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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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vernünftiges Wort wirkt doch immer wahre Wunder.»
    «Du bist ein richtig schlauer Hund, was?»
    «Ja, Sergeant, das bin ich. Und jetzt vorwärts!», rief Starbuck der Kompanie zu, und sie marschierten grinsend weiter, während Truslow Ives’ Munition verteilte. Die Zahl der Nachzügler reduzierte sich auf eine Handvoll, und diese Handvoll bestand offenkundig aus Männern, die ernsthaft verwundet waren. Starbuck befahl seinen Männern, ihre Waffen und Patronen einzusammeln, aber abgesehen davon ließ er sie in Ruhe. Weitere Simulanten gab es nicht.
    Am frühen Nachmittag stapfte die Legion an dem vorbei, was einst die größte Räucherfabrik in der Konföderation gewesen war, nun aber nur noch ein Inferno aus gelben und blauen Flammen. Fett zischte und knisterte und floss in Schmelzströmen zwischen den Hütten hindurch, in denen die Sklavenarbeiter der Fabrik wohnten. Die Schwarzen beobachteten den Vorbeimarsch der Soldaten und verrieten ihre Gefühle mit keiner Miene. Bald, das wussten sie, würden die Nordstaatler kommen, aber sie wagten nicht, bei dieser Aussicht Freude zu zeigen. Kinder hingen an den Schürzen ihrer Mütter, und die Männer blickten aus den Schatten der Hütten auf die Soldaten, während hinter ihnen das brennende Fleisch röstete und briet und einen durchdringenden Geruch nach Rindfleisch und Schinken weit über die regennasse Landschaft ziehen ließ.
    Der Geruch nach Schinken begleitete die Legion bis in den Nachmittag, als die Kavallerie-Nachhut schließlich zu der Infanterie auf dem Rückzug aufschloss. Die Reiter stiegen ab und führten ihre erschöpften, mit weißen Schweißflocken bedeckten Pferde an den Zügeln weiter. Einige der Kavalleristen hatten keinen Sattel und benutzten stattdessen schwere Decken, andere wiederum behalfen sich mit geknoteten Stricken als Zaumzeug. Die Männer behielten bei ihrem Zug nach Süden die Straßenränder im Blick, hielten Ausschau nach etwas Nützlichem unter all den Ausrüstungsgegenständen, die von den Infanteriebataillonen vor ihnen weggeworfen worden waren. Mäntel, Zelte, Decken und Waffen lagen neben der Straße. Die Männer hatten sie aus den aufgegebenen Lagern bei Manassas mitgenommen, doch inzwischen waren sie ihnen zu schwer, und sie hatten die Sachen einfach fortgeworfen. Die Hunde der Legion fraßen sich mit Nahrungsmitteln voll, die aus den brennenden Depots entwendet worden waren, mit der größer werdenden Müdigkeit der Männer nun aber zurückgelassen wurden. «Das alles hier fühlt sich mehr nach einer Niederlage an», sagte Starbuck murrend zu Thaddeus Bird.
    «Ich glaube, in den Strategiebüchern heißt so etwas taktischer Rückzug», sagte Bird genüsslich. Er schwelgte geradezu in diesem Tag. Der Anblick so vieler brennender Güter war ein Beweis für die wesenhafte Idiotie der Menschheit, ganz besonders jenes Teils, der die Regierungsverantwortung trug, und Bird erfreute sich jedes Mal an solchen Beweisen allgemeiner Dummheit. Tatsächlich war sein Vergnügen so groß, dass es ihm zuweilen Schuldgefühle bereitete. «Sie haben gewiss niemals Schuldgefühle, Starbuck, nehme ich an?»
    «Ich?» Starbuck fuhr auf. «Ich habe ständig Schuldgefühle.»
    «Weil Sie den Krieg genießen?»
    «Weil ich ein Sünder bin.»
    «Ha!» Dieses Eingeständnis gefiel Bird. «Spielen Sie auf die Frau dieses Schmieds in Manassas an? Was sind Sie bloß für ein Narr! Sie haben Schuldgefühle, weil Sie das getan haben, was die Natur verlangt? Hat ein Baum Schuldgefühle, weil er wächst? Oder ein Vogel, weil er fliegt? Ihre Schwäche ist nicht, dass Sie Sünden begehen, Starbuck, sondern Ihre Angst vor der Einsamkeit.»
    Das kam der Wahrheit nahe, so nahe, dass Starbuck lieber überhaupt nichts zu dieser Bemerkung sagte. «Und Ihr Gewissen regt sich niemals?», fragte er Bird stattdessen.
    «Ich habe einfach nie zugelassen, dass mein Gewissen von dem Geblöke der Geistlichen verwirrt wird», sagte Bird. «Dazu habe ich noch nie lange genug zugehört, verstehen Sie? Gütiger Gott, Starbuck, wenn es nicht zu diesem Krieg gekommen wäre, könnten Sie inzwischen ein ordinierter Gottesmann sein! Sie würden Leute verheiraten, statt sie umzubringen!» Bird lachte, und sein Kopf ruckte dabei vor und zurück, dann aber wandte er den Blick unvermittelt um, weil hinter der Legion ein Gewehrschuss ertönt war. Eine Kugel jagte durch den Wald, und die abgesessenen Rebellenkavalleristen drehten sich sofort nach der Bedrohung um. In der Ferne war ein Trupp

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