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Stardoc 01 - Die Seuche

Stardoc 01 - Die Seuche

Titel: Stardoc 01 - Die Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.L. Viehl
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leistungsstarke Sternenantrieb der Sunlace erwachte polternd zum Leben, und für einen Moment glaubte ich, einen Einschlag auf der äußeren Hülle jenseits der Krankenstation zu spüren. Was war …
    Die Realität kippte.
    Farben und Formen verbanden sich zu einem verwirrenden Schleier. Mein Körper wurde von dem wirbelnden Gemisch eingesaugt, gefaltet und verdreht. Ich versuchte mich dem Effekt hinzugeben. Irgendwas stimmte nicht, dachte ich.
    Ich wurde auseinander gerissen, mein Fleisch gestreckt, meine Nerven schrien. Tonetka hatte nichts von Schmerz gesagt. Ich wurde ohnmächtig, für eine Ewigkeit, wie mir schien.
    Dann riss sich die Realität wieder zusammen. Tonetka sprach mit mir, sagte wieder und wieder meinen Namen.
    »Wie lange hat das gedauert?«, fragte ich, als mich Tonetka von meinem Geschirr befreite. Ich sank in ihre Arme, und sie sagte etwas, das mein Vocollier nicht übersetzte. Jorenianer fluchten nicht oft, aber wenn, dann gab es dafür keine Entsprechung in anderen Sprachen.
    »Halt dich an mir fest.« Sie hob mich wie ein Kind auf die Arme. »Schau mich an, Cherijo. Halt die Augen offen. Gut.«
    Tonetka legte mich auf einen Untersuchungstisch. Ich bemerkte den Scanner kaum, den sie über mich führte. Entfernt hörte ich sie einige Befehle rufen. Irgendjemand musste verletzt sein. So klang sie nur, wenn …
    Ein gewaltiges Gewicht krachte auf meinen Brustkorb. Ich war gelähmt, bekam keine Luft. Meine Augen fühlten sich an, als wollten sie mir aus dem Schädel springen. In meinen Ohren summten Millionen Bienen. Ich öffnete den Mund, um zu schreien, aber ich hatte nicht genug Luft dafür. Gar keine Luft. Dann hörte mein Herz auf zu schlagen.
    »Bei der Mutter«, sagte Tonetka. »Sie ist …«
    Ich wurde erneut ohnmächtig. Der Schmerz wurde schwächer. Ein Jahrhundert später öffnete ich die Augen und sah ein merkwürdiges Durcheinander von Bildern vor mir. Große, weiße Augen. Scannergitter. Blaue Hände. Lampen.
    Eine Druckspritze wurde an meine Kehle gesetzt. Muss was Ernstes sein, dachte ich. Mein Geist wunde träge, stand unter Drogen. Direkt in die Halsarterie … injiziert … warum? Ich kämpfe gegen die Benommenheit an, wollte den Kopf klar bekommen. Entdeckte den Schmerz, der dahinter auf mich wartete.
    Die Gravitation packte mich und presste mir die Luft aus den Lungen. Nicht noch einmal, wollte ich wimmern, aber ich bekam nicht genug Luft. Mein Herz hämmerte gegen den steinernen Brustkasten. Stimmen um mich herum plapperten wild und unzusammenhängend.
    »Die Nervenzellen feuern …«
    »… toxisches Niveau …«
    »Holt den, der …«
    »… ie, ihr Herz steht …«
    Mein Herz hörte wieder auf zu schlagen. Ich würde sterben, und ich war bereit dazu. Der Schmerz war so groß, so unerträglich, dass ich nicht mehr am Leben festhalten konnte. Es war Zeit, die Sterne zu umarmen. Das war eine schöne Vorstellung. Würde Kao dort wirklich auf mich warten?
    Jenseits des Schmerzes kämpfte jemand darum, meine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Ich entdeckte ein glitzerndes Licht, und da ich dachte, es wäre Kao, versuchte ich durch den Schmerz zu ihm zu gelangen.
    Komm zu mir.
    Diese Stimme war warm und freundlich. Sie wollte zu mir, und ich wollte ganz sicher zu ihr. Jetzt betrachtete ich die verschiedenen Schichten des Schmerzes fast klinisch. So eine hohe, drohende Wand der Qual. Für solche Sachen hatte ich keine Zeit mehr. Ein unbekannter Teil meines Geistes sagte mir, dass ich mich zwischen den Schmerzen hindurchwinden konnte, und ich fand den Weg leicht.
    Das Licht wurde blendend hell, und ich wurde von einer Gelassenheit erfasst, wie ich sie nicht mehr gespürt hatte, seit ich mit Kao Liebe gemacht hatte. Nur er konnte mich gerettet, mir diese gesegnete Erleichterung verschafft haben. Ich bin hier. Hier drüben.
    Cherijo, endlich.
    Der Schmerz lag hinter mir, oder? Warum spürte ich ihn dann jetzt. Langsam erkannte ich das Licht, die Stimme, den, der nach mir gerufen hatte. Ich hatte mich geirrt, das war nicht Kao. Kao war tot.
    Es war Reever.
    Die ganze Angelegenheit war wirklich absurd, auf eine makabere Art und Weise. Auf der einen Seite der unerträgliche Schmerz, unendliches Leiden und Tod. Auf der anderen Reever, der sich mit meinem Geist verbunden hatte und mich in diese unangenehme, aber notwendige Erlösung lockte.
    Habe zu lange gekämpft. Meine Gedanken waren glanzlos, lächerlich. Kann nicht entscheiden, was schlimmer ist.
    Komm zu mir, Cherijo , forderte Reever grob.

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