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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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erinnerte.
    Kurz darauf war er so weit gekommen, dass er den Cossack deutlich vor sich sah, und auch, wie der Sturm durch das Schilf fuhr und die Halme zu Boden presste und auseinanderriss. Er dachte an etwas, das Evie Dunton ganz am Ende ihres Geständnisses ausgesagt hatte. Über das große Geheimnis.
    Ach Evie, dachte er. Oh nein, Evie. Hattest du etwa das gemeint?
    Mia musste mit ihrem ganzen Gewicht an der Vordertür des Cossack zerren, um sie aufzureißen und einzusteigen. Kaum war sie drin und hatte auch die Beine hineingezogen, da schlug der Sturm die Tür wieder zu, und zwar mit einem solchen Knall, dass es ihr in den Ohren wehtat. Sie konnte nur hoffen, dass der Jeep so schwer war, dass er dem Sturm widerstand - doch schon schwankte er quietschend hin und her.
    Sie sah, dass auch Aspen zum Wagen zurückkehrte. Tief gebückt kämpfte er sich durchs zerfetzte Schilf, das Gesicht von der Anstrengung verzerrt. Immer wieder grub er das Brecheisen in den Boden, um sich daran festzuhalten. Schließlich schaffte er es bis zur Heckklappe, und sie sah, wie er von hinten ins Auto stieg. Sturmverwirbelungen drückten in den Wagen hinein und wehten ihr Haar hoch. Dann schlug der Wind die Heckklappe zu, und plötzlich war es wieder stiller. Sie hörte, wie Aspen sich keuchend über die Rücklehne auf den Rücksitz wälzte, halb liegend und mit ausgestreckten Beinen. Das Brecheisen hatte er hinten liegen lassen, beim Gepäck und der alten Schleppkette. Aspen blickte hustend auf und sah direkt in die Mündung der kroatischen Pistole, die Mia auf ihn gerichtet hielt. Ihre Arme ruhten auf der Lehne ihres Sitzes, sie hielt den Griff mit beiden Händen fest und hatte zwei Finger am Abzug. Die Mündung schwankte - doch das lag daran, dass der ganze Wagen schwankte, und nicht an ihren Händen.
    »Du verarschst mich doch, du lügst mich an«, sagte sie.
    Aspen schüttelte den Kopf und schnappte nach Atem. Jetzt begann er wieder zu kauen, mit zuckendem Unterkiefer.
    »Du lügst, Slade. Das Alter stimmt nicht. Nathan war bei seinem Tod Ende fünfzig. Achtundfünfzig oder so. Er muss irgendwann um 1950 geboren sein, sieben Jahre nach Harp- kins Ermordung. Nathan kann unmöglich Sallys Sohn sein.«
    Aspen schloss die Augen und kaute. Aus dem Mundwinkel sickerte ihm ein Rinnsal schwärzlichen Speichels, und er wischte es mit der Faust weg. »Wenn wir hier bleiben, kippt der Jeep um«, sagte er. »Und wir werden zerquetscht. Wir müssen hier weg.«
    »Es gibt hier keinen sicheren Ort. Wir sind in einem Naturschutzgebiet, verdammt noch mal.«
    Aber sie spürte, dass sich der Cossack hob, einen Moment lang nur auf zwei Rädern stand und dann mit einem Ruck zurückfiel, bei dem die Pistole in ihrer Hand hüpfte.
    »Du verdammte Schlampe«, sagte Aspen. »Du wirst das Ding noch abfeuern und mich oder dich selbst erschießen.«
    »Halt die Klappe. Raus aus meinem Jeep.«
    »Lass mich fahren. Wir können den alten Weg nach Hexland nehmen. Zum alten Haus.«
    »Es gibt kein Haus.«
    »Zu der Stelle, wo es stand. Da ist eine Kuhle, die wird den Sturm abhalten.«
    Es krachte fürchterlich, und hinter Aspen zerbarst die Heckscheibe. Scheiße, ich hab ihn erschossen, ich hab durch ihn durchgeschossen, dachte Mia, doch ihre Finger lagen immer noch lose am Abzug. Dann begriff sie, dass ein Baumast gegen den Wagen geflogen war - sein zerfasertes Ende ragte durchs Fenster herein und ruckte im Wind.
    Aspen kroch unter den Glassplittern hervor und wischte sie ab. Er sah aus wie ein Wesen, das sich häutet und die alten Hautfetzen abstreift. Ein zweiter Ast krachte gegen die Tür und trudelte dann übers Dach. Hier würde der Sturm den Wagen zertrümmern, so viel war klar.
    »Setz dich ans Steuer und fahr«, sagte sie.
    Fletcher sah, dass der Cossack, dessen weißlicher Lack sich glänzend von der dunklen Grasfläche abhob, losrollte. Der Wagen entfernte sich vom Deeping und fuhr in östliche Richtung davon.
    Er rannte ihm nach, den Kopf gegen den Wind gesenkt. Obwohl er immer wieder fast umgeweht wurde, folgte er der weißen Silhouette des Cossack, der in einiger Entfernung in einer Senke verschwand, die weiter vorn von Weidenbäumen gesäumt war. Irgendwo dort unten, das wusste Fletcher, befand sich seine Mutter.
    Er ließ den asphaltierten Weg, diesen Erinnerungsfetzen seiner Kindheit, hinter sich zurück. Doch er meinte noch immer, jene Hand auf seiner Schulter zu spüren - auch jetzt noch, wo der Wind ihn stieß. Er dachte über das nach, was
    Evie

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