S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse
Ausführung seiner Befehle nötig gewesen war. Immerhin erfuhren sie auf diese Weise, dass David ins Kraftwerk geschafft werden sollte und nicht nach Prypjat in die Zentrale der Monolith-Fraktion.
„In den Reaktorblock III", präzisierte Igel, „wohin sie auch Kim Raika geschafft haben. Dort sollt ihr die Auserwählten ersetzen, die langsam vergehen. Aber was es damit genau auf sich hat, kann ich dir auch nicht sagen."
Igel trank etwas Wasser aus einer Feldflasche, denn er war sehr durstig geworden. Sie hatten längst späten Nachmittag und mussten sich beeilen, wenn sie Kim noch vor Einbruch der Nacht erreichen wollten.
„Ich wollte mit den Wissenschaftlern in Jantar um zwei Schutzanzüge feilschen", fuhr er fort. „Aber das ist gar nicht mehr nötig. Wir befinden uns hier nahe des Gebietes, das von der Defensivfrequenzanlage bestrahlt wird. Doch Gagarin ist vollkommen ruhig. Die Antennen wurden also heruntergefahren, um abzukühlen. Wenn wir uns beeilen, können wir gefahrlos bis zum AKW vorstoßen. Und ich habe auch schon eine Idee, wie wir uns unterwegs mit allem versorgen, was wir brauchen."
David und dem Major genügten ein paar kurze Blicke der Verständigung, um den Vorschlag anzunehmen. Gagarins Verhalten und Davids telepathisches Talent bewiesen ihnen ausreichend, dass sie Igel inzwischen vertrauen konnten.
Gemeinsam brachen sie auf, diesmal in nördlicher Richtung.
Während des Marsches versuchten sie Igel weitere Informationen zu entlocken, doch je stärker die eigene Persönlichkeit zurückkehrte, desto mehr schien es, als würden seine Erlebnisse unter der Kontrolle des Symbionten hinter dichten Nebelschleiern verschwinden.
Im Gegensatz zu ihm wusste David natürlich etwas mit dem Namen Dobrynin anzufangen. Jeder, der sich für die Theorien um die Noosphäre interessierte, stieß früher oder später auch auf den Namen des legendären Leiters der Abteilung Acht in Akademgorodok, der geheimen Wissenschaftsstadt in Nowosibirsk.
IM KONTROLLRAUM
Aus weiter Ferne war leises Gemurmel zu hören. Vielleicht ein Radio, das alleine vor sich hin dudelte, vielleicht zwei Wissenschaftler, die miteinander diskutierten. Jedenfalls nichts, was sich nach einer akuten Gefährdung anhörte. Trotzdem beschleunigte Kim ihr Tempo.
Das Skalpell fest mit der Rechten umklammernd, schlüpfte sie in den Raum, in dem sie betäubt worden war. Auch hier war alles menschenleer. Weder Dobrynin noch einer seiner Schergen drückte sich hier herum.
Nur eine der drei Deckenlampen brannte, aber das machte nichts. Das bläulich schimmernde Licht der PSI-Anlage, das durch die Trennscheibe fiel, hellte den übrigen Raum genügend auf.
Die junge Frau vermied den Blick auf ihre Mutter, die immer noch in einem der äußeren Tanks ruhte. Der Wunsch, sie sofort zu befreien, wäre sonst übermächtig geworden. Doch zuerst brauchte Kim mehr Informationen. Zuerst musste sie wissen, wie sich ein Auserwählter aus dem Verbund lösen ließ, ohne Schaden zu nehmen. Wie sich der Zusammenbruch des Kollektivs auf den Zustand der Zone auswirkte, und ― am wichtigsten von allem ― wie sie mit ihrer befreiten Mutter ungesehen aus diesem Komplex herauskommen konnte.
Ihr Blick schweifte durch die karge Ausstattung des Raumes, blieb kurz auf dem Spiegel mit den beiden weißen Linien hängen und saugte sich schließlich am gegenüberliegenden Schreibtisch fest.
Dort lagen die Dokumente, die ihr Dobrynin kurz gezeigt hatte.
Sie rüttelte an den Schubladen. Sie waren fest verschlossen. Natürlich. Damit hatte sie gerechnet. Doch es handelte sich nur um eine einfache Sicherung, die vor neugierigen Mitarbeitern schützte. Mit einem ernsthaften Einbruch brauchte hier unten niemand zu rechnen.
Rasch zog Kim die Schreibtischlampe aus der Steckdose und schloss dafür die Knochensäge an. Die Schubladen bestanden aus furniertem Spanholz, das den scharfen Sägezähnen nicht viel entgegenzusetzen hatte. Sie führte drei kurze Schnitte am untersten Schloss aus und setzte dann den Ausschabungslöffel wie eine kurze Brechstange an, um die Schublade aufzuhebeln.
Beim dritten Versuch sprang sie scheppernd auf und gab den Blick auf einen unordentlichen Stapel Schnellhefter frei. Die oberste Mappe kannte sie schon, doch sie zog noch einmal das alte Foto hervor, das Dobrynin und ihre Mutter zeigte.
Ihr Interesse galt diesmal besonders dem ängstlichen Gesicht, das der toten Frau im Labor gehörte. Davids Mutter. Trotz der fülligen Wangen glaubte Kim diesmal
Weitere Kostenlose Bücher