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Stahlhart

Titel: Stahlhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volkmar Joswig , Henning von Melle
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Rainer wieder mit Roland Ernst. Britta war zu ihrer Mutter in die Klinik gefahren. Da es ein lauer Abend war, hatten die beiden Freunde beschlossen, sich bei Port Piet in Findorff am Torfhafen zu treffen. Bei einem Flammkuchen erzählte Rainer vom Prozess.
    »Wie zu erwarten war, kam von den Angeklagten nur propagandistisches Geschwätz: Deutschland den Deutschen, die türkische Gefahr durch Unterwanderung, Wegnahme von Arbeitsplätzen, die üblichen Plattitüden eben.«
    »Ich hatte mich schon gewundert, wieso ihr mit zwei Mann da hinsollt«, stimmte Roland Ernst zu. »Solch eine Sensation ist ein Prozess dieser Art nun wirklich nicht mehr.«
    »Ich soll mich eben einarbeiten«, erklärte Rainer. »Ich soll die politische Komponente übernehmen.«
    Roland nickte. »Etwas anderes«, fragte er dann, »wie läuft es privat bei dir? Ist etwa stille Messe zwischen euch beiden, weil du abends so oft zur Verfügung stehst?«
    »Eigentlich läuft alles prima. Britta ist die Frau meines Lebens. Zurzeit ist sie nur täglich bei ihrer kranken Mutter. Da habe ich sozusagen frei. Wahrscheinlich wird das noch eine Weile so weitergehen.«
     
    Der nächste Tag in Hannover brachte erste Aussagen von Zeugen, die die Angeklagten wiedererkannten, obwohl es auch widersprüchliche Aussagen gab. Da sich die Typen der Szene optisch sehr ähnelten durch ihre Kleidung mit oft dunkelgrünen Blousons und den kurz geschorenen Köpfen, wollten zwei Zeugen sich nicht auf die Beschuldigten festlegen. Tatsächlich machten sie vor Gericht einen eingeschüchterten Eindruck, aber diesbezügliche Rückfragen wurden vehement verneint.
    Tags darauf rief sehr früh morgens Jens Goldstein bei Rainer an und meldete sich für Hannover ab. Am Abend zuvor war in Wildeshausen der Leiter einer Filiale der Oldenburgischen Landesbank überfallen worden. Ein Unbekannter war in sein Haus eingedrungen, um ihn zu zwingen, mit ihm in seine Bank zu fahren.
    Als sich der Mann weigerte, brachte der Täter dessen Ehefrau in seine Gewalt. Bei dem Versuch, seiner Frau zu helfen, kam es zu einem Handgemenge, bei dem der Filialleiter von dem Unbekannten erschossen wurde. Unklar war noch, warum er daraufhin ebenfalls die Ehefrau hinrichtete. Die Polizei machte aus ermittlungstaktischen Gründen keine genaueren Angaben. Allerdings war durchgesickert, dass der Banküberfall dadurch zwar gescheitert war, der Täter jedoch Beute im Haus des Filialleiters gemacht hatte.
    Der Prozess in Hannover brachte weitere Zeugen- und Gutachteraussagen. Dazu schrieb Rainer Artikel. Grundsatzfragen zur Politik, ob es sinnvoll sei, die Wehrsportgruppen, die weniger die Fitness als umso mehr ideologische Schulungen ihrer Mitglieder zum Ziel hatten, nur vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Rainer schrieb darüber, dass es geheime Zeichen zur Kommunikation zwischen den Beteiligten gab. Bestimmte Aufdrucke auf den T-Shirts galten als Erkennungsmerkmale. Die Zahl 88 wurde als Gruß getragen. Der achte Buchstabe des Alphabetes ist das ›H‹. 88 ergab ›HH‹ und das wiederum bedeutete ›Heil Hitler‹. Die Zahl 18 stand dementsprechend für ›AH‹, ›Adolf Hitler‹.
    Wie Jens Goldstein es vorausgesehen hatte, gingen meist die Artikel von Rainer in Druck und erschienen auf der ersten oder zweiten Seite des ›Weser Boten‹. Goldsteins Artikel kamen, wenn überhaupt, im Innenteil des Blattes. Die Stimmung zwischen Rainer West und Jens Goldstein war inzwischen etwas getrübt, die ungleiche Situation ließ in Jens einen gewissen Neid aufkommen.
    Jens war am nächsten Tag allein mit dem Zug unterwegs, während Rainer später mit dem Auto nachkommen wollte. Er führte noch ein Gespräch mit dem Chefredakteur über seine Artikel und die Bedeutung seiner Prozessbeobachtungen. Rainer sah keine Notwendigkeit, weiter nach Hannover fahren zu müssen.
    »Die Angeklagten sind kleine Fische, die man an die Wand nagelt, während die Hintermänner ungeschoren davonkommen. Solche Prozesse hat es schon häufig gegeben. Lassen Sie das den Jens allein machen. Der kriegt das auch hin«, war er überzeugt.
    Jens Goldstein machte sich derweil in Hannover ganz andere Gedanken. Er sah sich als Opfer und war überzeugt, dass Rainer beim Chef gegen ihn intrigierte, um seine Position beim Prozess und im Kampf um die Artikel zu stärken.
    »Okay, Rainer, machen wir es so: Du fährst heute noch mal hin und wenn nichts Sensationelles passiert, sagst du Jens, er soll das allein übernehmen.«
    Vor diesem Hintergrund

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