Stardoc 01 - Die Seuche
veranlasste mich aufzuschauen. Sein Gesichtsausdruck war seltsam unbewegt.
»Natürlich nicht.« Warum verhielt er sich so? Ich wusste, dass die Jorenianer es nicht mochten, wenn jemand ihre Verwandten verletzte, aber ich war nicht mal Teil seiner Familie. »Er hat mich nicht angefasst, Kao. Und auch wenn er es getan hätte, wäre ich mit ihm klargekommen.«
Er ignorierte das. »Hat er dich bedroht?«
Offensichtlich hatte ich mich doch für diesen grimmigen Schutz qualifiziert. »Nein.« Sosehr ich Kyles Vater auch verabscheute, ich wollte nicht, dass er in kleinen Stücken über die ganze Kolonie verteilt wurde. »Er hat mir nichts angetan. Hör auf damit.«
»Ich kenne diesen Mann«, sagte Kao und sah immer noch aus wie ein Krieger kurz vor einem Rachefeldzug. »Er hat ein loses Mundwerk.«
»Er hat sich nur wie ein Terraner benommen.« Was, wie ich traurig dachte, mittlerweile zum Synonym für »bigotter Idiot« wurde.
Der Jorenianer entspannte sich. »Es gibt viele Unterschiede zwischen unseren Völkern«, sagte er und streichelte mit der Hand über meine Wange. »Tut es dir Leid, dass du mit mir zusammen bist?«
»Nein.« Bis zu diesem Moment hatte ich mir über gewisse Punkte unserer Beziehung keine weiteren Gedanken gemacht. Aber dennoch schämte ich mich nicht dafür, mit ihm zusammen zu sein. »Es interessiert mich nicht, was andere über uns sagen.«
»Ich kann niemals terranisch sein, Heilerin.«
Wir gehörten zwei verschiedenen Spezies an. Na und? »Ich werde niemals jorenianisch sein.« Ich zuckte mit den Schultern. »Springfield ist ein Idiot, Terra wird ihn willkommen heißen.«
»Verrate mir, was dein Herz sagt.«
Ich schaute in sein starkes, schönes Gesicht. Wie könnte ich Worte dafür finden, was ich empfand? Wenn ich mit Kao zusammen war, verblasste jeder andere Aspekt meines Lebens. Ich war bis über beide Ohren in einen blauhäutigen Fremdweltler verliebt und wusste nicht mal, wie das passiert war. Mir wurde nur gerade bewusst, dass es so war.
Es gab Probleme, erinnerte ich mich. »Sag mir, wie oft haben wir uns in den letzten zwei Wochen gesehen?«
»Lass mich nachdenken«, sagte er und gab vor, es nicht zu wissen. Dabei hatte Jorenianer ein fantastisches Gedächtnis. »Viermal?«
»Fünfmal, und das weißt du genau. Zweimal musste ich dich wegen eines Notfalls in der Klinik stehen lassen.«
»Ich erwarte nicht, dass du das Heilen für mich aufgibst«, sagte er. »Wenn ich mich recht entsinne, musste ich deiner Nähe einmal entfliehen, weil es eine unerwartete Änderung des Flugplanes gab.«
»Es wird immer wieder Notfälle geben«, sagte ich.
»Wir haben beide Berufe, die viel unserer Zeit beanspruchen.«
Aufgrund seiner offenen, selbstbewussten Art rutschte mir heraus: »Du willst mehr als nur meine Zeit, Kao Torin.«
Ein blauer Finger fuhr an der Linie zwischen meinen Augenbrauen entlang.
»Ja, das will ich.«
»Okay.« Ich atmete tief ein. »Ich will es auch.«
»Bist du dir sicher?«
»Nicht wirklich.« Sein scharfsinniger Blick zwang mich zu einer Grimasse. »Was, wenn wir es nicht ausfüllen können … wenn ich nicht …« Ich machte eine frustrierte Geste. »Ich weiß nicht, wie man es in deiner Kultur nennt. In meiner heißt das eine Beziehung. Was, wenn wir sie nicht meistern? Was, wenn meine Arbeit mehr Zeit fordert, als dir recht ist? Was, wenn …«
» Was, wenn scheint die meisten deiner Sorgen einzuleiten«, sagte Kao. »Ich kann mit ähnlichen Sorgen aufwarten. Was, wenn ich auf Dauer einer Intersektor-Fluglinie zugewiesen werde? Was, wenn ich hydrotyrannialer Strahlung ausgesetzt weide und eine unansehnliche, gelbgrüne Färbung annehme?«
Ich stieß einen angeekelten Laut aus und wandte meinen Blick wieder empor zu der mit Juwelen gesprenkelte Dunkelheit.
»Vergib mir.« Kao drückte mich sanft an seinen kräftigen Körper. Trotz meiner Verärgerung reagierte ich auf die Nähe. Er war groß, warm und lebendig. Seine Hände streichelten sanft über meine Schultern. Ich fühlte mich geborgen, geschätzt.
Mir trat Schweiß auf die Stirn.
»Auf meiner Welt lernen wir eine Philosophie als Kind: Der Weg kann sich schnell ändern. Lebe im Jetzt. «
Kaos Hand fuhr am zerzausten Strang meines Zopfes hinab.
»Es gibt keine Sicherheiten im Leben, Cherijo. Nicht einmal, wenn man Erwählt hat – wenn du eine Beziehung mit einem anderen Terraner hättest.«
Ein anderer Terraner. Wer? Duncan Reever? Tja, das war mal eine entfernte Unmöglichkeit. »Also
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