S.T.A.L.K.E.R. 02 - Inferno
dadurch nicht, denn der Kamaz ging genauso rücksichtslos zu Werke.
Mit Riesensätzen jagte er parallel zu ihnen am Hang entlang.
Der Stalker, der auf ihrer Seite des Pritschenaufbaus stand, verlor bei der wilden Hatz den Halt unter den Füßen. Einen Moment lang klammerte er sich noch fest und hing waagerecht in der Luft, wie eine im Wind flatternde Fahne. Dann schlug er mit dem Kopf gegen den Eisenträger, der die Plane trug.
Seine Finger lösten sich. Er glitt die Seitenwand hinab und geriet mit dem Fuß in den sich drehenden Doppelreifen. Binnen einer Sekunde wurde er unter das rollende Fahrzeug gezogen. Ein mahlendes Geräusch, wie von brechenden Knochen, wurde laut, doch der Fahrer ging keine Sekunde vom Gas.
Weder von der Pritsche noch vom Beifahrersitz erklang Protest. Die Stalker vom Todestruck verstanden es, stumm zu sterben.
„Schneller, schneller", forderte Kim aufgeregt. Sie wollte diesen Irren um keinen Preis in die Hände fallen.
Gehorsam erhöhte Radek das Tempo, doch der Kamaz blieb neben ihnen kleben. Gut zwei Minuten lang jagten sie wie die Rivalen eines ungleichen Rennens dahin. Dann fiel Kim auf, dass sich der Schienenstrang auf ihrer rechten Seite langsam annäherte. Neugierig reckte sie den Kopf in die Höhe.
Tatsächlich. Genau, wie sie es sich gedacht hatte. Einen Kilometer vor ihnen kreuzten sich Feldweg und Bahn.
Über ihren Köpfen begann die Luft zu vibrieren. Kurz darauf fiel ein Schatten über den Wagen. Als sie nach oben blickten, sahen sie eine Mi-24 auf Patrouillenflug. Die Besatzung hatte offensichtlich Interesse an dem rasanten Geschehen zu ihren Füßen.
„Wir werden gefilmt!" Radek lachte hysterisch. „Ist ja voll der Hammer!"
Klaus Kinski hätte seine wahre Freude an ihm gehabt, doch Kim wurde nur schlecht bei dem Gedanken, dass ihr Fahrer langsam überschnappte.
„Vorne, an der Kreuzung!", schrie sie ihn an. „Da biegst du in den Schienenstrang ab."
„Was willst du?" Er sah sie mit vorquellenden Augen an, als wäre sie gerade völlig übergeschnappt. „Bist du irre, oder was? Das hält das Chassis keine drei Kilometer aus, falls uns nicht schon vorher die Räder abfallen."
„Ist doch scheißegal!", fuhr sie ihn an. „Hauptsache wir hängen den Laster ab! Der kann uns da nicht folgen. Sieh dir doch die Gegend an!"
Radek erhöhte das Tempo und schaute nach vorne.
Kim hatte recht, das erkannte er schnell. Die Schienen verliefen auf einem aufgeschütteten Wall, der gerade genug Platz für die Limousine bot. Links und rechts der Gleise wurde das Gelände zu hügelig, um es mit einem Fahrzeug zu bewältigen. Selbst Allradantrieb und große Bodenfreiheit halfen hier nicht weiter. Deshalb knickte auch der Feldweg ab und führte in großem Bogen um das unwegsame Terrain herum.
Zum ersten Mal seit dem Kieswerk schöpften alle wieder Mut.
Radek raste so schnell über die Fahrbahn, wie es gerade noch zu verantworten war. Aber die Stalker im Todestruck schienen zu ahnen, dass sie abgehängt werden sollten. Der Kamaz beschleunigte und rückte plötzlich näher.
Zuerst sah es so aus, als beabsichtigte der Koloss sie zu überholen und sich querzustellen, dann schien er sie einfach nur noch stoppen zu wollen. Egal wie.
Noch einhundert Meter bis zur Kreuzung. Ein altes Andreaskreuz, verschmutzt und mit Moos bewachsen, markierte die Stelle.
Kim schloss die Augen und streckte ihre Fühler aus. Natürlich, wenn man eine Anomalie brauchte, war keine da. Weder vor ihnen noch auf der Strecke des Lasters.
Radek trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Er musste unbedingt einen Vorsprung herausfahren, damit er an der Kreuzung abbremsen konnte. Anders war der Wechsel auf die Gleise licht zu schaffen.
Der Laster hielt trotzdem mit. Und begann rücksichtslos auf die Fahrbahn zu drängen. Was er vorhatte, war klar. Er wollte den Lada stoppen, indem er ihn vom Feldweg schob. Ein verdecktes Schlagloch machte den Plan zunichte - auf eine für alle katastrophale Weise. Mit einem harten Schlag sank die Fahrerkabine auf der rechten Seite ab.
Ein kurzes Kreischen von Metall, dann stieg die Front unversehens empor. Unter ihr löste sich der rechte Doppelreifen von der Radaufhängung und schoss wie ein Diskus davon. Krachend hämmerte er in den Kotflügel des Ladas. Das Fahrzeug erzitterte bis in die letzte Schraube. Radek musste vom Gas, wollte er nicht um die eigene Achse drehen.
Der Laster hob inzwischen vollkommen ab. Wie von einer Startrampe abgeschossen, stieg er neben ihnen
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