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Stalins Geist

Stalins Geist

Titel: Stalins Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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breitete sich aus, als Arkadi und der Große Rudi zum Grabungsfeld zurückkamen. Ein Plakat an einem Pfosten verteilte Gräbertrupps nach Farben auf Sektoren des Feldes, die durch Pflöcke mit Bändern in den entsprechenden Farben voneinander abgegrenzt wurden. Keiner der Sektoren lag in der Nähe der Bäume. Etwas Merkwürdiges war mit diesen Bäumen: Je heller der Tag wurde, desto dunkler und undurchdringlicher wirkten sie.
    Die Roten Ausgräber schienen paramilitärische Organisation und geselliger Club zugleich zu sein. Wenn Arkadi es richtig verstanden hatte, zelteten sie zusammen, wanderten, sangen und exhumierten Tote. Wer konnte gegen dieses Programm etwas einwenden? Es gab separate Tische für das Sortieren der Gebeine und andere für Essen, Wodka und Bier. Überall herrschte die gute Laune eines Vereinstreffens, und für einen unerwarteten Grabungstag im Winter war die Beteiligung beträchtlich. Arkadi erkannte einen der zweitrangigen Kandidaten von der Kundgebung der Russischen Patrioten wieder. Er buddelte wie verrückt.
    » Warten Sie bis morgen. Das wird eine Show werden«, sagte der Kandidat und sprang zur Seite, als Rudi mit einer Schubkarrenladung Knochen vorbeikam, die er vor einer Tafel mit der Aufschrift« Deutsche hier« abkippte.
    Arkadis Handy klingelte. Es rauschte in seinem Ohr, als er sich meldete, aber er rührte sich nicht von der Stelle, damit er die Funkverbindung nicht vollends verlor.
    »Ich bitte um Entschuldigung. Ich kann Sie kaum verstehen. Könnten Sie bitte laut sprechen?«
    »Hier spricht Sarkisian. Wo zum Teufel sind Sie?«
    »Tut mir leid«, sagte Arkadi, »die Verbindung ist grauenhaft.«
    »Was haben Sie getrieben?«
    »Könnten Sie das wiederholen?«
    »Wo wohnen Sie?«
    »Ich kann Sie nicht mehr hören.«
    »Verdammt, Surin hat mir gesagt, dass Sie mit solchen Tricks kommen.«
    »Tut mir leid.« Arkadi drückte auf die Trenntaste.
    Er hatte gerade einen Schritt getan, als das Handy wieder klingelte. Jetzt war der Empfang klar und deutlich.
    Eine bedächtige Stimme sagte: »Hier spricht Agronski. Was immer Sie zu verkaufen haben, ich will es nicht haben, wer immer Sie sind. Es ist mir egal.« Klick.
    Arkadi legte die Schaufel auf den Boden. Die Knochen würden warten.
     
    Der pensionierte Major Gennadi Agronski, ein rundlicher Mann in einem zerfaserten Pullover, betrachtete die Narzissen, die seinen Gemüsegarten säumten.
    »Narrengold. Schön, aber kurzlebig. Dieses trügerische Wetter lockt sie hervor, und der Frost bringt sie um. Aber es ist gut für die Ausgräber, nehme ich an.«
    »Ja, das stimmt. Major, Sie sind schwer zu erreichen.«
    »Ich gehe nicht ans Telefon und nicht an die Tür. Die meisten Leute verstehen den Hinweis. Dann habe ich gesehen, dass Sie auf einem alten Kosaken gekommen sind. Was für eine Bestie! Mir ist das Herz aufgegangen.«
    Ein weißer Lattenzaun war die Grenze seines Reiches - vorn ein adrettes Häuschen, hinten eine Terrasse mit Terrakottafliesen, Reihen von Gemüseschösslingen, ein paar rohe Baumstümpfe, Sägemehl und ein kleiner Kirschbaum mit seidiger Rinde. Der Garten des Nachbarn war ein Müllplatz.
    »Die pflanzen gar nichts, nicht einmal Gurken. Im Sommer habe ich Gurken und Zwiebeln, Tomaten, Koriander, Dill, was Sie wollen. Diese jungen Leute, diese Taugenichtse, beschweren sich darüber, dass es keine Arbeit gibt. Nehmt eine Hacke, und spuckt in die Hände. Zumindest habt ihr was zu essen, sage ich.«
    Arkadi sah einen Pitbull auf der anderen Seite des Zauns.
    Der Hund tat, als schliefe er. »Und was sagen sie dann?«
    »Sie sagen: >Klappe, du alter Sack!< oder >Nimm deine Nase aus unserem Arsch!< Genauso ist es mit dem Dealer auf der anderen Seite. Sie wollen wirklich keinen Wodka? Nur ein Schlückchen?«
    »Nein, danke.«
    »Auch gut. Mein Arzt sagt, wenn ich trinke, kann ich mich auch gleich erschießen. Meine Einstellung? Alles in Maßen, auch das Laster.« Agronski führte Arkadi zu einem Tisch auf der Terrasse. »Setzen Sie sich.«
    »Waren Sie auf der Kundgebung der Russischen Patrioten?«
    » War mir zu weit. Wir sind ja hier fast nicht mehr in der Stadt. Hier kommen Bären an die Mülltonnen.«
    »Ich habe ein Jagdgewehr neben Ihrer Haustür gesehen. Kommen zu der auch die Bären?«
    »Noch nicht.«
    Das Gewehr war ein Baikai Express mit zwei übereinanderliegenden Läufen. Das würde sogar einen Bären einschüchtern, dachte Arkadi.
    »Sie haben Freifahrten zur Kundgebung angeboten.«
    »Ich habe im Fernsehen genug

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