Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stalingrad

Stalingrad

Titel: Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Nekrassow
Vom Netzwerk:
gute vierzehn Stunden! – Und aus den Augenwinkeln schielend, zählen wir die über unseren Köpfen pfeifenden Bomben.
    Wir wissen schon, daß jeder der »Sänger« unter dem Rumpf elf bis achtzehn Bomben trägt, sie aber nicht mit einem Male abwerfen, sondern noch zwei bis drei Kurven machen wird, die Dosen psychologisch verteilend, daß bei der letzten Kurve die Sirenen aller besonders schreckeinjagend heulen werden, aber nur einer Bomben abwerfen wird. Vielleicht wird er sie auch nicht mal abwerfen, sondern nur mit der Faust drohen.
    Und so wird es den ganzen Tag dauern, bis die Sonne hinter dem Mamai-Hügel untergeht. Wenn sie keine Bomben abwerfen, dann greifen sie an. Wenn sie nicht angreifen – dann hagelt es Bomben.
    Von Zeit zu Zeit kommen schwere Junkers und Heinkel angeflogen. Man unterscheidet sie an den Flügeln und Motoren. Bei den Heinkel sind die Flügel abgerundet, bei den Junkers sind sie wie abgehackt, und die Motoren stehen mit dem Flugzeugrumpf in einer Linie, wie ein Kamm.
    Sie fliegen hoch, mit der Winkelspitze nach vorn, und ihre Bomben – helle und schwere – lassen sie träge und unregelmäßig fallen, ohne zum Sturzangriff niederzugehen. Deshalb lieben wir sie nicht, diese schweren Junkers. Niemals weiß man, wohin sie die Bomben fallen lassen werden. Stets greifen sie von der Sonnenseite aus an, so daß die Augen geblendet werden.
    Den ganzen Tag summen die Messerschmitt in der Luft, zu zweien treiben sie sich über dem Ufer herum. Sie schießen aus Kanonen. Manchmal werfen sie vier kleine, genau gezielte Bomben ab – sie haben deren zwei unter jedem Flügel – oder lange, zigarrenartige Kästen mit »Knarren« – Infanterieabwehrgranaten. Die Granaten fallen heraus, und der Behälter schießt noch lange Kobolz in der Luft. Wir waschen später Wäsche darin. Die beiden Hälften ähneln Wasch trögen.
    Am Morgen, mit den ersten Sonnenstrahlen, fegen wild brummend über unsere Köpfe unsere »Iljuschas« dahin – Schlachtflugzeuge. Sie kehren beinahe sofort wieder zurück, durchlöchert, ohne Schwanz, uns mit den Rädern fast streifend. Nur die Hälfte kommt wieder; manchmal sind es auch noch weniger. Die Messerschmitt kreisen noch lange über der Wolga, und weit entfernt, hinter der Achtuba, dunkelt der traurige schwarze Pilz eines brennenden Flugzeugs.
    Den Kopf zurückgeworfen, daß uns das Rückgrat schmerzt, beobachten wir die Luftkämpfe. Ich kann nicht feststellen, wo die Unseren und wo die Deutschen sind; klein und schwarz drehen sie sich wie Verrückte hoch am Himmel …
    Nur Walega irrt sich nie, er hat scharfe Jägeraugen. In beliebiger Höhe unterscheidet er einen »MIG« von einer Messerschmitt.
    Ein Tag ist schöner als der andere – blau, wolkenlos, wahrhaft sommerlich. Wenn doch einmal eine Wolke erscheinen, wenn es doch einmal regnen möchte. Wir hassen diese sommerlich klaren Tage, die Luft, die förmlich erstarrt ist in ihrer Bläue. Wir träumen von Wolken, Regen, Schlack, von einem trüben herbstlichen Himmel. Aber während des ganzen Septembers und Oktobers haben wir nur eine einzige Wolke gesehen. Von ihr ist viel gesprochen worden. Mit in die Höhe gehobenem, angefeuchtetem Finger rieten wir, wohin sie gehen würde, aber diese Elende, sie ist seitwärts vorbeigezogen, und der folgende Tag war wieder wie die früheren, klar, sonnig, die Luft voller surrender Flugzeuge.
    Nur einmal, Anfang Oktober, ließen uns die Deutschen in Ruhe, zwei Tage lang – wahrscheinlich haben sie an diesen Tagen ihr Waffenmaterial in Ordnung gebracht. Außer Messerschmitt waren keine Flugzeuge da. In diesen zwei Tagen wurde gebadet und die Wäsche gewechselt. Dann ging es wieder los.
    Die Deutschen wollen zur Wolga durchbrechen, betrunken, teufelswild, mit schief sitzenden Feldmützen und aufgekrempelten Ärmeln. Man sagt, eine SS-Division liege vor uns, entweder »Wiking« oder »Totenkopf« oder etwas noch Schrecklicheres. Sie schreien wie Besessene, überschütten uns förmlich mit einem Regen aus ihren Maschinenpistolen, werden zurückgeworfen, greifen wieder an.
    Zweimal hätten sie uns beinahe aus dem »Metis« verjagt, aber ihre Panzer blieben in den Eisenabfällen stecken, die rings um das Werk herumgeworfen sind, und das rettete uns …
    Das dauerte so … der Teufel weiß, wie lange … fünf, sechs, sieben, vielleicht auch acht Tage.
    Auf einmal – Halt, Stille. Sie haben sich nach rechts hin übergeworfen, auf den »Roten Oktober«. Bombardieren ihn von der Erde und

Weitere Kostenlose Bücher