Stahlhart
auf.«
»Das habe ich schon so oft von dir gehört. Als du zu Hause ausziehen musstest, nach unzähligen Polizeibesuchen, nachdem du in der Schule rausgeflogen warst und, und, und. Jedes Mal kam dieser Satz von dir.«
»Schwesterlein, glaub mir doch, ich höre auf. Die werden mich umbringen.«
Britta ließ sich nicht erweichen. Nachdem sie Ulf im Café hatte sitzen lassen, kam sie völlig aufgelöst nach Hause. Rainer wunderte sich zwar, aber Britta erzählte nichts.
»Es hat Ärger mit Ulf gegeben«, war ihr einziger Kommentar. Wie stark Rainer auch versuchte nachzubohren, Britta verriet nichts. Die Stimmung war natürlich dahin. Britta stocherte lustlos in ihrem Essen herum und wich Rainers Blicken aus. Erst als beide später auf dem Sofa saßen, schmiegte Britta sich an Rainers Brust und fing leise an zu weinen.
8
Rainer traf sich am nächsten Tag mit Roland Ernst im Lankenauer Höft. Inzwischen gab es so etwas wie einen Mittwochstreff. Jede Woche um die gleiche Zeit saßen beide zusammen. Rainer wollte den Bezug zu seinem alten Thema, außerdem sah er Roland inzwischen als engen Freund an.
»Kannst du mir über deine Hannoveraner Kollegen erste Informationen zum anstehenden Prozess besorgen?«, bat er den Kommissar.
»Jens hat mich auch schon gefragt. Was interessiert dich besonders?«, entgegnete der.
Rainer lieh Roland seinen Stift, damit er sich Notizen machen konnte.
»Ich schreibe ja mehr über die politischen Hintergründe«, begann er dann. »Vielleicht könntest du mir was vom Verfassungsschutz besorgen?«
»Das wird schwierig werden. Mal sehen, was sich machen lässt.«
»Ich finde das nicht sehr fair«, ging Jens ihn überraschend an, als Rainer das Großraumbüro der Redaktion betrat.
»Was findest du nicht fair?«, tat der überrascht.
»Ich finde es nicht fair, dass du meine Quellen anzapfst.«
»Du meinst Roland Ernst. Was soll daran nicht fair sein?«, fragte Rainer. »Roland ist erstens ein Freund von mir, zweitens muss ich mich ebenfalls vorbereiten und einarbeiten und was du drittens vergisst, ist, dass deine Quelle von mir an dich übergeben wurde. Roland war lange vor dir meine Kontaktperson bei der Polizei. Also komm wieder runter.« Rainer stellte mit Besorgnis fest, dass Jens die Zusammenarbeit zwischen ihnen tatsächlich eher als Konkurrenz ansah.
Roland Ernst hatte beide Journalisten inzwischen in gleicher Weise mit Informationen über die Neonazi-Szene versorgt, so gut er es gekonnt hatte. Mit ihren Notizen im Gepäck fuhren Rainer West und Jens Goldstein zwei Tage später zusammen nach Hannover.
Rainer musterte seinen Kollegen von der Seite.
»Kann es sein, dass du in unserem Auftrag einen Wettbewerb siehst?«
»Wie meinst du das?«, gab Jens zurück.
»Ich finde, wir sollten unser Wissen austauschen, um beide auf dem bestmöglichen Stand zu sein.«
Jens schüttelte den Kopf. »Hier geht es auch darum, Geld zu verdienen. Ich glaube nicht, dass uns die Zeitung beiden so viel Platz einräumt. So interessant ist die Story für die Leserschaft nun auch wieder nicht, dass sich das rechnen würde. Also stellt sich die Frage: Du oder ich? Ich für meinen Teil brauche das Geld.«
»Ich sehe das nicht ganz so wie du. Wenn wir beide hingeschickt werden, werden beide Ressorts zu Wort kommen.«
Der erste Prozesstag brachte nur allgemeines Geplänkel. Die Anklage warf den vier Beschuldigten vor, spätabends einen Anschlag auf ein von Afrikanern betriebenes Restaurant verübt zu haben. Brandsätze waren durch zwei Fenster geworfen worden. Als der Besitzer und zwei Familienmitglieder aus den Räumen stürmten, hatten die Angeklagten diese brutal mit Baseballschlägern attackiert und krankenhausreif geschlagen. Als Stellungnahme der Angeklagten wurde ein Pamphlet verlesen. Ergüsse von geistig Verwirrten, voll mit politisch-populistischem Geschwätz. Der Tag ging vorüber, ohne dass für Rainer West eine Eröffnungsstory drin gewesen wäre. Für ihn würden die Zeugenaussagen ergiebiger werden. Auf der Rückfahrt von Hannover erklärte Rainer Jens Goldstein seine Einstellung.
»Das war heute ein Tag für dich. Für mein Ressort gibt es keinerlei Interessantes. Ich schreibe dazu nichts. Du kannst den Eröffnungsartikel komplett übernehmen.«
Von Jens kam nur ein halbherziges: »Danke.« Ihm war auch klar, dass Rainer keinen Ansatz gefunden hatte. Das verlesene Statement der Angeklagten war sicher nicht erwähnenswert für das Politik-Ressort.
Später traf sich
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