Stahlfront 5: Yes, we can
betrieb.
Natürlich hatte er Wittmann und auch Behrens, der im Reich Thule immer bekannter wurde, schon auf Fotos gesehen. Doch das nutzte ihm wenig, da jeder seiner 32 Passagiere eine der hochentwickelten Folienmasken trug, die von natürlicher Haut nicht zu unterscheiden waren und einem Gesicht doch ein völlig anderes Aussehen verliehen. Nur so konnten sich die Männer unbehelligt in der BRD bewegen, da sie ganz oben auf den Fahndungslisten der Behörden standen.
Selbstverständlich hatte auch jeder für Notfälle den passenden Personalausweis dabei, der allen polizeilichen Überprüfungen standhalten würde. Ein Einsatz wie dieser mußte gründlich vorbereitet werden. Denn obwohl sie sich in ihrer eigentlichen Heimat aufhielten, galten sie hier weniger als Fremde - sie waren Feinde.
Wittmann saß vorne neben dem Busfahrer. »Wo werden wir untergebracht ?« fragte er.
»Im neusten Betrieb meiner kleinen Unternehmensgruppe, dem Hotel zum Feldherrn«, erklärte Wiesenstätter. »Es bietet momentan noch nicht viel Luxus, aber ich kann Sie dort unauffällig unterbringen, weil noch keine anderen Gäste im Haus sind .«
»Gut.« Im Einsatz war schon ein nur halbwegs trockener Platz zum Schlafen Luxus genug für den Hauptmann. Neugierig fragte er: »Sie sind Busunternehmer. Wie kamen Sie auf die Idee, ein Hotel zu betreiben ?«
»Das war eher Zufall. Ich habe von einer Zwangsversteigerung erfahren, bei der Immobilien unter den Hammer kamen. Ich wollte ein bißchen Geld anlegen, doch die meisten Häuser waren immer noch viel zu teuer für mich... Sie kennen ja die Münchener Immobilienpreise .«
Magnus nickte.
»Aber das Hotel war wohl schon mehrmals vergeblich angeboten worden und ging deshalb jetzt ohne Mindestgebot weg. Ich hätte mißtrauisch werden müssen, als ich für kaum mehr als ein Zehntel des Marktwertes den Zuschlag bekam. Leider traf ich den früheren Besitzer erst nach dem Termin. Die Geschichte, die der Mann zu erzählen hatte, war ebenso unfaßbar wie typisch für unser heutiges System .«
»Warum erzählen Sie sie mir nicht? Bis München ist es noch weit .«
Walter Hofer hatte lange gespart, bis er sich seinen Lebenstraum erfüllen und ein kleines Unternehmen kaufen konnte, in dem er sein eigener Herr war. Das »Hotel zum Feldherrn« war weder besonders groß noch besonders komfortabel, aber es lag am Rande der Münchener Altstadt und hatte großes Potential.
Hofer, ein lang aufgeschossener Schlacks Ende 30, hatte nicht nur all sein Erspartes in das Haus gesteckt, sondern auch einen nicht unerheblichen Kredit aufgenommen. Den hoffte er zügig abtragen zu können, denn er war ein Arbeitstier. Und seine Frau rackerte ebenfalls mit im Hotel. Was den Hofers an Geld fehlte, ersetzten sie durch eine »Muskelhypothek«.
Links war ein kleiner Supermarkt an das Haus angebaut, im Prinzip nicht mehr als eine kleine Halle mit ein paar Nebenräumen. Das Gebäude war schon in den 50erjahren errichtet worden, und um Kosten zu sparen, hatten sich die damaligen Besitzer darauf geeinigt, den Markt vom Hotel aus mit Strom und Wasser zu versorgen. So mußten keine neuen Leitungen gelegt werden, und statt eines teuren Neuanschlusses hatte der Bauherr des Geschäftes nur die Nebenzähler im Hotel bezahlen müssen. In den schweren Jahren des Neuaufbaus nach dem Krieg waren solche Lösungen fast alltäglich gewesen.
Als Hofer das Hotel übernahm, waren die alten Bauherren schon lange tot. Der Supermarkt gehörte einem Türken namens Bülent Erdogan, der ihn an eine Handelskette vermietet hatte.
Doch für die heutigen Anforderungen war der Laden einfach zu klein, und vor fünf Jahren war der Mietvertrag nicht mehr verlängert worden. Der Supermarkt hatte geschlossen, und Hofers Probleme hatten angefangen.
Anfangs hatte er bei Erdogan angefragt, ob er ihm den Markt abkaufen könne, doch die Preisvorstellungen des Türken waren abenteuerlich gewesen. Der hatte lieber wieder vermietet -diesmal an einen eingetragenen Verein namens »Kirche der christlichen Cigäny«.
Plötzlich war die enge Straße, an der das Hotel lag, an jedem Wochenende völlig zugeparkt und unpassierbar. Gäste, die den »Feldherrn« mit dem Auto erreichen wollten, konnten das gerade an den beiden umsatzstärksten Tagen der Woche nicht und blieben weg.
Die »Kirchgänger« aus einer »mobilen ethnischen Minderheit«, wie Zigeuner in der BRD heutzutage im Amtsdeutsch genannt wurden, müllten die Straße zu und benahmen sich auch sonst recht
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