Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
erholt.«
    »Wo ist Charlie?« Fletcher öffnete die Tür des Gewächshauses mit einem Tritt und rannte durch den Regen, am Springbrunnen vorbei und zum Eingangstor, das Handy am Ohr.
    »Tja, jetzt war ich bei allen. Bei allen, mit denen Daisy über diese Sache geredet hat. Daisy sagte, sie hat es an einem Ort versteckt, wo keiner es suchen wird. Darum dachte ich, es wär hier bei Charlie. Aber das stimmt gar nicht, sagst du, was, Charlie?«
    Man hörte nur die Drähte quietschen.
    Fletcher schwang sich übers Drehkreuz am Eingang, rutschte auf dem nassen Asphalt aus - und fiel der Länge nach auf den menschenleeren Bürgersteig. Er stand auf, hob das Handy auf und schüttelte das Wasser heraus. Aspen redete immer noch.
    »Hast du schon rausgefunden, wo der Stützpunkt ist? Ich werd nämlich da sein, Tom. Ich hab gehört, wir kriegen einen Orkan. Aber wir werden uns da prächtig amüsieren, Tom. Du, ich und deine verdammte Mutter.«
Donnerstagnachmittag
    Der Himmel hinter Charlie Fenners Werkstatt war gewittrig grau, und vor dem Horizont schwankten die Bäume im Wind. Auf dem schmalen Sträßchen war kein anderes Fahrzeug unterwegs und weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Als er die Metalltür aufschob, schwappte Regenwasser herunter und wurde sofort vom Sturm weggerissen.
    Fletcher sah die Plastikstühle und das Heizgerät, alles in das klare, weiße Licht der Bodenscheinwerfer getaucht. Das Heizgerät lief, und als er eintrat, traf ihn die Hitze wie ein Schlag und die Scheinwerfer blendeten ihn. Er schirmte die Augen mit der Hand ab und spähte blinzelnd in den hinteren Bereich der Werkstatt. Die drei Tropfentanks hingen strahlend weiß hintereinander von der Decke herab und drehten sich leicht um die eigene Achse. Und dahinter hing Charlie Fenner, auch sie an einem Stück Stahldraht. Die Schlinge lag um ihren Hals, der Kopf war zur Seite gekippt und die Schuhsohlen schwebten knapp über dem Boden. Ihre Fußspitzen streiften eine umgekippte Werkzeugkiste, wenn sie in dem Rhythmus schaukelte, der die ganze Werkstatt fast unmerklich schwanken ließ - in dem Rhythmus der Winde, die draußen über die Landschaft fegten.
    Fletcher stand da und sah der Toten ins Gesicht. Es war absolut nicht so wie bei den Gehängten in den Cartoons - weder quollen die Augen aus den Höhlen, noch hing ihr die Zunge aus dem Hals. Charlie sah überrascht aus, die Augen schmal, als spähte sie in die Ecke der Werkstatt, und der Mund so weit geöffnet, dass man die weißen Zähne sah, dienoch von Speichel glänzten. Vermutlich hatte der Draht ihr wie mit einem Peitschenhieb den Halswirbel gebrochen.
    Fletcher blickte sich in der Werkstatt um. Flugzeugteile, Werkzeug, Kabel, alles war durchwühlt worden und lag wild verstreut auf dem Boden.
    Er ging nach draußen und rief zuerst die Polizei an und dann Mia.
    Dann wartete er im Wagen und betrachtete die Bäume, die sich unter dem Regen bogen. Charlie war absolut unschuldig, eine Frau, die das Pech gehabt hatte, sich für historische Kampfflugzeuge zu interessieren. Und er hatte keine Ahnung, wie er ohne einen Hinweis von Charlie den Luftwaffenstützpunkt finden sollte. Wie sollte er ohne ihre Hilfe nur seine Mutter finden? Er wusste es nicht.
    Ich schürte das Feuer in der Küche. Die Sonne ging gerade unter. Es war das erste Mal, dass wir in diesem Herbst Feuer machten. Sally war im Waschhaus. Als sie hereinkam, sagte sie: »Hinter der Tür liegt was. Ist das ein Brief?«

Es war eine kleine, gedruckte Karte, auf der stand:
    Der Englisch-Amerikanische Freundeskreis lädt Sie am Sonntag, dem 15. September 1942, um 15 Uhr, zu einem Empfang im Rathaus von Hanchton ein. Unser Gastredner Colonel Harpkin, Achte US Army Air Force, hält einen Vortrag zu dem Thema »Was die Rückkehr ins Land unserer Vorväter für uns bedeutet«.
    Ich ging in die Küche, um die Karte ins Feuer zu werfen. Aber Sally war schneller, riss sie mir aus der Hand und las sie. Dann legte sie sie auf den Dachsparren neben der Uhr. Sie stellte sich ans Fenster, stand da, kämmte sich das Haar und sah in den Himmel. Die Wolken veränderten ihre Farben.
    22 7
    »Ich bin hier, weil ich sie etwas über Flugzeuge fragen wollte.«
    »Flugzeuge?«
    »Ich interessiere mich dafür.«
    Die Streifenpolizisten, die als Erste am Tatort eingetroffen waren, notierten sich diese Aussage. Sie sprachen in ihre Funkgeräte und sahen dabei immer wieder zu den Wolken, die sich hinter den Bäumen am Horizont höher und höher

Weitere Kostenlose Bücher