt dachte, sie stehe hinter ihrer Tochter an zweiter Stelle zurück. Schließlich hatte er erst von Heirat gesprochen, nachdem er von Zoe erfahren hatte.
Schlechtes Timing.
Mit Nicole war es immer schlechtes Timing gewesen.
Er musste sich dringend etwas Neues einfallen lassen, um sie zurückzugewinnen.
Der Wagen wartete auf sie, als sie unten in der Lobby ankamen. Der Portier hielt die Beifahrertür für Nicole auf. Sie stieg hastig ein und schnallte sich an. Während all der Zeit würdigte sie Quin keines Blickes.
Morgen ist auch noch ein Tag, rief er sich ihre Worte in Erinnerung, um seine hilflose Enttäuschung unter Kontrolle zu halten. Der Portier schlug Nicoles Tür zu, Quin ging um das Auto herum und ließ sich hinter das Steuer gleiten. Während er den Gang einlegte und anfuhr, wandte er das Gesicht zu Nicole, suchte ihren Blick. Sie hielt den Kopf gesenkt, hatte die Lider niedergeschlagen, doch ihre Wimpern konnten die Tränen nicht aufhalten, die unablässig über ihre Wangen rollten und nasse Spuren hinterließen.
Der Schreck fuhr Quin bis ins Mark.
Solange er Nicole kannte, hatte er sie nie weinen gesehen. Die Gewissheit, für diese Tränen verantwortlich zu sein, glich einem Schlag in den Magen und raubte ihm den Atem.
Was hatte er gesagt, das sie so verletzte? Was hatte er nur getan?
In seinem Kopf wirbelten diese Fragen und die Bilderfetzen des Tages, während er mit automatischen Bewegungen den Wagen zurück nach Burwood lenkte. Unmöglich, das Bild von Nicole abzuschütteln, wie sie dasaß, zu Tode betrübt, unfähig sich zu wehren gegen ihr scheinbar geschlossenes Schicksal. Sie konnte ihm nicht entkommen, so sehr sie es auch versuchte, allein weil er der Vater ihrer Tochter war.
Ihr zu versichern, dass er ihr nie wehtun würde, war unnütz. In der Vergangenheit hatte er sie verletzt. Das Versprechen, dass so etwas nie wieder geschehen würde, musste in ihren Ohren wie Hohn klingen. Warum sollte sie ihm auch glauben, wenn sie an die früheren Erfahrungen mit ihm zurückdachte.
Worte waren zwecklos. Sie zurück in sein Bett zu holen war ebenfalls zwecklos gewesen. Das hatte es früher schon alles gegeben.
Die dreizehnte Nacht. Die folgenden Nächte zwischen ihnen mussten anders werden, er musste Nicole zeigen, dass alles zwischen ihnen jetzt anders war. Vielleicht sollte er eine Party arrangieren. Freunde einladen, ihre Freunde und seine. Zum Beispiel das Paar, das er im Havanna Club getroffen hatte, Jade und Jules. Wenn andere Menschen anwesend waren, würde sie sich vielleicht in seiner Gesellschaft endlich entspannen. Und wenn er sie in seine Kreise einführte, so bewies ihr das, dass er sie an seiner Seite wissen und nicht nur das Bett mit ihr teilen wollte.
Eine Polizeisirene ertönte, Quin schaute automatisch auf den Tachometer. Nein, er fuhr nicht zu schnell, auch wenn die nächtlich leere Straße dazu verleiten konnte. Getrunken hatte er ebenfalls nichts, also war alles in Ordnung. Vielleicht war das ja auch die Sirene
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