Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
es niemals sprechen dürfen, denn er war es nicht würdig, so zu beten.
«Und ich habe dir nicht gedankt, dass du keinem etwas über meine Sally erzählt hast. Wie sie geheiratet hat, meine ich, und warum.» Truslow schnitt einen Streifen Kautabak von dem Riegel, den er in einer Gürteltasche aufbewahrte, und schob ihn in den Mund. Er und Starbuck ritten allein, in ein paar Schritt Entfernung von den Männern vor und hinter ihnen. «Man hofft immer, dass man stolz auf seine Kinder sein kann», fuhr Truslow leise fort, «aber ich schätze, Sally taugt nichts. Aber jetzt ist sie verheiratet, und damit haben diese Geschichten ein Ende.»
Wirklich?, fragte sich Starbuck, hütete sich aber, es laut auszusprechen. Die Heirat war ja auch für Sallys Mutter nicht das Ende gewesen. Sie war mit dem kleinen, grimmigen Truslow durchgebrannt. Starbuck versuchte, sich Sallys Bild vor Augen zu rufen, aber es gelang ihm nicht. Er erinnerte sich einfach nur daran, dass sie sehr schön war und dass er ihr Hilfe versprochen hatte, falls sie ihn je um Unterstützung bitten sollte. Was würde er tun, wenn sie wirklich kam? Würde er mit ihr weglaufen, wie mit Dominique? Würde er es wagen, ihrem Vater die Stirn zu bieten? Wenn Starbuck nachts nicht schlafen konnte, dachte er sich Phantasiegeschichten mit Sally Truslow aus. Er wusste, dass diese Träumereien ebenso dumm wie unnütz waren, aber er war eben ein junger Mann, und er wollte sich so gern verlieben, und deshalb gab er sich dummen und unnützen Träumen hin.
«Ich bin ehrlich froh, dass du nichts über Sally gesagt hast.» Truslow schien eine Reaktion zu erwarten, vielleicht eine Bestätigung, dass Starbuck über die Heirat tatsächlich geschwiegen hatte, statt sich über das Pech dieser Familie lustig zu machen.
«Es ist mir nie in den Sinn gekommen, es jemandem zu erzählen», sagte Starbuck. «Es geht keinen anderen etwas an.» Es war angenehm, wieder so rechtschaffen zu klingen, auch wenn Starbuck den Verdacht hegte, dass sein Schweigen über diese Heirat mehr durch eine instinktive Angst vor Truslows Feindschaft hervorgerufen worden war als aus dem edlen Prinzip der Zurückhaltung.
«Und was denkst du über Sally?», fragte Truslow allen Ernstes.
«Sie ist ein sehr schönes Mädchen.» Starbuck antwortete mit der gleichen Ernsthaftigkeit, als hätte er sich nicht vorgestellt, mit ihr weit weg in den Westen zu reiten oder ostwärts nach Europa zu segeln, wo er sie in seinen Tagträumen mit seiner Erfahrenheit in Palasthotels und prächtigen Ballsälen beeindruckte.
Truslow quittierte Starbucks Kompliment mit einem Nicken. «Sie sieht aus wie ihre Mutter. Der junge Decker kann von Glück reden, schätze ich, aber vielleicht auch nicht. Hübsch zu sein ist für Frauen nicht immer ein Geschenk, vor allem nicht wenn sie einen Spiegel haben. Emily, die hat gar nicht darüber nachgedacht, aber Sally …» Er klang traurig, dann ritt er lange schweigend weiter, wobei er offenkundig über seine Familie nachdachte. Starbuck, der einen privaten Moment mit dieser Familie geteilt hatte, war dadurch unbeabsichtigt zum Vertrauten Truslows geworden, der nach seinem Schweigen den Kopf schüttelte, einen Strahl Tabaksaft ausspuckte und sein Verdikt verkündete. «Manche Männer sind nicht für ein Familienleben gemacht, aber der junge Decker ist es. Er wollte zu seinem Cousin in die Legion, aber er ist nicht der kämpferische Typ. Nicht wie du.»
«Ich?», fragte Starbuck überrascht.
«Du bist ein Kämpfer, Junge, das kann ich beurteilen. Du wirst dir nicht in die Hosen machen, wenn du den Elefanten siehst.»
«Den Elefanten?», erkundigte sich Starbuck belustigt.
Truslow zog ein Gesicht, als sei er es müde, im Alleingang Starbucks mangelhafte Bildung aufbessern zu müssen, doch dann ließ er sich dennoch zu einer Erklärung herab. «Wenn man auf dem Land aufwächst, hört man ständig Geschichten über den Zirkus. Von den unglaublichen Sachen dort. Von der Monstrositätenschau und den Tiernummern und von dem Elefanten, und alle Kinder fragen, was ein Elefant ist, und man kann es nicht erklären, also nimmt man die Kinder eines Tages mit in den Zirkus, damit sie es selbst sehen. So ist es mit der ersten Schlacht, die ein Mann zu bestehen hat. Als sähe man den Elefanten. Ein paar Männer machen sich ins Hemd, ein paar hauen ab, und ein paar verjagen den Feind. Du wirst es schaffen, aber Faulconer nicht.» Truslow hob verächtlich das Kinn in Richtung des Colonels, der allein an
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