Star Trek – Deep space Nine
sind.«
»Unsere Hand ist von Bajor«, sagte der Prophet, der Vaughns Antlitz trug. »Unsere Hand ist von Idran.«
Seine Worte veranlassten Kira, zur Straße unter ihren Füßen zu blicken. Diese kreuzte in den viele
Kellipates
entfernten Feldern von Berzel zwei weitere Straßen.
»Drei Wege«, sagte Kira. »Drei Personen.«
»Unsere Hand erhebt sich, wo sich die Straßen kreuzen«, erklärte der Opaka-Prophet. »Dorthin führt unsere Botschaft unsere Hand.«
»Ich kann noch immer nicht ganz folgen. Versucht Ihr, die Eav’oq und die Aszendenten zusammenzuführen? Obwohl die Aszendenten die Eav’oq möglicherweise vernichten werden?«
»Alle Wege begegnen einander«, sagte der Vaughn-Prophet.
Der Opaka-Prophet fuhr fort: »Manche überschneiden sich.«
»Andere durchkreuzen einander«, ergänzte der Bareil-Prophet.
»Manche enden«, fügte der Odo-Prophet mit Grabesstimme an.
Die Vision verging, und die formlose weiße Tafel der Ewigkeit kehrte zurück – der Himmlische Tempel.
Es verblüffte Kira, wie unbekümmert die Propheten vom Genozid eines Volkes sprachen, dem sie die Ehre ihrer Führung hatten zuteilwerden lassen. Sie suchte nach Anzeichen von Empathie und Mitgefühl in ihren Mienen, fand zu ihrer Enttäuschung aber nur leere und emotionslose Blicke. Wütend zog sie von einem zum anderen, fuhr jedes geborgte Antlitz einzeln an. »Ist es
das
was Ihr wollt? Zwei Spezies, die Ihr berührt habt, begegnen einander im Krieg, und Ihr lasst das einfach so geschehen? Ist das wirklich Euer Wunsch?«
»Unsere Hand muss selbstbestimmt agieren«, entgegnete der Odo-Prophet.
»In Frieden«, ergänzte der Shakaar-Prophet.
»Und im Krieg«, sagte der Vaughn-Prophet.
»In Freundschaft«, fügte der Opaka-Prophet hinzu.
»Und in Feindschaft«, sprach ein als Gul Macet maskierter Prophet. »Unsere Hand muss die Zukunft formen.«
Silhouetten verschmolzen in der blendenden Leere miteinander und kamen auf Kira und die sie umringenden Propheten zu. Einzelne der durch das elfenbeinfarbene Nichts gleitenden Formen ähnelten den Eav’oq mit ihren vielgliedrigen, röhrenartigen Leibern. Andere, groß und weidengleich, wie in die Länge gezogene Humanoide, wurden nun als Aszendenten erkennbar. Zahllose weitere waren Bajoraner. Manche kannte Kira, andere waren ihr fremd. Sie sah ihren Vater und ihre Mutter, Kampfgefährten aus dem Widerstand, Lebende und Tote. Alle drei Gruppen waren unzählbar groß, Millionen von Gesichtern erstreckten sich bis ins Unendliche.
Die langen, schmalen Augen der Eav’oq strahlten mit einem inneren Licht, friedlich und aufgeschlossen. In den unebenen Augen der Aszendenten brannte ein Feuer, das ein Wesen zerstören, aber auch läutern mochte. Und in den Augen sämtlicher Bajoraner sah Kira Tränen – der Trauer, der Freude, der Pein und der Erleichterung.
»Nicht alle Kinder der Propheten verstanden deren Botschaft auf die gleiche Art«, sagte Sisko, der einmal mehr an Kiras Seite war. »Die Eav’oq nutzten sie als Basis einer Philosophie des Friedens und der Toleranz. Bajor entwickelte eine Religion der Empathie und der Vernunft …«
»Und die Aszendenten«, erkannte Kira mit tiefer, von Herzen kommender Trauer, »verwandelten sie in einen Kreuzzug.«
Ein Ring aus Feuersäulen schoss um Kira und die Propheten herum in die Höhe, verschlang die Eav’oq und die bajoranischen
Boryhas
. Schreie der Pein und des Entsetzens, wie sie sie noch nie zuvor gehört hatte, drangen an Kiras Ohr und zwangen sie in die Knie. Sie hielt sich die Ohren zu, konnte die Schreie aber nicht ausblenden. Schlimmer als das Klagen der Sterbenden in Gallitep, schlimmer als die gequälten Rufe der Verwundeten auf dem Schlachtfeld. Dies war die Totenglocke zweier Völker, zweier Philosophien … zweier Wege.
Als das scheinbar endlose, nervenzerreißende Klagegeheul endlich verhallte, unterbrach nur noch Kiras eigenes Schluchzen die Stille. Sie weinte bittere Tränen untröstlicher Trauer.
»Unsere Hand darf nicht verzagen«, mahnte der Opaka-Prophet. »Die Festung darf nicht fallen.«
Kira hob den Kopf. Das Wissen darüber, was auf dem Spiel stand, ließ sie erzittern.
Parek Tonn erschien aus dem neblig weißen Nichts. Dunkler Felsengrund zeigte sich, und das unbeschriebene Blatt des Himmlischen Tempels zog sich zurück wie eine Ozeanwelle. Kira stand plötzlich vor ihrem eigenen Körper, direkt unterhalb der majestätisch in den Himmel ragenden alten Festung. Ihr zweites Ich lag auf dem harten Boden,
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