Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
hierhergehören. Er will ein Südstaatler sein, aber er ist es nicht.» Ridley blies eine Wolke Zigarrenrauch in den Raum, dann wandte er Starbuck seinen dunklen, sarkastischen Blick zu. «Ich gebe Ihnen jetzt einen guten Rat.»
«Gern.»
«Stimmen Sie ihm immer zu», sagte Ridley außerordentlich ernst. «Die Familie kann sich mit Washington Faulconer streiten, deshalb verbringt er übrigens auch nur wenig Zeit mit ihr, aber Privatsekretären wie Ihnen und mir ist keine abweichende Meinung gestattet. Unsere Aufgabe ist es, ihn zu bewundern. Haben Sie mich verstanden?»
«Er ist ja auch bewundernswert», sagte Starbuck loyal.
«Ich glaube, wir sind alle bewundernswert», sagte Ridley amüsiert, «solange wir nur einen Sockel finden, auf den wir uns stellen können. Washington Faulconers Sockel ist sein Geld, Reverend.»
«Und Ihrer auch?», fragte Starbuck streitlustig.
«Nein, meiner nicht, Reverend. Mein Vater hat das gesamte Familienkapital verloren. Mein Sockel, Reverend, sind Pferde. Ich bin verdammt noch mal der beste Reiter diesseits des Atlantiks. Und eigentlich auch auf der anderen Seite.» Ridley grinste über seinen eigenen Mangel an Bescheidenheit, dann stellte er sein Whiskeyglas ab. «Gehen wir nachsehen, ob diese Bastarde bei Boyle and Gamble die Ferngläser aufgetrieben haben, die man uns letzte Woche versprochen hat.»
Abends verschwand Ridley ins Domizil seines Halbbruders in der Grace Street, und Starbuck ging allein zurück zu Washington Faulconers Haus, durch Gassen, die von ungewöhnlichen Typen aus den tieferen Regionen des Südens nur so wimmelten. Da waren stelzbeinige, hagere Männer aus Alabama, langhaarige, braun gebrannte Reiter aus Texas und bärtige Kriegsfreiwillige in schlichter Kleidung aus hausgewebtem Leinen, und alle waren sie bewaffnet wie die Piraten und bereit, sich jeden Augenblick in einen Wutrausch zu saufen. Huren und Schnapshändler machten ein kleines Vermögen, die Mieten verdoppelten sich einmal und dann ein zweites Mal, und immer noch brachten die Eisenbahnen neue Freiwillige nach Richmond. Und jeder einzelne von ihnen war gekommen, um die neue Konföderation vor den Yankees zu schützen, auch wenn es zunächst so aussah, als wäre die neue Konföderation besser beraten, sich vor ihren eigenen Verteidigern zu schützen. Doch dann wurden die bunt zusammengewürfelten Freiwilligen auf nachdrücklichen Befehl des neu ernannten Militärkommandeurs von Virginia auf den zentralen Messeplatz der Stadt geschickt, wohin auch Kadetten aus der Militärakademie beordert worden waren, um ihnen eine Grundausbildung zu verpassen.
Der neue Kommandeur der Miliz von Virginia, Generalmajor Robert Lee, bestand darauf, Washington Faulconer einen Höflichkeitsbesuch abzustatten. Faulconer hatte den Verdacht, dieser Besuch sei ein Vorwand des neuen Gouverneurs von Virginia, um die Kontrolle über die Legion zu übernehmen, doch trotz seiner Bedenken konnte Faulconer es kaum ablehnen, einen Mann in seinem Haus zu empfangen, der einen ebenso alten und angesehenen Familienstammbaum in Virginia vorzuweisen hatte wie er selbst. Ethan Ridley war am Tag vor Lees Besuch aus Richmond abgereist, sodass Starbuck zu dem Treffen hinzugebeten wurde. «Ich möchte, dass du mitschreibst, was bei dem Gespräch gesagt wird», wies ihn Faulconer ahnungsvoll an. «Letcher ist nicht der Typ Mann, der einem Patrioten erlauben würde, sein eigenes Regiment aufzustellen. Denk an meine Worte, Nate, er schickt Lee, um mir die Legion wegzunehmen.»
Starbuck saß an der Wand des Herrenzimmers, ein aufgeschlagenes Notizbuch auf den Knien, doch bei dem Treffen wurde nichts von größerer Bedeutung besprochen. Lee, ein Mann mittleren Alters in Zivilkleidung, der in Begleitung eines jungen, uniformierten Captains der Staatsmiliz gekommen war, tauschte zunächst Höflichkeiten mit Faulconer aus und erklärte dann förmlich und beinahe entschuldigend, Gouverneur Letcher habe ihm den Oberbefehl über das Militär übertragen und seine erste Aufgabe sei es, Truppen dafür zu rekrutieren, auszurüsten und auszubilden, und in diesem Zusammenhang habe er gehört, dass Mister Faulconer in Faulconer County ein Regiment aufstelle.
«Eine Legion», stellte Faulconer richtig.
«Ah ja, tatsächlich, eine Legion.» Lee wirkte ziemlich verblüfft.
«Und nicht ein einziges Gewehr, nicht eine Kanone, nicht ein Kavalleriesattel, nicht ein Knopfhaken oder Kochgeschirr, kein einziges Stück Ausrüstung, Lee, wird den Staat etwas
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