Starke Frau, was nun?
zum Mikro vor. »Lisa ist gerade out of order. Bis sie zu sich gekommen ist, spielen wir ein bisschen was › Spinner ‹ von Revolverheld.« Als er sie nicht unbedingt begeistert mustert, kippt sie ihren Champagner hinunter.
Während der Song läuft, fixiert er sie unverwandt, und Lisa denkt nicht daran, auch nur zu blinzeln. Kaum hört Berlin wieder mit, geht’s weiter im Text.
»Wann merkt ihr endlich, wie DUMM ihr euch aufführt? Warum stehen eure Mütter und Großmütter nicht auf, um euch in diesem Wahnsinn zu stoppen! Ich begreife das nicht!« Er rauft sich das Haar, spielt den ernsthaft Entrüsteten, und das nicht schlecht, so viel muss sie ihm lassen.
»Ihr stellt euch hin, macht die Männer zu euren Feinden, statt zu euren Partnern, nehmt ihnen das, was sie ausmacht – ihre Männlichkeit –, verbannt sie so weit hinter den Herd, wie ihr es seit Jahren nicht mehr gewesen seid, und wundert euch, wenn plötzlich keine Männer mehr vorhanden sind! Verdammt noch mal! Junge, hübsche, begehrenswerte Frauen werden gegen uns aufgebracht, bis sie schreiend davonrennen und alles tun, um nicht mehr hübsch und begehrenswert zu sein. Nur weil hin und wieder jemand ihren Weg kreuzt, dem noch nicht erfolgreich alles Testosteron aus dem Körper gesaugt wurde!«
Unvermittelt lehnt er sich vor; seine Lippen berühren fast das Mikro. »Ja, sorry, Girls, ich bin einer von denen, die nicht auf Knien die Straße entlangrutschen, wenn sie der holden Weiblichkeit begegnen. Aber ich mag Frauen und ich respektiere, bewundere sie sogar. Ich will, dass sie Frauen sind, so wie ich zeit meines Lebens ein Mann sein werde. Ich will sie ansehen und mich freuen, wenn sie im Sommer hübsche kurze Röcke tragen, weil Männer das nun einmal gern tun! Aber diese verbitterten alten Schachteln, die so hinüber sind, dass sich niemals ein Mann für sie interessieren wird, der diese Bezeichnung verdient, können mir gestohlen bleiben! Und warum sind sie so? Weil sie sich in jungen Jahren jede Chance nahmen, sich zu verlieben. Auch wenn sie dabei Gefahr liefen, vielleicht mal zu unterliegen, möglicherweise sogar unter einer unglücklichen Liebe oder dem falschen Partner zu leiden, weil sie einen beschissenen Fehler begingen. So, wie es nun mal zum Leben dazugehört und wie es uns Männern auch geschieht. Immer wieder!«
Ihre Miene signalisiert eisige Kälte. »Du machst dich soeben hochgradig lächerlich!«
»Wenn du meinst.« Sie ohne Unterlass anschauend macht er seine Ansage. »A Song, wie er passender nicht sein könnte. › Fix you ‹ von The Offspring.«
Es geht nicht anders, Lisa schnaubt los, als sie seinen bedeutungsvollen Ausdruck sieht.
Seine Augen werden schmal; er trinkt seinen Champagner – die nächste Flasche ist bereits offen –, und ganz nebenbei füllt er ihre Gläser nach. Kaum ist der Titel beendet, geht es weiter. Neben seinem offensichtlichen Irrsinn hört der Idiot sich ja auch zu gern selbst reden. Das hätte sie doch fast vergessen.
»Ich habe endlich erkannt, dass du bereits eine dieser vertrockneten Schachteln bist, und dass es absolut nichts bringt, mit dir über dieses Thema zu debattieren. Du willst die Meinung anderer nicht hören. Egal, was ich sage, du wirst es ohnehin als Angriff auf deine Persönlichkeit werten. Warum dann die Mühe?« Es kommt leicht resigniert.
»Feuerst du mich endlich?« Eine gewisse Aufregung kann sie nicht aus der Stimme halten.
Rebekka steht inzwischen hinter der Scheibe und ist leichenblass. Hektisch winkt sie, hüpft auf und ab; Lisa glaubt, sie brüllt sogar. Na ja, das ist Blödsinn; dieser Raum ist absolut schalldicht.
»Baby, warum sollte ich dich entlassen?«, haucht Chris. »Damit würde ich mir doch den ganzen Spaß verderben. Leute, seid ihr am Feiern? Ich beneide euch, ganz ehrlich. Hier, der ultimative Titel: › The show must go on ‹ von Queen. In Gedenken an Freddie: ein Mann, der noch zu leben wusste.«
Lisa füllt währenddessen mal die Gläser nach. Als sie aufschaut, fällt ihr Blick zufällig auf Rebekka, die ihre lautlose Kreischerei immer noch nicht aufgegeben hat. Einer plötzlichen Eingebung zufolge zeigt sie ihr den Stinkefinger. »Verzieh dich, Tussi!«
Das hat gesessen! Rebekka wird rot und ist offensichtlich tödlich beleidigt.
Der Ami wendet sich nicht mal zu seinem Bunny number one um, obwohl ihm Lisas neuester Stilbruch nicht entgangen ist.
»Ach, sieh an, das ist erlaubt, ja? Wahrscheinlich, weil es nur eine dumme Frau ist. Die darf
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