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Stalingrad

Stalingrad

Titel: Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Nekrassow
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vollständig eben.
    Auf einmal füllt er sich mit laufenden, schreienden Menschen, grünen, schwarzen und gestreiften. Der Bursche im Matrosenhemd ist schon am Häuschen, verschwindet in der Tür. Die Deutschen schießen regellos, dann hören sie auf. Man sieht sie hinter dem Häuschen laufen, man erkennt sie leicht an ihren weiten Mänteln ohne Gurt.
    All dies geschieht so schnell, daß ich gar nicht dazu komme, es zu begreifen. Ringsum ist alles leer. Ich und Walega. Eine Feldmütze auf dem grauen Asphalt.
    Wir kriechen über das Gitter, laufen gebückt zum Häuschen. Mitten auf dem Hof drei oder vier Tote, alle mit dem Gesicht nach unten, so daß man sie nicht erkennt. Neben dem Häuschen ein langer Laufgraben, der sich im Eisenhaufen verliert. Wir springen hinein. Jemand wühlt in den Taschen eines toten Deutschen.
    »Was machst du da?«
    Der Soldat wendet den Kopf, ohne sich aufzurichten. Zwei kleine graue Augen in einem dunklen Gesicht voller Pickel sehen mich erstaunt an.
    »Was ich mache? Ich suche den Fritz ab.«
    Er steckt eilig etwas in die Tasche, anscheinend eine Uhr.
    »Marsch, raus hier! Scher dich fort! …«
    Jemand stößt mich an die Schulter.
    »Das ist ein Soldat von meinem Spähtrupp, Leutnant. Ein bißchen sachter …«
    Ich drehe mich um. Mit einer Zigarre im Mund steht der Bursche im Matrosenhemd da. Seine Augen, die unter dem Stirnhaar hervorfunkeln, sind schmal und verheißen nichts Gutes.
    »Und wer bist du?«
    »Ich?« Seine Augen werden noch schmaler, und auf den rauhen, gebräunten Wangen bewegen sich Schwellungen. »Tschumak, Kommandeur des Infanterie-Spähtrupps.«
    Mit einer kaum merklichen Bewegung der Lippen wird die Zigarre von einem Mundwinkel in den anderen geschoben.
    »Mach diesem Unfug sofort ein Ende! Verstanden?«
    Ich spreche langsam und unnatürlich ruhig.
    »Such deine Leute zusammen! Stell Posten auf! In fünfzehn Minuten komm und erstatte Bericht! Verstanden?«
    »Und wer sind Sie, daß Sie befehlen?«
    »Hast du gehört, was ich dir gesagt habe? Ich bin Leutnant, und du bist Feldwebel, das ist alles … Und keine Beute, bis ich’s erlaube.«
    Er antwortet nicht, guckt. Sein Gesicht ist schmal, die Lippen dünn, fest aufeinandergepreßt. Die Tolle hängt ihm schief in die Augen. Er steht da, die Beine gespreizt, die Hände in den Taschen, und wiegt sich leicht vor und zurück.
    So stehen wir und sehen einander an. Wenn er nicht sofort kehrtmacht und weggeht, werde ich die Pistole ziehen.
    Päng, päng … Zwei Kugeln schlagen in die Grabenwand ein, zwischen ihm und mir. Ich gehe in die Hocke. Eine von den Kugeln dreht sich wie ein Kreisel zu meinen Füßen. Sie ist auf etwas Hartes gestoßen. Der vom Spähtrupp hat sich nicht einmal gerührt. Seine dünnen Lippen zucken kaum, und aus den Augen leuchtet Spott.
    »Hat Ihnen nicht gefallen, Leutnant, was?«
    Und mit einer trägen, gewohnten Bewegung schiebt er seine Matrosenmütze vom Hinterkopf direkt auf die Augen, und langsam, ohne sich zu beeilen, dreht er sich um und entfernt sich mit leicht schaukelndem Gang. Sein gewölbtes Hinterteil ist von der Hose stramm umspannt.
    Zwei Soldaten ziehen ein Maschinengewehr den Laufgraben entlang. Der Laufgraben ist eng, und das Maschinengewehr kommt nicht durch.
    »Was, zum Teufel, macht ihr hier? Versperrt nur den Weg!« schreie ich sie an, und mich reizt es, daß sie schweigen und nur mit den Augen zwinkern.
    Sie stehen auf, drücken sich an die Wand, um mich vorbeizulassen.
    »Was bleibt ihr denn hier stehen? Weiter!«
    Sie packen beide gleichzeitig das Gestell und bemühen sich, das Maschinengewehr durchzustoßen. Ich klettere darüber hinweg und gehe weiter den Laufgraben entlang.
    »Wie von der Kette losgelassen«, tönt die Stimme des einen hinter mir her.
    Ich biege nach rechts ab. Die Soldaten graben sich schon ein. Petrow, voller Geschäftigkeit, schimpft auf die Soldaten, die das Maschinengewehr nicht fest aufstellen können – es rutscht immer wieder ab. Er ist noch sehr jung. Hat wahrscheinlich erst unlängst die Schule verlassen. Ein dünnes Hälschen, an den Füßen viel zu große, schlotternde Stiefel.
    »Nun, Genosse Leutnant, steht es Ihrer Meinung nach gut so?« fragt er, nachdem er als Stütze einen Kasten unter das Maschinengewehr geschoben hat, und blickt mich aus unerträglich blauen Augen fragend an.
    »Gut. Es geht so.«
    »Das zweite habe ich dort hinter jener Biegung. Wollen Sie sich’s ansehen? Von da aus ist der ganze Damm zu übersehen.«
    Wir

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