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Stalingrad

Stalingrad

Titel: Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Nekrassow
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die Füße, atmen schwer und halten mit den Händen die hin und her schwankenden Granaten fest. Sie sind heute an vierzig Kilometer marschiert.
    Uns entgegen kommen ganze Schlangen Verwundeter, zu zweien, zu dreien oder auch einzeln, sie stützen sich auf die Gewehre, fragen, wo die Überfahrt ist.
    Kugeln pfeifen direkt über unsere Köpfe, platschen ins Wasser. Leuchtspurkugeln steigen auf und erlöschen in der Luft.
    »Wo sind die Fritzen?« fragen die Soldaten die Entgegenkommenden.
    Diese deuten unbestimmt in die Richtung, in der wir gehen.
    »Nicht weit … näher als nach Hause.«
    Wir kommen an einem weißen Gebäude vorbei, es muß ein Wasserturm sein, Rohre gehen von ihm aus. Der Weg steigt dann in die Höhe. Eine Kanone wird nach unten geschleppt.
    »Wohin?« frage ich.
    Niemand antwortet.
    »Wohin schleppt ihr die Kanone?«
    »Was geht es dich an? Siehst du denn nicht, was los ist? Sollen wir sie vielleicht den Deutschen überlassen …«
    Ich ziehe die Pistole.
    »Kehrt! Zurück!«
    »Wohin?«
    Jemand in einem aufgeknöpften Mantel, mit einer nach hinten gerutschten Feldmütze, stößt mich vor die Brust.
    »Die kennen wir … solche Helden! Kümmere dich nicht drum, Kazura. Schlepp weiter!«
    Ich fühle, wie mir plötzlich die Luft fehlt und mir etwas die Kehle zuschnürt.
    Die Kugeln schlagen schon unmittelbar am Ufer ein. Oben auf dem Wege – von hier aus ist nur der hochgezogene Schlagbaum zu sehen, ein umgefallener Mast und Knäuel zusammengerollten Drahtes – erscheinen einige Gestalten. An den Mast geschmiegt, schießen sie und laufen dann nach unten.
    Jemand stößt mich mit der Schulter und flucht.
    Ich drehe mich um und schlage mit aller Wucht in das weiße Gesicht, das sich vor mir hin und her bewegt.
    »Zurück!« schreie ich aus voller Kehle, daß es mir in den Ohren gellt, und laufe den Weg hinauf.
    Die Deutschen sind direkt hinter der Eisenbahn. Die Schienen verlaufen beinahe am Rande des hohen Ufers. Reihen von stehengebliebenen Zisternenwagen heben sich von einem brennenden Hintergrund ab. Unser Maschinengewehr rattert von rechts unter den Rädern hervor.
    Ich krieche unter dem Wagen durch. Der Mantel hakt sich fest und kracht in den Nähten. Er hindert mich schrecklich, verwickelt sich zwischen den Beinen. Ich presse das Gesicht an die Schiene – sie ist angenehm kalt – und versuche festzustellen, wo die Deutschen sind. Im rechten Winkel zu den Schienen eine Straße, eine gepflasterte, schnurgerade Straße. Links Ölbehälter. Aus einem steigt Rauch auf. In der verbeulten Wand klaffen drei von Geschossen herrührende Löcher mit ausgefransten, hochgebogenen Rändern – wie Wunden.
    Rechts abgebrannte Scheunen, von Stacheldraht umsäumt.
    Anscheinend halten die Deutschen die Ölbehälter besetzt. Rote, weiße, grüne Punkte fliegen von da heraus und schlagen klappernd auf den Zisternenwagen auf.
    Ein Gedanke schießt mir blitzartig durch den Kopf. Sie haben Maschinengewehre, zwei, meines Erachtens leichte. Granatwerfer haben sie nicht. Das ist gut. Farber muß seinen Schlag von links führen – direkt gegen die Ölbehälter, ich umgehe vom Wege aus, von rechts her, die Ölbehälter.
    Die Maschinengewehre schießen direkt auf uns. Man muß es schaffen, über den Weg zu laufen und dann weiter längs der Steinwand.
    Farber kriecht weg. Er kriecht ungeschickt auf einer Seite und kippt ständig nach rechts über.
    Einige Kugeln schlagen auf den Zisternenwagen auf, gerade über meinem Kopf. Ein dünner, gebogener Petroleumstrahl trifft die Schienen vor mir, und ich fühle auf dem Gesicht kleine Spritzer wie aus einem Zerstäuber. Eine Rakete steigt hoch und beleuchtet die Ölbehälter, die Scheunen, die Steinwand. Unnatürlich tanzen die Schatten, bald kürzer, bald länger werdend. Die Rakete fällt hinter uns nieder, man hört sie zischen …
    Es ist Zeit … Ich stecke die Finger in den Mund – meine Signalpfeife habe ich bei Kupjansk verloren. Es kommt mir vor, als pfiffe ein anderer, der neben mir steht.
    Ich laufe gerade auf den Ölbehälter mit den drei Löchern zu. Von rechts und links wird geschrien. Maschinenpistolen knattern. Die Patronenmagazine in den Manteltaschen schlagen mir gegen die Knie. Vor mir läuft jemand mit einer Matrosenmütze mit fliegenden Bändern. Ich kann ihn nicht einholen. Die Ölbehälter verschwinden, und ich sehe nur die Bänder. Sie sind schrecklich lang, reichen wahrscheinlich bis zum Gürtel.
    Auch ich schreie etwas. Es scheint einfach

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