Starbuck. Der Verräter (German Edition)
stand an seiner Tür und beobachtete die marschierenden Soldaten. «Ich befürchte immer noch, dass Faulconer wieder bei uns auftaucht», sagte Bird, «große Töne spuckt und den Erhabenen spielt. An jedem Tag, an dem er nicht kommt oder, Gott steh uns bei, das Kommando über eine Brigade erhält, frage ich mich, ob bei unserem Oberkommando vielleicht doch ein gewisses Maß an Vernunft vorhanden ist.»
«Aber nicht bei unseren Zeitungen», stellte Starbuck fest.
«Erinnern Sie mich bitte nicht daran.» Bird erschauerte bei dem Gedanken an den Leitartikel des Richmonder
Examiners
, der zu Faulconers Beförderung aufgerufen hatte. Bird fragte sich, wie die Zeitungsschreiber alles derart falsch verstehen konnten, dann dachte er darüber nach, wie viele seiner eigenen Vorurteile und Vorstellungen von ähnlich verfehltem Journalismus geprägt worden waren. Doch wenigstens schien niemand in Richmond den Leitartikel weiter beachtet zu haben. «Ich habe nachgedacht», sagte Bird und schwieg dann plötzlich.
«Und?», forderte Starbuck den Major zum Weitersprechen auf.
«Ich habe mich gefragt, warum wir uns Legion Faulconer nennen», sagte Bird. «Immerhin stehen wir nicht mehr im Sold ihrer Lordschaft. Wir werden vom Commonwealth of Virginia bezahlt, und ich finde, wir sollten uns einen neuen Namen geben.»
«Das 45 th? Das 60 th? Das 121 st?», schlug Starbuck missmutig vor. Die Staatsregimenter erhielten Nummern, die der Dauer ihrer Zugehörigkeit folgten, und irgendwie war es nicht dasselbe, das 50 th Virginia oder das 101 th Virginia zu sein, wie der Legion anzugehören.
«Die Virginia Scharfschützen», schlug Bird stolz vor.
Starbuck dachte über den Namen nach, und je länger er darüber nachdachte, desto besser gefiel er ihm. «Und was ist mit den Flaggen?», fragte er. «Möchten Sie, dass die Virginia Scharfschützen unter dem Wappen der Faulconers in die Schlacht ziehen?»
«Es wäre eine neue Flagge nötig, denke ich», sagte Bird. «Etwas Verwegenes, Blutiges und Entschlossenes. Vielleicht mit dem Wappenspruch des Staates?
Sic semper tyrannis
!», deklamierte Bird theatralisch, dann lachte er. Starbuck lachte auch. Das Motto bedeutete, dass jeder, der versuchte, den Commonwealth of Virginia zu unterdrücken, die gleiche schmähliche Niederlage erleiden würde wie der englische König George III . im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, doch die Drohung konnte sich ebenso gut auf den Colonel beziehen, der seine eigene Legion alleingelassen hatte, als sie bei Manassas gegen den Feind marschiert war. «Die Idee gefällt mir», sagte Starbuck. «Sogar sehr.»
Als die Kompanie einen leichten Anstieg der Straße genommen hatte, sahen die Männer etwa eine halbe Meile voraus Rauch von einem Feldlager auf einem Bergrücken aufsteigen. Regen und Wolken verdeckten die untergehende Sonne und sorgten für eine frühe Dämmerung, in der die Lagerfeuer auf dem Bergrücken besonders hell zu leuchten schienen. Auf dem Hügelkamm würde die Nachhut der Division die Nacht verbringen, geschützt von einem Fluss und zwei Batterien Artillerie, deren Silhouetten sich schwarz vor dem Himmel abzeichneten. Der größte Teil der Legion hatte das Lager schon erreicht, weit vor Starbucks Kompanie, die von ihrer Auseinandersetzung mit den Nachzüglern und dem Zusammentreffen mit der Yankee-Kavallerie aufgehalten worden war. «Die Annehmlichkeiten des trauten Heims kommen in Sicht», sagte Bird freudig.
«Gott sei Dank», sagte Starbuck. Der Riemen seines Gewehrs scheuerte durch die tropfnasse Uniform, in seinen Stiefeln schmatzte die Feuchtigkeit, und die Aussicht darauf, sich an einem Feuer ausruhen zu können, war wie ein Vorgeschmack aufs Paradies.
«Ist das Murphy?» Bird blinzelte durch den Regen zu einem Reiter, der den Hügel herunter zur Straße galoppierte. «Er sucht nach mir, wage ich zu behaupten», sagte Bird und winkte, um die Aufmerksamkeit des Iren auf sich zu lenken. Murphy, ein guter Reiter, trieb sein Pferd durch eine seichte Furt, galoppierte zur Kompanie K und ließ sein Pferd in einem Wirbel aus Hufen und spritzendem Schlamm wenden, um neben Bird zum Stehen zu kommen. «Oben im Lager wartet ein Mann auf Sie, Pecker. Er hat es ziemlich eilig damit, dass Sie bei ihm erscheinen.»
«Bedeutet sein Rang, dass ich seine Bitte ernst nehmen muss?»
«Ich schätze schon, Pecker.» Murphy zügelte sein aufgeregtes Pferd. Schlamm spritzte von den Hufen des Tieres auf Birds Hosen. «Sein Name ist Swynyard. Colonel
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