Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
hinaufgeritten, aber ich weiß nicht, ob das stimmt.»
«Ich bin sicher, dass es stimmt.»
«Ich aber nicht.» Sie hakte sich wieder bei Starbuck ein und ging weiter. «Vielleicht sollten Sie Truslow aufsuchen, Mister Starbuck.»
«Ich?», fragte Starbuck entsetzt.
Mit plötzlicher Lebhaftigkeit sagte Anna: «Betrachten Sie es als ritterliche Herausforderung. So als ob alle jungen Recken meines Vaters in die Berge reiten müssten, um das Ungeheuer herauszufordern, und derjenige, dem es gelingt, es mit zurückzubringen, hat sich als der tapferste, edelste und mutigste Ritter von allen bewiesen. Was halten Sie von dieser Vorstellung, Mister Starbuck? Würde es Ihnen gefallen, zu solch einem Abenteuer auszuziehen?»
«Ich finde, das klingt äußerst schreckenerregend.»
«Vater würde es sehr schätzen, wenn Sie es tun, da bin ich ganz sicher», sagte Anna, doch als Starbuck nichts darauf erwiderte, seufzte sie bloß und zog ihn neben das Haus. «Ich möchte Ihnen meine drei Hunde zeigen. Sie müssen sagen, dass es die hübschesten Welpen auf der ganzen Welt sind, und danach holen wir meinen Korb mit den Malsachen und gehen zum Fluss. Dort können Sie dann Ihren schäbigen Hut an die Weiden hängen. Obwohl ich fürchte, dass wir am Fluss gar keine Weiden haben, jedenfalls glaube ich das. Ich kenne mich mit Bäumen nicht sehr gut aus.»
Doch es sollte keine Besichtigung der drei Welpen geben und auch keine Porträt-Expedition, denn mit einem Mal wurde die Haustür von Seven Springs geöffnet und Colonel Faulconer trat ins Sonnenlicht.
Anna schnappte vor Bewunderung nach Luft. Ihr Vater trug eine der drei neuen Uniformen und sah schlicht großartig aus. Er wirkte in der Tat, als sei er nur geboren worden, um diese Uniform zu tragen und freie Männer über grüne Felder zum Sieg zu führen. Sein grauer Gehrock war üppig mit goldenen und gelben Litzen besetzt, die in Schlingen gelegt waren, um an den unteren Rändern des Rocks einen breiten Rand zu bilden, während auf die Ärmel von den breiten Umschlägen bis hinauf zu den Ellbogen kompliziert verschlungene Borten genäht worden waren. Ein Paar gelbe Ziegenlederhandschuhe steckten hinter dem glänzenden schwarzen Gürtel, unter dem eine mit Quasten geschmückte rote Lederschärpe leuchtete. Seine Stulpenstiefel waren blitzblank, die Säbelscheide war spiegelnd poliert, und die gelbe Feder auf seinem Dreispitz regte sich im warmen Wind. Washington Faulconer war offensichtlich von seiner eigenen Erscheinung überaus begeistert und stellte sich vor eines der hohen Fenster, um seine Spiegelung zu begutachten. «Nun, Anna?», fragte er.
«Du siehst wundervoll aus, Vater!», sagte Anna mit aller Begeisterung, deren Starbuck sie für fähig hielt. Zwei schwarze Bedienstete waren aus dem Haus gekommen und nickten zustimmend.
«Ich habe schon gestern mit den Uniformen gerechnet», sagte Faulconer halb fragend, halb vorwurfsvoll zu Starbuck.
«Shaffer’s war einen Tag zu spät, Sir», die Lüge kam ihm glatt über die Lippen, «aber sie haben sich sehr dafür entschuldigt.»
«Ich vergebe ihnen angesichts ihrer exzellenten Schneiderkunst.» Washington Faulconer konnte kaum die Augen von seinem Bild im Fensterglas abwenden. Die graue Uniform war mit goldenen Sporen, vergoldeten Sporenketten und goldenen Halterungen für die Säbelscheide versehen. Ein Revolver steckte in einer weichen Ledertasche, der Griff der Waffe war durch eine weitere goldene Kette mit dem Gürtel verbunden. Weiße und gelbe Borten schmückten die Säume der Reithosen, während die Epauletten der Jacke gelb gepolstert und mit goldfarbenen Troddeln besetzt waren. Faulconer zog den Säbel mit dem Elfenbeinheft und zerriss die Morgenstille durch das scharfe Geräusch, mit dem der Stahl aus der Säbelscheide fuhr. Die Sonne blitzte auf der gebogenen und blankpolierten Klinge. «Ein französischer Säbel», erklärte er Starbuck, «ein Geschenk Lafayettes an meinen Großvater. Nun wird diese Waffe in einen weiteren Kreuzzug für die Freiheit ziehen.»
«Das ist wirklich höchst beeindruckend, Sir», sagte Starbuck.
«Solange noch ein Mensch eine Uniform anlegen muss, um zu kämpfen, sind diese Lumpen ebenso gut wie alle anderen», sagte der Colonel mit gespielter Bescheidenheit, dann hieb er mit dem Säbel durch die leere Luft. «Bist du erschöpft nach dem Ritt, Nate?»
«Nein, Sir.»
«Dann lass meine Tochter, und wir suchen dir etwas zu tun.»
Doch Anna wollte Starbuck nicht gehen lassen.
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