Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
jetzt losfahren, sind wir in ein paar Stunden da, oder?«, fragte sie.
    Er sah sie an, die Hand am Zündschlüssel. »Die Polizei würde diesen Wagen erkennen. Und bis zu dem Luftwaffenstützpunkt kämen wir mit dem hier sowieso nicht - gestern Nacht hab ich's versucht, Fehlanzeige. Ich weiß, wo wir uns einen anderen Wagen besorgen können, aber das geht nicht vor Tagesanbruch. Danach muss ich mich noch kurz mit jemandem treffen. Und dann fahren wir los.«
    Jenseits der Bäume sah man blaue Polizeileuchten blitzen und durch das Regengetrommel auf dem Wagendach war auch das Heulen von Polizeisirenen vernehmbar. »Wann wird es hell?«, fragte sie. »In drei Stunden?«
    Er nickte.
    »Ich will diese Beweise unbedingt«, sagte sie.
    »Lass uns einfach bis dahin abwarten.«
    Der Regen trommelte aufs Dach.
    »Weißt du, Aspen Slade sucht doch schon die ganze Zeit nach dieser schriftlichen Zeugenaussage über das, was damals auf dem Luftwaffenstützpunkt passiert ist.«
    »Die werden wir jetzt bestimmt nicht finden. Daisy hat das Dokument vor ihm versteckt, genau das macht ihn ja so rasend. Auf der Suche danach hat er sie und Charlie Fenner ermordet. Im Luftfahrtmuseum hat Aspen gesagt, Daisy habe das Dokument an einem Ort versteckt, an den jeder zuletzt denken würde, irgendwas in der Art. Das kann nun wirklich überall sein.«
    »Der Ort, an den jeder zuletzt denken würde?«
    Wasser strömte über die Scheiben und die Straßenlaterne ging flackernd an und aus.
    »Denk nach, Tom. Denk an all die Orte, an denen Daisy es versteckt haben könnte. An all die Menschen, mit denen sie zu tun hatte. Wer ist der eine, auf den man niemals käme, der letzte Mensch, bei dem man das Dokument vermuten würde?«
    Sie betrachtete ihn, während er nachdachte. Die genähte Stirnwunde war dunkel verschorft, er hatte Stoppeln auf den Wangen und roch nach Seife und dem feuchten Pelz seiner Parkakapuze. Ein typischer Engländer.
    Plötzlich sah er auf die Uhr und ließ den Motor an. »Es gibt da jemanden, der sich sehr für Daisy interessiert hat. Ich erinnere mich, dass ich mir nicht recht schlüssig war über ihn.«
    »Und wo ist der jetzt?«
    »Vermutlich in seinem Wohnwagen.«
    Ich wartete einen Tag ah, an dem ich davon ausgehen konnte, dass er sie abholen würde. Anfang August kam ein strahlend warmer Morgen. Außerdem war es still, keineFlugzeuge. Vormittags fällte ich einen morschen Baum, um Holz für den Winter zu machen. Sally arbeitete auf dem Rübenacker. Am frühen Nachmittag zog ich die Holzklötze mit dem Traktor nach Hause. Da war Sally schon in der Küche. Sie wirkte müde und sah die ganze Zeit aus dem Fenster. »Ich mache dir eine Tasse Tee«, sagte ich. Sie nickte. Ich machte ihr Tee in dem alten Kessel auf dem Herd und gab einen halben Löffel Zucker hinein, beinahe den ganzen Rest unserer Zuckerration. Außerdem gab ich noch etwas anderes hinein: dieses Zeug, von dem Granny uns erzählt hatte. Ich gab Samen vom letztjährigen Mohn hinein, ganz fein gemahlen. Dasselbe Zeug, das die Männer des Hexenjägers Gussy Salter verabreicht hatten, bevor sie gehängt wurde. Viel nahm ich nicht, weil man Visionen davon bekommt, das hat Granny immer gesagt. Man kriegt Visionen davon oder Zwillinge, so hat sie immer gesagt und uns zugezwinkert. Aber wenn man wenig nimmt, wird man einfach nur schläfrig und will sich hinlegen. Ich kostete den Tee. Heiß und bitter. Also gab ich auch noch den letzten Rest Zucker hinein und stellte ihr die Tasse dann hin. Ich erzählte ihr davon, wie ich den Baum gefällt hatte, und beobachtete sie dabei. Sie legte den Kopf auf die Arme. Zum Schluss legte sie sich dort in der Küche auf mein Bett und streckte sich aus. Ich zog ihr die Schuhe aus und deckte sie zu. So wartete ich bis zum Abend und beobachtete sie. Dann ging ich nach draußen, machte die Haustür zu und heftete einen Zettel daran. Auf dem Zettel stand: Bin schon dort. Ich verstellte meine Schrift, damit sie wie Sallys aussah, obwohl ich nicht glaube, dass er je etwas Schriftliches von ihr gesehen hat. Dann ging ich los. Ich trug einen Dufflecoat, Hosen und meine Arbeitsschuhe. Der Wind frischte auf, drückte das Gras zu Boden und fuhr in die Weiden am Weg. Als ich die Landspitze erreichte, ging die Sonne schon fast unter. Große, rote Wolken. Aber es war noch so hell, dass man durch den schluchtartigen
    Hohlweg bis zum Strand sehen konnte. Dort am Strand sah ich Möwen kreisen und hörte ihre erregten Rufe. Da unten war irgendwas Gutes für

Weitere Kostenlose Bücher