Stark gegen Stress
und in der Vergangenheit voraussetzen – plus deren richtige Interpretation. Das ist schlicht nicht zu haben, die Zusammenhänge sind zu komplex.
TIPP Halten Sie sich immer wieder vor Augen, dass das Leben keiner mathematischen Formel folgt, die eine mehr oder weniger simple Berechnung erlauben und ein eindeutiges Resultat ergeben würde. Das wirkt dem Entscheidungsstress entgegen.
Kann man sich also ebenso gut zurücklehnen, den Gang der Welt sich selbst überlassen, ad hoc mal dies, mal jenes tun? Wenn Sie es aushalten, sich mehr oder weniger ziellos treiben zu lassen, und wenn Sie mit Menschen zusammenleben, denen das ebenfalls nichts ausmacht, ist das durchaus eine Möglichkeit. Auch sich bewusst nicht zu entscheiden ist eine Entscheidung! Und sie sieht ja auf den ersten Blick auch sehr stressfrei aus. Doch Sie erinnern sich vielleicht, dass es für beste Leistungen und Zufriedenheit ein gesundes Mittelmass an Herausforderungen braucht (siehe Seite 35) und dass fatalistische Kontrollüberzeugungen (Seiten 95) nicht günstig sind. Sich einfach treiben zu lassen, ein Spielball der Laune des Schicksals, kann psychisch ungesund sein. Es hilft also, sich gewissen Herausforderungen zu stellen und Ziele anzustreben. Nur schon um des guten Gefühls wegen, es wenigstens versucht zu haben.
Vielleicht besteht ein gangbarer Weg im Stress um die richtigen Entscheidungen darin, auf die grossen und kleinen Fragen des Lebens unter Berücksichtigung all der Unbekannten eine Art Risikomanagement anzuwenden. Sich nicht so sehr darauf zu konzentrieren, den absolut «richtigen» Entscheid zu treffen, als vielmehr darauf, die komplett falschen Entscheide zu vermeiden. Es ist mit Sicherheit weniger stressig, wennwir uns damit abfinden, dass unsere Entscheide lediglich «eher richtig» als «sicher richtig» sein könnten – auf jeden Fall aber «nicht komplett falsch».
TIPP Und wenn etwas schiefläuft? Dann hilft die Frage: «Wer weiss, wozu es gut ist?» Menschen haben die Gabe, im Nachhinein fast allen Geschehnissen einen Sinn zu verleihen. Das ist eine taugliche Stressbewältigungsstrategie, wenn eine Situation weder kontrollierbar ist noch sich von selbst zum Guten wenden wird; ein kognitiver Überlebenstrick, den Sie sich so oft wie nötig zunutze machen sollten.
Verantwortung übernehmen
Inmitten all der Optionen, die sich täglich auftun, gilt es, ehrlich zu unterscheiden zwischen dem, was wir durch unseren Beitrag und durch unser Handeln allenfalls erreichen können, und dem, was sich nicht beeinflussen lässt. Allzu oft schiebt man Ausgänge – vor allem negative oder unbequeme – auf das Schicksal ab, ortet die Verantwortung bei anderen und sieht sich als Opfer des Weltgeschehens. Es hat auch mit Ihren Werten zu tun, wo, wann und in Bezug auf wen Sie Entscheidungen treffen und inwiefern Sie bereit sind, dafür Verantwortung zu übernehmen und nachher noch dazu zu stehen.
Zum Überlegen: Meine Entscheide und Werte
Wenn Sie auf das, was Sie bisher im Leben erreicht haben, zurückblicken:
▪ Welches waren/sind wichtige Meilensteine? Für welche haben Sie sich bewusst entschieden? Spielten Ihre Werte dabei eine Rolle, oder war es reiner Opportunismus?
▪ Wie leicht bzw. wie schwer fällt es Ihnen, zu Ihren Entscheidungen zu stehen, Ihre Werte zu verteidigen? In welchen Situationen mussten Sie dies tun, und was war das für ein Gefühl? Wovon hängt es ab, ob es Ihnen schwer- oder leichtfällt?
▪ Wer beeinflusst Sie und Ihre Entscheidungen? Wer lässt Ihre eigenen Werte in den Hintergrund treten? Wie fühlen Sie sich dabei?
Werte als Orientierungshilfe
Loyalität, Verbindlichkeit, Verlässlichkeit: Im Alltag ist es nicht immer einfach, diese Werte hochzuhalten. In diesem Kapitel geht es um die Fragen, ob Ihnen dies auch bei Interessenkonflikten gelingt und weshalb ein Verstoss gegen eigene Werte Stress auslöst.
Verbindlichkeit ist das Schmiermittel, das persönliche und berufliche Beziehungen am Laufen hält, Verlässlichkeit der Kitt, der ihnen Dauerhaftigkeit verleiht. Als Menschen möchten wir immer auch Teil eines grossen Ganzen sein; dazugehören, eingebunden sein. Das bringt Verpflichtungen mit sich, denn damit eine Beziehung gedeiht, braucht es Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und Engagement (Commitment, mehr dazu siehe Seite 231). Diese Anforderungen kollidieren unter Umständen mehr oder weniger stark mit dem Ziel der Selbstverwirklichung – und mit der Idee, dass man das, was einem auf dem
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