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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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aus den Nachrichten: Es waren Aufnahmen vom Parkplatz des Clubs, in dem Daisy Seager gearbeitet hatte. Da war ihr kleiner Wagen, der Golf. Kaum zu glauben, dass Daisy durch diese schmalen Streifen in der Windschutzscheibe überhaupt die Fahrbahn hatte erkennen können, und auch von ihrem Gesicht war von vorn nur ein kleiner Ausschnitt zu sehen. Durchs Seitenfenster hatte man schon klarere Sicht. »Und?«, fragte Mia.
    Fletcher stand neben ihr und ging ein Bild zurück. Jetzt sah man die Windschutzscheibe wieder von vorn, und aus dem dunklen Wagen schimmerten Daisys Augen hell heraus.
    Fletcher zeigte mit einem Kuli auf die Windschutzscheibe. »Wie kann man nur so losfahren, nur mit diesen winzigen Sichtstreifen in der Scheibe?«
    »Sie hatte es eilig und keine Zeit, die Scheibe richtig frei- zukratzen.«
    »Sie hatte aber Zeit genug für die Seitenfenster. Und das heißt, es gibt einen besonderen Grund dafür, dass sie vorne nur die Streifen in die Scheibe gekratzt hat.«
    »Und der wäre?« Mia biss vom Aal ab und legte die Gabel aus der Hand.
    »Wie sehen diese Streifen aus?«
    »Es sind zwei Linien, die eine ist länger als die andere und sie laufen schräg aufeinander zu. In der Mitte gibt es noch einen schmalen Streifen, der die Linien verbindet. Es sind eben einfach Streifen, wie man sie mit dem Eiskratzer macht.«
    »Sie sehen aus wie ein A. Und wie die Start- und Landebahnen eines Flugfeldes.«
    »Hä?« Mia sah ihn an und merkte, dass er das vollkommen ernst meinte.
    »Denk mal nach«, sagte er. »Solche A-förmigen Strukturen haben wir heute auf der Landkarte dauernd gesehen. Die verlassenen Luftwaffenstützpunkte mit den teilweise durch Straßenbau oder Landwirtschaft zerstörten Start- und Landebahnen. Und genau so ein A hat Daisy in die Windschutzscheibe gekratzt, die geometrische Struktur eines Flugfeldes, das auf der Landkarte zu sehen ist, aber ohne als ehemaliger Luftwaffenstützpunkt gekennzeichnet zu sein.«
    Mia lachte. Dann ging sie zur Karte, betrachtete die aufgegebenen Luftwaffenstützpunkte und studierte die Winkel der aufeinander zulaufenden Pisten, die aber oft abbrachen, ehe sie sich trafen.
    »Wenn das stimmt, wo sollen wir dann suchen? Das Flugfeld könnte überall sein.«
    »Es muss dort flach sein, eine Ebene, die genug Platz bietet.«
    »Na, das schränkt die Optionen ja enorm ein.«
    »Du fängst links an, ich rechts.«
    Die Stehlampe warf ein helles, klares Licht, in dem trotz der nahenden Abenddämmerung jedes Detail zu erkennen war. Mia suchte die Karte entlang dem Küstenstreifen der großen Bucht ab, die die Engländer The Wash nannten. Dort gab es zahllose kleine Straßen, abgegrenzte Grundstücke oder kleine Wäldchen. Doch nach einer Weile gewöhnten sich ihre Augen an das Gewimmel. Sie kam schneller vorwärts und suchte systematisch ein Planquadrat nach dem anderen ab, immer Ausschau haltend nach dieser teilweise aufgebrochenen A-förmigen Struktur. Tom Fletcher, der neben ihr dasselbe tat, ließ die Hand methodisch über seinen Teil der Karte wandern.
    Plötzlich hielt Mia inne. Dort, wo die Küste hinter der Einbuchtung von The Wash schon wieder in Ost-West- Richtung verlief, legte sie den Finger auf die Karte und stieß Tom an.
    »Schau mal.«
    Er ergriff ihre Hand und schob sie sanft zur Seite. Seine Finger waren warm und blieben auf den ihren liegen, bis er sah, was sie meinte. Dann klopfte er auf die fragliche Stelle.
    »Ja. Durchaus möglich«, meinte er.
    Die Struktur auf der Karte entsprach der, die Daisy in ihre Windschutzscheibe gekratzt hatte. Man musste daran glauben, aber dann konnte man es sehen. Mitten in Norfolk, an einer Stelle, zu der keine Straßen hinführten und die Meilen vom nächsten Dorf entfernt lag, gab es zwei mehrfach unterbrochene Linien, die im selben Winkel zueinander lagen wie die Kratzer auf der Windschutzscheibe. Nördlich davon sah man einige schmale Buchten. Westlich lag eine offene Ebene und im Süden schlängelte sich ein Fluss an einem Städtchen namens Hanchton vorbei dem
    Meer entgegen. Sonst war dort nichts zu sehen - kein Dorfname, keine Farm, keine anderen Gebäude.
    »Was meinst du?«, fragte sie.
    Er fuhr die Struktur mit dem Finger nach. »Sieht wirklich ganz aus wie die Streifen auf der Windschutzscheibe.«
    »Und würdest du nur aufgrund dieser Vermutung da hinausfahren?«
    Sie sah, dass er zögerte. »Wir brauchen eine ältere Landkarte«, meinte er dann, um zu sehen, ob dort früher mal mehr eingezeichnet war. Und

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