Starke Frau, was nun?
scheint fast so, als hätten die Leute nur auf so etwas gewartet.
In einer Musikpause wird Lisa mal wieder entnervt fixiert. »Das hast du ja großartig gemanagt!«
Sie hebt die Schultern. »Du kannst mir ja gern einen Strick daraus drehen, aber ich wette, dass sich die Anzahl unserer Fans verdoppelt hat!«
»Yeah!«, knurrt er. »Nur, dass ich jetzt Che bin und du mein Rebellen-Bunny! Wenn wir den Touch der politischen Sendung nicht augenblicklich loswerden, dann haben wir unseren Auftrag gründlich versaut! Ich will Unterhaltung produzieren und kein politisches Forum abhalten!«
»Klar, wäre ja auch zu anstrengend, oder? Farbe bekennen? Aber ich schätze, dazu müsstest du überhaupt erst mal eine Meinung entwickeln, und deine Fähigkeit dazu halte ich für ein Gerücht! Was interessiert es dich, dass die Welt vor die Hunde geht, du willst doch nur Spaß!« Unschuldig mustert Lisa ihn.
Chris lehnt sich zurück und betrachtet sie ausgiebig. » So siehst du mich?«
»So präsentierst du dich!«
»Du verwechselst hier einige Dinge – das ist das dein Hauptproblem; es führt dazu, dass du nicht gleichbleibend gute Arbeit leistest und immer wieder mit derartigen Schwierigkeiten zu kämpfen hast.«
»Watt?«
Das ignoriert er. »That ...« Damit deutet er auf das Mischpult, die Computer und die Mikrofone, »... is your job. Hier geht es nicht um deine privaten Ressentiments oder was du bevorzugst, ablehnst, vielleicht sogar hasst. Dir gelingt keine professionelle Arbeit, weil du hinter dem Mikro privat bist. Gut, ein Vorteil, es gibt nur eine Lisa Radtke. Nachteil, du bist nie objektiv, und wenn man mit dir zusammenarbeiten muss, hat man des Öfteren den Eindruck, es mit einem unmündigen, trotzigen Kleinkind zu tun zu haben.« Er knurrt nicht oder wirkt vielleicht sauer – der Knaller hat diesen widerlichen geschäftsmäßigen Ton aufgelegt, den Lisa ja mehr hasst als alles andere.
Sie lehnt sich so unvermittelt vor, dass sie sich die Tischkante in ihren Brustkorb rammt. »Du sprichst wirr! Dir ist schon aufgefallen, dass du mit meinen politischen Ansichten diese Scheißsendung aufziehst? Ohne wäre das nie möglich gewesen!«
Trocken lacht er auf, hebt einen Finger und fährt das Mikro hoch. Ja, nicht die Mikros, nein, das – seines! Lisa hat Sprechverbot – wohl zu unprofessionell oder so.
»Es ist halb drei, die Dämmerung setzt an, nur noch wenige Tage bis Juni. Entspannen wir, relaxen ein bisschen nach der aufregenden Nacht mit Adele: ›Someone like you‹. «
Kaum läuft der Titel an, geht es weiter. »Ich war so fucking dämlich, deinen Blödsinn vor dem Mikro als deine Art, dich zu verkaufen, anzusehen. Mein Fehler! Deshalb kam mir überhaupt der Gedanke: die überdrehte, zickige Ökotussi und ein echter Macho – herrlich! Leider ging mir dann auf, dass du das nicht etwa spielst, sondern dass dies wirklich dein Wesen ist!« Wieder lacht er, diesmal klingt es fassungslos.
»Ich will nicht behaupten, dass dies nicht zu unserem Erfolg beigetragen hat. Die Leute haben das gespürt, deshalb sprachen und sprechen sie auch so massiv auf die Geschichte an. Möglicherweise hätten sie jeden Fake irgendwann durchschaut. Wie wirkt man dem entgegen? FUCK! Indem es keiner ist ! Du gibst ihnen das Feeling, nah bei ihnen zu sein, als würden sie dich kennen, und soweit sehe ich auch no problems. Doch unterm Strich bleibt, dass du ein selbstgerechtes, egoistisches, von sich eingenommenes Wesen bist, das sich einen feuchten crap um andere schert. Egal, in welche Richtung. Ich brauchte eine Weile, aber inzwischen habe ich es begriffen ...«
»Hast du ...«
»Shut up. I`m not done here!«, knurrt er. Und Lisa rammt sich ein weiteres Mal die Tischkante in den Magen. »Du kannst doch nicht erwarten, dass ich mir diesen Scheiß kommentarlos reinziehe!«, zischt sie. »Was denkst du dir eigentlich ...«
»Shut the fuck up!«, grollt er und seine Augen blitzen schon wieder so komisch. »Meinetwegen kannst du danach herumzetern, wie du willst. Es ist an der Zeit, dir das zu sagen, sonst checkst du es nämlich nie!«
Lisa hätte gern geantwortet, doch ihr fehlt vorübergehend die erforderliche Luft und das nutzt der Idiot gnadenlos aus.
»Du missbrauchst die Menschen, tarnst das Ganze unter deiner Öko-Masche, deinem angeblichen Pazifismus, deinen Weltverbesserungsplänen. Doch in Wahrheit folgst du nur dem derzeit gängigen Lifestyle. Es ist chic, eine Emanze zu sein, sich vegetarisch zu ernähren,
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