Stahlfront 5: Yes, we can
Händen da. Es wird uns nichts anderes übrigbleiben als darauf zu hoffen, daß wir den Verrätern viel zu unwichtig, ja zu gleichgültig waren, um sich die Mühe mit der Liste zu machen .«
Der Major sah das genauso. Jetzt blieb den Überlebenden der Verschwörung, die noch nicht enttarnt worden waren, nur noch das Prinzip Hoffnung.
Das Licht der künstlichen Sonnen im Reich Thule wurde erstmals seit dem versuchten Völkermord wieder zurückgefahren. Die Gefahr durch das heimtückische Giftgas war endgültig vorüber, wie Manfred aus den Pressemitteilungen des OKT wußte.
Die mit Spezialanzügen in den Notausstiegsstunnel vorgedrungenen Pioniere vom Kampfmittelräumdienst hatten sogar schon Schwierigkeiten gehabt, noch ausreichend Proben des Gases für die Beweissicherung zu finden.
Nun drohte Thule jedenfalls keine Gefahr mehr durch das lautlose, unsichtbare Gift, und man konnte die Sonnen für die Nacht beruhigt abschalten.
Noch allerdings befanden sie sich im Dämmerungsmodus, der von einem Sonnenuntergang über München nicht zu unterscheiden war.
Es war gerade noch hell genug, daß Manfred, der seit Stunden in dem Gebüsch auf der anderen Straßenseite gegenüber der Ausfahrt von Uschi Brauns Hof hockte, erkennen konnte, wer am Steuer des Truppenfahrzeugs saß, das nun über den Weg geschaukelt kam und auf die Landstraße Richtung Neu-Berlin einbog: Major Dieter Kempowski.
Der hingegen war viel zu sehr damit beschäftigt, nach rechts und links zu schauen, um sicherzustellen, daß niemand in der Nähe war, der ihn hätte sehen können. Für das Gebüsch, in dem sich Manfred, der nun wirklich alles andere als ein Pfadfinder war, mehr recht als schlecht verborgen hatte, hatte der Offizier keinen Blick übrig.
Der ganze Vorgang dauerte nur wenige Sekunden, und doch hatte er sich für Manfred gelohnt. Vorsichtig zog er sich zurück und ging dann außerhalb der Sichtweite von Uschis Grundstück zum Wagen zurück. Er ließ sich Zeit, denn es tat nicht nur gut, die vom stundenlangen Hocken im Gebüsch malträtierten Knochen zu strecken und zu bewegen. Manfred brauchte Zeit zum Nachdenken.
Er hatte Kempowski auf der letzten Weihnachtsfeier im OKT kennengelernt. Uschi hatte ihm den Major vorgestellt. Manfred war davon überzeugt gewesen, daß Kempowski über seine Homosexualität im Bilde war, denn er hatte sich eingebildet, eine ablehnende, ja feindselige Haltung aus dessen Blick herauszulesen.
Am nächsten Tag erschien Uschi Braun wieder an ihrem Arbeitsplatz bei den »Thule-Nachrichten«, aber sie wirkte geistesabwesend und übermüdet, so als habe sie die ganze Nacht nicht geschlafen.
Sie hob noch nicht einmal die Augen, als Manfred ihr die aktuelle Ausgabe von heute auf den Tisch legte. Er hatte die Seite 2 aufgeschlagen und die Überschrift seines ganz oben abgedruckten Kommentars mit fettem rotem Filzstift markiert: „Eiskalt geplant - die Vernichtung eines ganzen Volkes« stand da zu lesen. Doch Uschi machte sich nicht einmal die Mühe, so zu tun, als würde sie einen Blick darauf werfen.
»Ich bin ja sowas von fertig !« jammerte sie. »Ich brauche erst einmal eine ganze Kanne Kaffee, um halbwegs Mensch zu werden. Wärst du so nett, Süßer ?«
Manfred war so nett, auch wenn Kaffeekochen nicht wirklich zu seinen Aufgaben zählte.
Aber während er umständlich mit Filtertüten, Wasserkanne, Kaffeepulver und der Maschine hantierte, konnte er Uschi beiläufig Fragen stellen, ohne daß die eine Handhabe hatte, ihn aus dem Büro zu werfen.
»Die Sache mit den abgeschalteten Sonnen war ja der Hammer«, begann er beiläufig. »Ich glaube, ich werde eine Reportage darüber schreiben .«
»Tu, was du nicht lassen kannst! Wo bleibt mein Kaffee ?« Uschi war heute so charmant wie schon lange nicht mehr.
»Kommt gleich. Für Licht und Wetter ist doch der technische Innendienst zuständig. Kennst du zufällig jemanden von denen ?« Wie beiläufig blinzelte Manfred unter seinen langen Wimpern unauffällig in den kleinen Schminkspiegel, den Uschi neben der Kaffeemaschine angebracht halte. Er sah, daß sie wie elektrisiert hochschoß aus ihrem Elend. Aber sie war viel zu mitgenommen, um zu bemerken, daß sie beobachtet wurde.
»Nein !« antwortete sie eine Spur zu hastig und zu laut.
»Was ist denn mit diesem Major, den du mir auf der letzten Weihnachtsfeier vorgestellt hast? Hat der sich nicht von den Gorgern zum Innendienst versetzen lassen ?« Im Spiegel sah Manfred, wie Uschi bleich wurde. »Wie hieß
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