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Stalins Geist

Stalins Geist

Titel: Stalins Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Sympathie für die Rebellen. »
    »Warum haben Sie Isakow dann nicht befördert?«
    »Weil er kein Soldat mehr war. Er war ein Mörder. Für mich ist das ein Unterschied.«
    Arkadi war beeindruckt. Agronski sah eher aus wie ein pensionierter Bürokrat, nicht wie jemand, der sich Isakow entgegenstellte. Der Pullover des Majors hatte Löcher und lose Fäden - genau das, was ein Mann der Muße bei der Gartenarbeit tragen würde, auch wenn das Blinken von Chrom an der Gürtellinie verriet, dass eine Waffe darunter verborgen war.
    »Gab es eine nachträgliche Untersuchung?«
    »Ich habe es vorgeschlagen, und dafür hat man mich unehrenhaft entlassen, und alles Beweismaterial wurde vernichtet.«
    »Und Ginsbergs Fotos?«
    »Verbrannt. »
    »Weg?«
    »Rauch und Asche.«
    »Keine Kopien?« Ermittlungen ertranken für gewöhnlich in Kopien.
    »Meine Entscheidung über Ehrungen und Auszeichnungen wurde als Verunglimpfung der Armee betrachtet. Meine Akten wurden gründlich gesäubert, und man zeigte mir die Tür.«
    »Haben Sie nichts kopiert, gescannt, jemandem gemailt?«
    »Renko, als ich zum Militär kam, wurde ich nackt ausgezogen, und als ich es verließ, wurde ich wieder nackt ausgezogen.«
    »Was ist mit Ginsbergs Büro? Seiner Wohnung?«
    »Sein Büro wurde durchsucht, und seine Kollegen wurden befragt. Es gab keine anderen Fotos, und er war nicht verheiratet.«
    »Sie haben damit Ihre Karriere ruiniert.«
    »Um die Wahrheit zu sagen, wenn Sie in meinem Alter nicht wenigstens Oberst sind, verschwenden Sie Ihre Zeit. Außerdem war der Empfehlungsausschuss eine anstrengende Arbeit; manche hebt man in den Himmel, und manche schickt man zum Teufel. Wissen Sie, ich habe niemandem von all dem erzählt. Mein Mund ist trocken.« Das Lächeln des Majors formierte sich neu. »Als ich Soldat wurde, gab die Armee jedem Mann eine tägliche Ration von hundert Gramm Wodka. Da muss etwas Gutes dran sein.«
    »Ein Glas.«
    Agronski klatschte in die Hände. »Wir werden es den Ärzten zeigen. Bevor wir sterben, schießen wir auf uns - wie Sergeant Kusnezow.«
    Der Major ging schnurstracks ins Haus und kam mit einem Tablett mit einer Flasche Wodka, zwei Gläsern und einem Teller mit Schwarzbrot und Käse zurück. »Ein Mann, der trinkt, ohne etwas zu essen, ist ein Trinker«, erklärte er. Er schraubte den Deckel von der Flasche und warf ihn weg. Ein ominöser Anfang, dachte Arkadi.
    Das erste Glas glitt durch die Kehle, gewissenhaft von Brot begleitet. Arkadi versuchte sich zu erinnern, wann er im Laufe des Tages etwas gegessen hatte. »Kusnezow hat auf sich geschossen?«, fragte er.
    »Nicht ganz. Kusnezow hat getobt und gewütet, als er mit dem Hubschrauber abtransportiert wurde. Er schrie, Leutnant Urman habe gesagt, dass OMON zum Wohle des Teams mindestens einen Verwundeten brauche, und er solle es nicht persönlich nehmen. Er hat dem armen Kusnezow ins Bein geschossen.«
    » Urman ist impulsiv.«
    »Natürlich muss man dazu sagen, dass Kusnezow bei dem Abtransport unter dem Einfluss von Schmerzmitteln stand. Im Lazarett zeigte er ganz korrekt auf das Foto eines Rebellen und identifizierte ihn als den Mann, der auf ihn geschossen habe.«
    » Woher wissen Sie, dass das korrekt war?«
    »Hauptmann Isakow hat es gesagt. Noch ein Schlückchen?«
    »Nur ein Schlückchen. Was haben Sie dem Hauptmann gesagt?«
    Der Wodka bebte am Glasrand. Agronski bat um eine Zigarette und ein Streichholz.
    »Ich habe gesagt, ich könne weder eine Beförderung für ihn noch Orden für eine Todesschwadron befürworten, denn das sei es, was wir am Ende dieses Krieges allesamt sein würden. Keine Soldaten, nur Todesschwadronen.«
    Den Blick auf das Streichholzheftchen aus dem Tahiti gerichtet, fragte Arkadi, ohne genauer zu überlegen: »Kannten Sie zufällig einen der acht Jungen aus Twer, die getötet wurden?«
    »Schütze Wladimir Agronski. Wlad. Neunzehn Jahre alt.« Das Gesicht des Majors sank in sich zusammen.
    »Das tut mir leid«, sagte Arkadi. »Wirklich.«
    »Haben Sie einen Sohn?«
    »Nein.«
    »Dann wissen Sie auch nicht, wie es ist, einen zu verlieren.« Die Worte blieben Agronski in der Kehle stecken, und er spülte sie mit Wodka herunter. Ohne Brot. Er atmete tief. Mit dem Wodka hatte er Arkadi überholt, und allmählich sah er benebelt aus. »Verzeihen Sie, das war unentschuldbar. Wovon haben Sie gesprochen? Was war noch?«
    »Der Kandidat schützt seine offizielle Geschichte, er beseitigt lose Enden und eliminiert jeden, der weiß, was an der

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