Stahlfront 5: Yes, we can
Wasserrechnungen hören wollte und jedes Wort in dieser Richtung aus seinem Bericht herausschneiden würde.
Wiesenstätter allerdings tat ihm nicht den Gefallen, irgendwelche »fremdenfeindlichen« Äußerungen fallenzulassen. Statt dessen berichtete er von der Freundlichkeit der Nachbarn und der wunderschönen Musik, mit denen bei ihren Gottesdiensten die gesamte Nachbarschaft unterhalten wurde.
Am nächsten Wochenende kam es erneut zu einem Rockerüberfall auf die Zigeuner, und von da an stand die »Kirche« leer.
Nun flössen auch keine Mietzahlungen an Erdogan mehr, und Wiesenstätter machte ihm ein faires Übernahmeangebot für sein Gebäude. Doch so schnell gab der Türke nicht auf, an eine »Kartoffel« verkaufen wollte er auf keinen Fall.
Er änderte seine Meinung allerdings sehr rasch, als ihn eines Abends ein freundlicher Muskelmann in Kutte besuchte und erklärte, nicht nur ein neuer Mieter des Ladengeschäftes könne die gleichen Probleme wie die Zigeuner bekommen, sondern auch Erdogan selbst.
Eine Woche später war der Kaufvertrag zwischen dem Türken und Wiesenstätter notariell besiegelt.
»Ich wette, nicht die Hälfte von dem, was Sie uns gerade erzählt haben, ist wirklich wahr«, giftete Manfred, der in der zweiten Reihe direkt hinter Wittmann saß. »Rocker auf friedliche Kirchgänger hetzen... so tief kann nur ein Thule-Nazi sinken !«
Wiesenstätter wurde bleich, faßte sich aber gleich wieder. »Was ist denn das für einer ?« fragte er Magnus. »Ich habe ja schon so einiges über diesen Behrens gehört, aber der verdreht ja die Wahrheit genauso wie unsere bundesdeutsche Journaille !«
»Brauchen Sie jetzt schon Schützenhilfe von unserem Oberarier ?« ätzte Manfred zurück. »Sie dürfen mich gerne direkt ansprechen, auch wenn Sie wissen, daß Sie mir argumentativ nicht gewachsen sind !«
»Ich darf sogar noch viel mehr! Ich darf Ihnen direkt eine zwischen Hals und Nacken geben, wenn mir danach ist. Kleiner! Aber ich will mal nicht so sein! Sobald wir in München sind, werde ich Ihnen sämtliche Unterlagen zeigen. Und sie dürfen auch gerne mit Herrn Hofer reden und den Anwohnern der Straße !«
Manfred gab ein undefinierbares Grunzen von sich, sagte aber nichts mehr. Magnus hingegen fragte: »Warum wollten Sie denn den Anbau unbedingt kaufen, Herr Wiesenstätter ?«
»Ich habe vor. einen Durchbruch zu meinem Hotel zu schaffen und den ehemaligen Supermarkt zum Restaurant umzubauen. Der >Feldherr< selbst hat nur einen kleinen Speiseraum und ist so nicht mehr entwicklungsfähig. Aber mit einem zum Hotel gehörenden Sternerestaurant könnte der Laden eine Goldgrube werden .«
»Klingt vielversprechend. Wann ist die Einweihung ?«
»Frühestens Mitte 2012 .« Der Mann am Steuer seufzte. »Sie machen sich keine Vorstellungen von dem Papierkrieg, den man in der BRD führen muß, wenn man alles ordnungsgemäß ausführen will und nicht einfach auf alle Vorschriften pfeift wie der nette Herr Erdogan. Bauamt und Gewerbeaufsicht machen mir Schwierigkeiten, wo immer sie nur können .«
Manfred Behrens verzog spöttisch das Gesicht. »Kann es sein, daß sich Erdogan einfach mehr getraut hat als Sie ?«
»Kann es sein, daß Sie nicht mal den Anflug einer Ahnung haben ?« gab Wiesenstätter genervt zurück. »Bei Ausländern kontrollieren die schon lange nicht mehr. Das könnte ihnen ja negative Presse einbringen. Aber wehe, ein Deutscher will etwas auf die Beine stellen. Da wird lieber dreimal kontrolliert als einmal genehmigt. Irgendwo müssen sich die Herren Beamten ja noch austoben, und wenn sie Deutsche schikanieren, interessiert das die Zeitungen einfach nicht .«
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10. »Der neue Faschismus wird nicht sagen:Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus .«
(Ignazio Silone)
Der Speiseraum des Hotels zum Feldherrn war wirklich klein und atmete noch immer den sparsamen Charme der 50erjahre.
An diesem Dienstagabend gehörte der Raum Wittmanns Einsatzgruppe - genau wie das ganze Hotel. Der Besitzer mußte sich um sein Busunternehmen kümmern, und Personal gab es noch nicht, weil das erst wieder eingestellt werden sollte, wenn das Haus renoviert war - und sein Restaurant im Nebengebäude hatte. Die Soldaten waren es gewohnt, sich selbst zu versorgen, und selbstverständlich hatten sie für Manfred Behrens mitgekocht. Nun ging es um die Besprechung des morgigen Einsatzes, bei der Behrens ebenso selbstverständlich anwesend war.
Wittmann faßte die Planung zusammen:
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