Star Trek - New Frontier 04 - Die Waffe
zerschnitten sie in große Stücke, die in den leeren Weltraum davonwirbelten.
Sie wollte gerade starten, als etwas gegen das Shuttle prallte und ins Vakuum gerissen wurde. Dann sah sie es durch die Sichtscheibe und erkannte, dass es die Klappe eines Frachtcontainers war. Daraufhin hörte sie ein weiteres Geräusch, das wesentlich schwächer war, an der Unterseite des Gefährts. Beinahe hätte sie gar nichts davon bemerkt, da die Maschinen und die entweichende Atmosphäre einen ohrenbetäubenden Lärm verursachten. Doch als sie die Containerklappe davonfliegen sah, wusste sie mit erschreckender Klarheit, was als Nächstes kommen würde. Die Außensensoren bestätigten ihren Verdacht.
»Ich glaube es einfach nicht!«
Si Cwan klammerte sich an die rechte Warpgondel des Shuttles. Er hatte nur noch wenige Sekunden zu leben, bevor das Vakuum des Weltalls ihn in den sicheren Tod reißen würde.
X
Der Tentakel (zumindest war das die Form, die das Gebilde in diesem Moment hatte) streckte sich durch den Materie-Antimaterie-Kern immer weiter nach oben. Das Magnetfeld rekonfigurierte sich um den Tentakel, damit die intensive Strahlung und Hitze – die heftig genug war, um ein klaffendes Loch in die Hülle der
Excalibur
zu schlagen – nicht entweichen konnte.
»Du gehst dort entlang, ich hier!«, schrie Christiano. Doch Beth starrte in gelähmtem Entsetzen auf das sich windende Ding. Kein Lehrbuch hatte sie auf diese Situation vorbereitet, in keiner Weltraumabenteuergeschichte war jemals ein lovecraftsches Monstrum erwähnt worden, das im Innern eines Warpkerns hauste. Niemand hatte so etwas jemals gesehen, ein furchterregendes Wesen, das aus glühendem, waberndem Energieplasma bestand und auf grässliche Weise pulsierte. Sie hätte schwören können, dass es ein unnatürliches Geheul ausstieß, das aus den Tiefen jenseits des menschlichen Ursprungs zu stammen schien.
»
Los!
«, schrie Christiano. Er versetzte ihr einen Stoß, und nun gelang es ihr, sich in Bewegung zu setzen. Christiano rannte in die entgegensetzte Richtung. Dann wand sich der Tentakel durch die Abschirmung und wickelte sich um seinen Fuß. Christiano blieb kaum die Zeit für einen Schrei, als er auch schon in die Höhe gerissen wurde. Der Tentakel zog sich zurück, und Christiano näherte sich der magnetischen Abschirmung und damit dem eigentlichen Warpkern. Durch das Kraftfeld konnte Beth erkennen, wie sich das Wesen zornig und verwirrt wand. Es schien sich selbst nicht sicher zu sein, was es von der Tatsache halten sollte, dass es sich in einer Umgebung befand, in der eigentlich gar nichts existieren konnte.
Christiano schrie Beths Namen, und Beth blieb nur die Zeit zu einer spontanen Reaktion. Sie sprang über das Geländer und hielt sich an der untersten Strebe fest, während sie die andere Hand so weit wie möglich ausstreckte. In diesem Moment bewegte sich der Tentakel mit dem entsetzten, sich wehrenden Christiano an ihr vorbei nach unten. Das Eindämmungsfeld wölbte sich unter ihr; es ließ keine Strahlung nach außen dringen, aber es verhinderte nicht, dass etwas von außen eindrang. Kurz vor dem Wirbel des ionisierten Gases packte sie Christianos Handgelenk.
»Lass mich nicht los!«, schrie er. »
Nicht loslassen! Nicht loslassen!
«
Der Tentakel zerrte an seiner Beute, und Beths Hand rutschte ab, bevor sie einen festen Halt am Geländer gefunden hatte. Sie sammelte ihre gesamte Willenskraft und hielt Christianos Hand krampfhaft umklammert, während sie nach unten gerissen wurde und verzweifelt die Füße um die unterste Strebe des Geländers zu schlingen versuchte. Jetzt konnte sie gar nichts mehr ausrichten; sie war nur noch eine Brücke zwischen Christiano und dem Steg an der Wand des Maschinenraums. Sie hatte keinen Ansatzpunkt mehr, um Christiano wieder hinaufziehen zu können.
Doch es spielte ohnehin keine Rolle mehr.
Denn mit einem Ruck wurde Christianos untere Körperhälfte in den Warpkern gezogen. Ironischerweise verhalfen Beths Bemühungen ihm zu einem qualvollen Tod. Wäre er ungehindert hineingefallen, wäre er in Bruchteilen einer Sekunde verdampft. Doch so verglühte seine untere Körperhälfte, während die obere – einschließlich des Mundes, der einen schrillen und grauenerregenden Todesschrei ausstieß – noch bewusst registrieren konnte, was geschah.
Schließlich hing Beth in der Luft. Nur noch ihre Füße hielten sie fest. Sie war benommen, ihr Verstand wollte nicht akzeptieren, was sie soeben miterlebt hatte.
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