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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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recht brisant - die Polizei war noch hinter weiteren Verdächtigen und Materialien her, während der Präsident eine Ansprache im Fernsehen hielt, um die Öffentlichkeit zu beruhigen. Zahlreiche Schaubilder mit Erläuterungen, wie die Männer die Bombe hatten zünden wollen: Um einen Kern aus konventionellen Explosivstoffen lag dicht gepackter radioaktiver Abfall. Genug, um eine halbe Stadt zu verseuchen. Fletcher las eine Weile in dem Online-Artikel, bis plötzlich, wie um die britischen Probleme wieder ins Zentrum zu rücken, seine Schreibtischlampe ausging und in dem dunklen Zimmer nur noch sein Notebook-Bildschirm leuchtete, der auf Akkubetrieb umgeschaltet hatte. In diesem kärglichen Licht suchte Fletcher den Weg zur Küche und kramte dort eine alte Taschenlampe und ein paar Kerzen aus dem Spülschrank.
    Wieder im Büro zündete er zwei der Kerzen an, schaltete den Computer aus, ging zum Fenster und zog die Jalousien wieder hoch. Auf der Straße war es stockfinster, doch er sah, dass auch hinter einigen anderen Fenstern Taschenlampenund Kerzen aufleuchteten, die unruhige Schatten gegen die Vorhänge warfen.
    Er setzte sich auf die Fensterbank, sah auf die dunkle Straße hinaus und sein Schatten fiel flackernd auf die Wand.
    Der Amerikaner hatte ein Zimmer im Dachgeschoss einer kleinen Pension am Stadtrand von Cambridge. Vom Fenster aus sah man den Parkplatz und dahinter die Gastanks beim Fluss. In den drei Monaten, die er hier wohnte, hatte er noch keinen der anderen Pensionsgäste kennengelernt. Das gefiel ihm an dieser kleinen Stadt: Man konnte einfach kommen und sich unter die Leute mischen, ohne dass es irgendjemandem auffiel.
    Nun würde er allerdings bald aufbrechen. Er hatte eine Kerze auf die Kommode gestellt, da der Strom ausgefallen war, und packte in ihrem Lichtschein. Seine Sachen lagen auf dem Bett. Sein Reisepass, eine Folientasche mit britischem Geld, die Schlüssel des billigen Wagens, den er anonym gekauft hatte, ein Rucksack mit Schlechtwetterkleidung, Wanderschuhen und vielen Päckchen Kaugummi mit Lakritzgeschmack, seiner Lieblingssorte. Sein liebster Begleiter war auch dabei: ein schweres Brecheisen aus schwarz angelaufenem Stahl, das am einen Ende einen klauenartigen Haken mit zwei Zinken aufwies, die er so scharf geschliffen hatte, dass sie wie zwei Messer schnitten. Er wog es lächelnd in der Hand und erinnerte sich, wie er damit Daisy zum Schreien gebracht hatte.
    Ungewöhnliche Umstände hieß es in den Nachrichten. Ja, so konnte man das wohl nennen. Ungewöhnlich war es schon, ein Mädchen wie Daisy in die Hände zu kriegen, das davon lebt - das Geld damit verdient -, in einem Club mit Männern zu reden. Und dann hat man sie ganz für sich und ermutigt sie ein bisschen, doch sie will einfach nicht reden. Wirklich verrückt. Als er nach den ersten paar Wortennachhakte, sagte sie immer noch, sie habe Nathan Slade nicht umgebracht.
    Ich habe ihm nur gesagt, er soll aus meinem Auto aussteigen, hatte sie behauptet. Ich habe ihm gesagt, er soll aussteigen und sich ein Taxi rufen. Ich kann nichts dafür, dass er sich in der Dunkelheit verirrt hat und in den Steinbruch gestürzt ist.
    Bitte.
    Danach hatte sie eine Art Schock erlitten, der sie praktisch lähmte. Er bekam noch ein bisschen mehr aus ihr heraus, ein paar Dinge, die er wissen musste, aber viel war es nicht. Am Ende war sie blau angelaufen und zuckte und zitterte. Eiskristalle saßen in ihrem Haar und flogen aus ihrem Mund wie bei einer echten Hexe.
    Doch er wusste, dass sie das Beweisstück besaß.
    Er wusste, dass sie das Dokument hatte, das bewies, was damals, in der Vergangenheit, passiert war. Es war ein altes Dokument, das wusste er. Und zwar mit irgendeiner altmodischen Schreibmaschine getippt. Es musste irgendwo hier sein, hier in dieser Stadt, bei einem der Menschen, mit denen Daisy geredet hatte. Zwanzig oder dreißig getippte Seiten, die so gefährlich waren, dass er sie vernichten musste. Dort stand eine Geschichte, die die Welt vergiften konnte. Und er musste dafür sorgen, dass diese Story geheim blieb. Anschließend würde er sich mit der Person befassen, die mit all dem angefangen hatte. Die die Geschichte als Erste enthüllt hatte. Diese Person würde er ebenfalls beseitigen müssen. Erst dann wäre er selbst sicher.
    Er befühlte die Spitzen seines Brecheisens und lächelte.
    141
Mittwochmorgen
    Das Telefon auf dem Schreibtisch läutete um sieben Uhr früh. Fletcher hatte das Klingeln sofort im Ohr, weil er in

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