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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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auftürmten. Gewittrig graues Licht zwischen schwarzen Wolkenbänken.
    Fletcher saß wartend auf dem Rücksitz eines Streifenwagens und verfolgte das Eintreffen der Leute von der Spurensicherung. Die weißen Overalls schienen in der statisch aufgeladenen Atmosphäre fast von sich aus zu leuchten. Einmal steckte ein Polizist den Kopf durchs Wagenfenster und fragte, ob Fletcher psychologische Betreuung oder geistlichen Beistand benötige. Er lehnte beides ab, schloss daraus aber, dass der Todesfall vorläufig als Selbstmord behandelt wurde. Wie lange es wohl dauern würde, fragte er sich, bis Franks Wind davon bekam, dass Fletcher die dritte Leiche in dieser Woche gefunden hatte.
    Er hörte mit dem Handy Radionachrichten, in denen die Moderatoren von der Wetterfront berichteten, die sich vor der Ostküste aufbaute. Vielleicht würde sie sich wieder auflösen, denkbar war aber auch, dass sich da über dem Meer das schlimmste Unwetter zusammenbraute, das England je erlebt hatte. Dann fiel der Name Daisy Seager: Laut Polizei mache die Ermittlung gute Fortschritte.
    Der Wagen ächzte, als die Tür aufging und ein Mann sich vorn auf den Beifahrersitz setzte. Er roch nach nassen Regensachen, schlechtem Atem und Zigaretten. Eine große Hand packte den Rückspiegel und stellte ihn so, dass er Fletcher auf dem Rücksitz erfasste. Fletcher sah nichts als ein paar geröteter Augen und die tiefe, böse Stirnfalte dazwischen.
    »Hallo, Franks.«
    »Du bist nicht unverwundbar, Fletcher.«
    »Man hat mir schon psychologische Betreuung angeboten, danke.«
    »Halt die Klappe, du Drecksack.« Die rot unterlaufenen Augen erwiderten seinen Blick, während die Wagenfenster beschlugen und sie beide vom Rest der Welt abschnitten. »Was ist mit deinem Gesicht passiert?«
    »Ich bin auf der Treppe ausgerutscht, weil meine Schuhe nass waren.«
    Franks schnaubte. »Hat diese Charlie Fenner irgendetwas mit Daisy Seager zu tun?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    So ging es noch ein paar Minuten. Dann klingelte Franks' Handy und er nahm ab. Es folgte ein knappes Gespräch, das auf Franks' Seite nur aus Jas und Neins bestand. Er klang wie jemand, der in einer Untersuchung feststeckte. Sein Hinterkopf war schweißnass. Franks beendete das Gespräch und sah wieder in den Rückspiegel.
    »Ich muss los. Aber ich komme noch auf dich zurück, Fletcher. Du begibst dich jetzt auf direktem Wege in deine Wohnung und bleibst da. Sollte ich dich nicht dort antreffen, werde ich das als Schuldeingeständnis werten.« Er machte Anstalten auszusteigen, setzte sich aber noch einmal und schloss die Tür. »Das Gefängnis, Fletcher. Dir ist klar, was sie da mit dir anstellen würden?« Er machte die Tür ein zweites Mal auf und verließ den Wagen.
    Fletcher schloss die Augen. Er wusste, dass Franks recht hatte. Sie würden ihn zwangsläufig zum Verhör vorladen; und dann müsste er alles preisgeben, was er wusste. Dann würde man ihm die ganze Sache aus der Hand nehmen und ihn ein paar Stunden oder Tage einfach wegsperren.
    Er warf einen Blick auf die Uhr. Drei Uhr nachmittags.
    Donnerstag, 15 Uhr. Sein Termin bei den Sicherheitsbeauftragten der Universität. Die Chance für ihn, sich beruf-lieh etwas Neues aufzubauen. Doch im Vergleich zu dem, was er jetzt anpacken musste, kam es ihm vollkommen nichtig vor - so nichtig wie eine Party in der Nachbarschaft.
    Jetzt ging es um das Allerwichtigste in seinem Leben.
    Er musste den alten Luftwaffenstützpunkt und seine Mutter finden, bevor Aspen Slade sie fand. Bevor Aspen sie ermordete, damit die Geschichte, die er geheim halten wollte, nicht an die Öffentlichkeit drang.
    Aspen hatte Charlie ermordet, daran gab es keinen Zweifel. Und das nur, weil er überzeugt war, dass Charlie etwas ganz Bestimmtes aufbewahrte: den Bericht der Stahlhexen, den jemand gehört und mit einer Schreibmaschine festgehalten hatte. Wie aber sollte Fletcher nach Charlies Tod den Luftwaffenstützpunkt finden? Waren noch irgendwelche alten Strukturen übrig - zerfallene Reste der A-förmigen Pisten, irgendwo in der Ebene zwischen Cambridge und dem Meer, halb verborgen unter Erde und Schmutz? Vielleicht könnte er die ja wirklich entdecken - wenn Daisy Seager sich nur Zeit genommen hätte für das, was Fletcher getan hatte: eine Zusammenfassung ihrer Erkenntnisse an einem sicheren Ort zu hinterlegen, wo andere sie finden würden. Aber Daisy hatte geglaubt, alles im Griff zu haben - sie hatte Nathan Slade, der sie eindringlich warnte, zwar in ihr Auto

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